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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben
Autoren: Robin Norwood
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gespielt; heute versuchen Sie, die Liebe eines anderen zuzulassen. Die alte Rolle zu spielen kann großen Spaß machen, vor allem, wenn das Publikum mitgeht. Die Liebe eines anderen zuzulassen ist viel schwieriger; denn Ihre Bereitschaft dazu muss aus Ihrer Liebe zu sich selbst erwachsen. Wenn Sie sich selbst genug lieben, werden Sie leichter akzeptieren können, dass Sie die Liebe dieses anderen auch verdienen. Wenn Sie nur wenig Liebe für sich selbst aufbringen, fällt es Ihnen auch schwerer, Liebe von außen eindringen zu lassen. Sie haben einen langen Weg zurückgelegt und dabei allmählich gelernt, sich selbst zu lieben. Nun sind Sie beim nächsten Schritt angelangt: genug Vertrauen zu haben, um sich von diesem Mann lieben zu lassen.»
    Ann denkt darüber nach. «All die Leidenschaft, in die ich mich gestürzt habe, hatte immer auch etwas Berechnendes. So sehe ich es heute. Ich habe mich nie richtig fallenlassen, obwohl ich das Theaterspielen sehr erregend fand. Ich muss aufhören, mich zu bemühen, und anfangen, einfach ich selbst zu sein. Komisch, dass es mir so viel schwerer fällt, geliebt zu werden …» Ann schaut mich nachdenklich an. «Ich weiß, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe, um es zu lernen. Manchmal betrachte ich Hal und frage mich, warum er von mir so hingerissen ist. Ich weiß überhaupt nicht, ob ich irgendetwas Besonderes an mir habe, wenn ich keine Show abziehe.» Ann reißt die Augen weit auf. «Deswegen habe ich also solche Schwierigkeiten! Weil ich nicht mehr Theater spielen muss. Weil ich nicht mehr versuchen muss, etwas Besonderes zu tun oder etwas Besonderes zu sein. Ich hatte Angst, mich Hal körperlich zu nähern, weil ich einfach nicht wusste, wie ich es anstellen sollte. Ich glaubte, ohne meine verführerische Masche hätte ich nichts oder nicht genug zu bieten und würde ihn nur langweilen. Aber ich konnte nicht länger die große Verführerin spielen, weil wir ja schon so lange gute Freunde waren und es daher völlig unpassend gewesen wäre, wenn ich plötzlich heftig geatmet und mich ihm in die Arme geworfen hätte. Außerdem war es gar nicht nötig. Er hatte sowieso großes Interesse an mir.
    Mit allem anderen, was wir zusammen erleben, ist es ähnlich. Ich hätte nie gedacht, dass Liebe so einfach sein kann. Ich brauche nur ich selbst zu sein, das genügt.» Ann hält inne und sieht mich verlegen an. «Werden Sie eigentlich häufiger mit diesem Problem konfrontiert?»
    «Bei weitem nicht so häufig, wie ich es mir wünschen würde», antworte ich. «Das Problem, mit dem Sie im Moment zu kämpfen haben, betrifft Frauen, die zu sehr geliebt haben und jetzt aktiv an ihrer Genesung arbeiten … aber die meisten dieser Frauen kommen nicht so weit. Sie verbrauchen ihre Zeit, ihre Energie, ihr Leben damit, Sexualität als Hilfsmittel einzusetzen, um einen Partner, der sie nicht lieben kann, in einen Partner zu verwandeln, der sie liebt. Das gelingt zwar nie, aber es bietet Sicherheit: Solange sie in diesen Kampf verwickelt sind, brauchen sie sich nicht mit Nähe zu befassen, nicht zuzulassen, dass jemand anders sie erkennt – im eigentlichen Sinne. Denn davor haben die meisten Angst. Während ihre Einsamkeit sie in Beziehungen treibt, bewirkt diese Angst, dass sie sich Partner suchen, denen sie nie wirklich nahe kommen können.»
    Ann fragt: «Hat Hal das auch getan? Hat er in mir die Frau gefunden, der er nicht nahe kommen kann?»
    «Möglicherweise», antworte ich.
    «Also habe ich die Seiten gewechselt: Jetzt bin ich diejenige, die keine Nähe zulässt.»
    «Das geschieht häufig. Wir haben nämlich die Fähigkeit, beide Rollen zu spielen. Es gibt den Jäger – das sind Sie früher gewesen – und den Flüchtenden – diese Rolle hatten Ihre damaligen Partner. Nun sind Sie bis zu einem gewissen Grad die Flüchtende, die Partnerin, die vor Nähe flieht, und Hal jagt Ihnen hinterher. Wenn Sie nicht weiterlaufen, sondern stehen bleiben würden, was hätte das zur Folge? Bei all den möglichen Veränderungen ändert sich eines fast nie: Die Lücke zwischen Ihnen und dem anderen bleibt. Vielleicht tauschen Sie die Rollen, aber die Lücke bleibt bestehen.»
    «Es ist also egal, wer wegrennt und wer hinterherläuft – keiner von beiden muss mit wirklicher Nähe fertigwerden», sagt Ann. Sie fügt vorsichtig hinzu: «Im Grunde geht es gar nicht um Sex, hab ich nicht recht? Die Nähe – das ist das eigentlich Beängstigende. Aber ich glaube, dass ich wirklich
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