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Wenn die Psyche streikt - seelische Gesundheit

Wenn die Psyche streikt - seelische Gesundheit

Titel: Wenn die Psyche streikt - seelische Gesundheit
Autoren: Brockhaus Hrsg
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psychische Störungen genauso wie organische Erkrankungen diagnostiziert und behandelt werden. Dieser Ansatz geht von einer klaren Abgrenzung zwischen normalen und anomalen psychischen Zuständen aus. Dieses Modell wird allerdings von einigen Psychologen und Psychologinnen in Frage gestellt. Ihrer Ansicht nach ist das Diagnostizieren und Kategorisieren von Menschen unzulässig (da Betroffene mit derselben Diagnose ganz verschiedene Symptome aufweisen können) bzw. nicht von Nutzen (da es nicht dazu beiträgt, die psychischen Störungen zu bewältigen). Menschen, bei denen eine psychische Diagnose gestellt wird (z.B. »generalisierte Angststörung«) beginnen unter Umständen, sich als krank zu betrachten. Dies kann ihnen das Gefühl vermitteln, keinen Einfluss auf die Situation zu haben und es ihnen erschweren, Lösungen für ihr Problem zu finden.
    Einige Psychologen und Psychologinnen sehen psychische Störungen als eine Art Erfahrungskontinuum. Sie gehen davon aus, dass sich die meisten Menschen gelegentlich deprimiert fühlen oder ein ungewöhnliches Verhalten zeigen, was vollkommen normal ist. Bei diesem Ansatz gibt es keine eindeutige Abgrenzung zwischen normalem und anomalem Verhalten; psychische Störungen treten in verschiedenen Abstufungen anstatt in absoluten Kategorien auf.
    Die meisten praktizierenden Psychotherapeuten gehen davon aus, dass es zwar ein Kontinuum psychischer Gesundheit gibt, gleichzeitig aber auch Ausprägungen psychischer Störungen, die durchaus sinnvoll mit einer Diagnose benannt werden können.
    DIE DEFINITION GEISTIGER GESUNDHEIT UND KRANKHEIT
    In unserer heutigen Zeit finden verschiedene Definitionen geistiger Gesundheit Anwendung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert geistige Gesundheit als »einen Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein die Abwesenheit von Krankheit«. Geistige Gesundheit beinhaltet darüber hinaus die Fähigkeit, »rational« und logisch denken sowie angemessen mit den Schwierigkeiten des Lebens wie Stress, traumatischen Erlebnissen, Konflikten, Veränderungen und Verlusten fertig werden zu können.
    Die Frage zu beantworten, was geistige Gesundheit und geistige Krankheit ausmacht, bleibt nach wie vor schwierig, da es sich um einen äußerst subjektiven Bereich handelt. Was einige Menschen als Schwäche oder exzentrisches Benehmen auslegen, wird von anderen als krankhaftes, anomales Verhalten betrachtet. Die Frage, was unter »anomal« zu verstehen ist, wird auch kulturbedingt unterschiedlich beantwortet. Einige Gesellschaften kennen bestimmte psychische Probleme, deren Existenz in anderen Kulturen nicht bekannt ist. So gibt es z.B. in Malaysia, Laos und den Philippinen ein Krankheitsbild mit der Bezeichnung Amok. Die Betroffenen – ausschließlich Männer – zeigen ein mürrisches Verhalten, das von Gewalttätigkeit, Verfolgungswahn, Amnesie und Erschöpfung gefolgt wird. In Japan leiden einige Menschen an einer als taijin kyofusho bezeichneten Störung, die mit einer intensiven Angst der Betroffenen verbunden ist, ihr Körper könnte anderen nicht gefallen oder andere sogar abstoßen.
    Darüber hinaus sehen zahlreiche Psychologen und Psychiaterinnen geistige Gesundheit und psychische Erkankungen mittlerweile nicht mehr als klar abgegrenzte Zustände, sondern als zwei Enden eines Kontinuums. Am einen Ende befände sich z.B. jemand in der akuten Phase einer schweren psychotischen Störung, der den Bezug zur Realität fast völlig verloren hat und unter Symptomen wie Paranoia, Wahnvorstellungen und Halluzinationen leidet. Für eine solche Person ist es kaum möglich, ihren Alltag normal zu bewältigen. Am anderen Ende des Kontinuums stünde beispielsweise eine Person, die bis zu einem gewissen Grad in einer Fantasiewelt lebt – weil sie z.B. die meiste Zeit mit Computerspielen verbringt – die jedoch als psychisch »normal« eingestuft wird, weil sie ihre sozialen Beziehungen aufrechterhält und ihr Alltagsleben relativ reibungslos bewältigt.
    Ein weiteres Problem hinsichtlich der Definition psychischer Störungen besteht darin, dass Theorien und Ansichten zur geistigen Gesundheit einem ständigen Wandel unterliegen. So wurde etwa bis vor einigen Jahren Homosexualität als psychische Störung angesehen und in den gängigen Diagnosehandbüchern entsprechend behandelt. Diese Diagnose ist inzwischen weggefallen, da Homosexualität nicht mehr als Krankheit gesehen wird. Andere Diagnosen, die früher nicht
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