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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert
Autoren: Zoe Beck
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sein, hatte sie sich gedacht, doch jetzt, heute, war sie sich nicht mehr sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen war.
    »Ich dachte, er zeigt sich selbst an«, sagte sie zu Cedric.
    »Er wird keine Chance mehr haben, wenn Brady aus dem Koma aufwacht.«
    Sie sah Cedric überrascht an, und Cedric erzählte ihr, was er von Isobel Hepburn erfahren hatte: Brady war in Dundee von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden. Er war – laut eines Zeugen – volltrunken auf eine viel befahrene Straße gestolpert, direkt vor ein Auto, doch der Fahrer hatte Fahrerflucht begangen. Kurz vor seinem Unfall hätte Brady Cunninghams Namen gerufen.
    Mina war ehrlich erschüttert. »James hat ihn überfahren?«
    Cedric zuckte die Schultern. »Es sieht nicht wirklich danach aus, sagt Isobel. An Cunninghams Wagen gibt es keine Unfallspuren. Aber Brady hat sicher mit ihm eine Rechnung offen. Dass Brady auf Art Fishers Gehaltsliste stand, ist mittlerweile bekannt, und er wird sicherlich so viele Leute wie möglich mit sich in den Abgrund ziehen.«
    Mina schwieg einen Moment, dann fragte sie: »Was ist mit Pepa?«
    »Ich habe mit Isobels Hilfe versucht, sie zu finden. Nichts.«
    »Aber Anna …«, begann Mina.
    »Anna war auf alles vorbereitet. Steuerprüfung, Polizei, niemand wird etwas bei ihr finden.«
    Mina nickte langsam. »Isobel wird weiter nach Pepa suchen, nicht wahr?«
    Cedric sah sie an. »Natürlich«, log er und wusste im selben Moment, dass auch Mina es wusste: Die Kapazitäten reichten nicht aus, um noch länger nach einem illegal eingereisten Mädchen zu suchen.
    Sie standen beide auf der Promenade von Kirkcaldy, hinter sich die Scherbenhaufen ihrer Vergangenheit. Cedric fühlte sich zu jung, um schon so viel Vergangenheit zu haben. Er versuchte, sich klarzumachen, dass es nicht die eigene gelebte Vergangenheit war, die sich auftürmte und in der Abendsonne trügerisch glitzerte, wie es gebrochenes Glas nun einmal tat. Es fiel ihm schwer, aber er versuchte es.
    »Ist das die Stelle?«, fragte Mina und sah auf das Wasser. Am Horizont die Nordsee, zur Rechten Edinburgh auf der anderen Seite des Firth of Forth.
    »Das ist die Stelle, heißt es.« Cedric folgte ihrem Blick und spürte die Magie des weiten Meeres, spürte sie so unmittelbar, dass er glaubte, sich festhalten zu müssen, und als hätte sie seine Gedanken erraten, legte Mina den Arm um ihn. Er ließ die Nähe zu und dachte, wie er es seit einigen Wochen mühsam lernte, nicht mehr an seine Internatszeit zu denken und an früher und daran, was ihm so viele Jahre Angst gemacht hatte.
    »Das ist die Stelle«, wiederholte er, während die Sonne hinter Kirkcaldy verschwand und er ihre beiden langen Schatten vor sich sehen konnte, so lang, dass sie fast die Wellen berührten.

    14.

    Die Suche nach Mina hatte Stunden gedauert. Erst um acht Uhr morgens fand er die Falltür. Da hatte die Polizei das ganze Haus schon mehrfach abgesucht. Sie hatten ihn immer wieder gefragt, was zwischen Art Fisher und ihm vorgefallen war, warum Art Fisher verschwunden war, wie er Art Fisher überhaupt ausfindig gemacht hatte. Es hatte ewig gedauert, ihnen alles zu erklären, und obwohl Isobel versucht hatte, die Lücken zu füllen, war sich Cedric sicher, dass noch lange nicht alle Fragen beantwortet waren. Die Befragungen aber hatten sich längst nicht so endlos lange angefühlt wie seine Suche nach Mina, von der er wusste, dass sie in diesem Haus sein musste, von der es aber nicht die geringste Spur gab.
    Bis ihm die Regulierungsschalter für die Klimaanlage aufgefallen waren. In dem Haus gab es keine Klimaanlage. So kam er auf die Idee, nach einem Keller zu suchen. Als er um das Haus herumging und eine gut versteckte Lüftung entdeckte, wusste er, dass er Recht hatte, und die folgenden Stunden verbrachte er damit, unter den spöttischen Bemerkungen der Edinburgher Kriminalbeamten jeden Inch des Bodens zu inspizieren, um den Kellerzugang zu finden. Zum ersten Mal kam ihm sein zwanghafter Drang nach Symmetrie zu Hilfe: Er sah sofort, dass mit dem Parkettboden etwas nicht stimmte, nachdem er die Teppiche von den Polizisten hatte wegräumen lassen. Trotz aller Sorge um Mina hatte Cedric sich nicht dazu überwinden können, die Teppiche selbst anzufassen. Er hatte die Polizisten darum gebeten. Sie hatten sich zwar beschwert, sie seien nicht seine Hausangestellten, aber sie hatten es schließlich getan.
    Er sah die Einlassung im Boden, die geschickt in die Fugen des Parketts
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