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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)
Autoren: Luanne Rice
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dämmerte es ihm: O’Casey hatte ihn zwar nicht gerade verteidigt, aber den gleichen Standpunkt vertreten wie er und sich dafür ausgesprochen, das Wrack des U-Boots an Ort und Stelle zu belassen. Sie kämpften gewissermaßen auf der gleichen Seite.
    Seltsam, dachte Shane. Sehr seltsam.
    Dann ließ er sich von den Polizisten zum Streifenwagen führen – demjenigen, der nicht von Mickeys Freundin besetzt war –, ließ zu, dass sie beim Einsteigen schützend die Hand über seinen Hinterkopf hielten, als wäre ihnen daran gelegen, dass er sich nicht am Autodach anstieß, ließ sich hineinschieben und zum Revier fahren.

2
    N eve Halloran war ziemlich sicher, dass der zehnte Kreis der Hölle das Familiengericht war. Das imposante Steingebäude mit den massiven Granitsäulen, den Marmorböden, den einzelnen Gerichtssälen mit ihren Stuhlreihen aus dunklem Holz und den Vorsitzenden in ihren schwarzen Roben, die auf ihrer erhöhten Richterbank thronten, auf die hoffnungsvollen Scharen der hiesigen Sterblichen herabblickten und mit einem einzigen Hammerschlag über das Schicksal entschieden.
    Das Problem war, dass diese schicksalsträchtigen Entscheidungen nicht nur die Erwachsenen betrafen, die sich scheiden ließen, sondern auch die Kinder, die aus der Ehe hervorgegangen waren. Jedes Mal, wenn Neve durch die schwere Tür des Gerichtsgebäudes trat, stellte sie sich vor, wie sie Mickey an der Hand hielt – nicht, dass Mickey das jemals zugelassen hätte! Doch das Bild leitete sie, bewahrte sie davor, das Handtuch zu werfen, noch bevor der Kampf begonnen hatte, bestärkte sie darin, sich auf das Unumgängliche zu konzentrieren.
    Sie hatte ein starkes Team, das sie unterstützte: ihre Freundin Christine Brody und ihre Anwältin Nicola Cerruti. Die beiden hatten sie schon unzählige Male hierher begleitet, und nun war es wieder einmal so weit, obwohl die Scheidung schon seit zwei Jahren rechtskräftig war. Heute fand eine Anhörung statt, weil Richard den Unterhaltszahlungen für seine Tochter nicht nachkam. Was er sich dabei gedacht haben mochte, war ihr ein absolutes Rätsel, ebenso unerklärlich wie die Tatsache, dass sie ihn früher mit Leib und Seele geliebt hatte.
    Sie trug ein blaues Kostüm, eine weiße Bluse und bequeme schwarze Pumps. Das kastanienbraune Haar fiel ihr auf die Schultern; die Augen hinter der metallumrandeten Brille waren von einem sanften Blau. Die goldene Halskette hatte ihrem Großvater früher als Uhrkette gedient. Dazu trug sie den Ring mit ihrem Geburtsstein, einem Saphir, den sie von ihren Eltern zum dreizehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte: Talismane, die in ihrer Familie von einer Generation zur nächsten weitergegeben wurden und Glück und Segen bringen sollten.
    »Wieso tue ich mir das überhaupt an?«, sagte sie zu ihrer Anwältin, als sie im Korridor vor dem Gerichtssaal standen und darauf warteten, aufgerufen zu werden. »Ich brauche weder Richard noch sein Geld. Ich arbeite und kann Mickey alleine über die Runden bringen.«
    »Du bist hier, weil dein Ex gegen eine richterliche Anordnung verstößt«, erinnerte Nicola sie.
    »Wir sind hier, um dem Gesetz Genüge zu tun«, fügte Chris hinzu. »Das Gericht hat verfügt, dass er Kindesunterhalt zahlen muss, und er zahlt nicht. Kinder kosten Geld. So einfach ist das.«
    In diesem Moment öffnete sich die Tür des Fahrstuhls und Richards Anwalt Jim Swenson trat heraus. Neve war, als schwanke der Boden unter ihren Füßen. Sie spürte einen eiskalten Hauch von Nervosität und erwartete, Richard unmittelbar hinter ihm auftauchen zu sehen. Würden sie wenigstens ein Wort miteinander wechseln? Würde er ihr erklären, was in ihn gefahren war? Würde er seine Freundin mitbringen? Würde sie es schaffen, sich zusammenzureißen und nicht auf ihn loszugehen?
    Doch die Fahrstuhltüren schlossen sich hinter seinem Anwalt – kein Richard in Sicht. Swenson war groß und hager, hatte noch die gleiche Statur wie im College, als Richard und er Basketball spielten und gegeneinander antraten. Er warf einen raschen Blick in Neves Richtung, bevor er sich abrupt abwandte. Kein Lächeln, kein Nicken, nicht das geringste Zeichen des Erkennens.
    »O Mann«, sagte Nicola.
    »Was ist los?«, fragte Neve.
    »Ich wittere Morgenluft …«
    Nicola eilte durch den Korridor, der sich inzwischen mit weiteren Anwälten und ihren Mandanten füllte. Neve sah, wie sie zu Swenson hinüberging und war dankbar für ihr sachliches Auftreten, ohne die kollegial
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