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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte
Autoren: Otto Basil
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Tod erzählen.
    „… Die Japse sollen versucht haben, von einigen Küstenpunkten aus [fragender Blick auf den deutschen Geologen, der die betreffenden Stellen auf der Karte zeigte], also hier in Kolumbien und hier bei Wrangell, das ist schon Alaska, einen Riegel quer durch die Berge zu schieben. Ich glaub es nicht recht, denn unsre Küstenwacht ist grade dort ungeheuer auf Draht. Auf alle Fälle wird der Gegner, mit dem wir es hier im Seengebiet zu tun haben, seine Kräfte westwärts umgruppieren und dorthin vorstoßen.“
    „Wer ist hier der Gegner?“ fragte ein Zuhörer.
    „Genau können wir Ihnen das nicht sagen“, antwortete an Stelle des Oberbaurats der Wetterwart, „es sind aber bestimmt keine Gelben. Wir haben zahlreiche englische und französische Funksprüche aufgefangen, weit mehr französische als englische. Das läßt die Vermutung aufkommen, daß es französische Kanadier sind, Freischärler, die hier langsam nach Norden gehen. Langsam deshalb, weil sie auf Verstärkungen und auf Luftunterstützung warten. Die riechen natürlich, daß der Polarkreis ein einziger großer Atomminengürtel ist. Auf Grund der letzten von uns und AL Ju 12 durchgeführten Funkpeilungen operierte der Gegner noch ziemlich weit im Südosten, zwischen dem Dubawnt-See – hier – und dem Baker-See – hier. Das war vor einer Woche. Wie rasch er vorwärtskommt und wie stark er ist, das heißt, was sich alles ihm unterwegs anschließt, können wir nicht beurteilen, wir –“
    „Meine Herren“, fiel ihm der Oberbaurat ins Wort, „ich glaube, das Unternehmen Winnetou beginnt unter einem guten Stern. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir den Feind überhaupt nicht zu Gesicht bekommen – Spähtrupps und kleine Vorausabteilungen vielleicht ausgenommen. Aber natürlich steht die Sache auf der Kippe. Klar. Wir werden sehr rasch marschieren müssen. Die dreihundert Kilometer bis zum sicheren Hafen werden wir wohl noch schaffen, die Herren Kircheiß und Laale [gemeint waren der deutsche Geologe und sein schweigsamer dänischer Kollege] sind verläßliche Lotsen durch den Minengürtel. Und wenn wir Feindberührung bekommen und es schiefgehen sollte – bon, dann wissen Sie ja, was zu tun ist …“
    Alle wußten es. Die Schlitten mit Benzin übergießen und anzünden. Kampf bis zur letzten Patrone. Das heißt: die letzte Kugel … Zuerst die Frauen, dann sich selber. Das ungeschriebene Gesetz dieses Krieges.
    Der Oberbaurat griff durch! Allerhand! Das war ein Kerl! Solang das Reich solche Kerls – – – Dieser Ausspruch, fiel Jugurtha ein, war ihm in der letzten Zeit allzuoft herausgerutscht. Ein alter Hut. Vielleicht sollte man ihn variieren: Solang das Reich solche Kreaturen hatte … Lachhaft und erbärmlich! Nichts als eifersüchtig war er, neidisch, häßlich, ein Schwächling.
    Vor allem ein Schwächling. Gut, er war durch und durch krank. (Bon, würde der Herr Oberregierungsbaurat sagen.) Um so mehr mußte er so tun, als wäre er auf Draht. Es gab nämlich Dinge, die ertrug man nur mit zusammengebissenen Zähnen. Zum Beispiel den Blickkrampf, den Hirndruck, die Halluzinationen, das bleierne Gefühl in den Knochen, das ewige Frieren, den Haarausfall. Tagelang kein Stuhlgang, sein altes Übel. Dann plötzlich wieder Durchfälle. Seit – wie hatte doch das idiotische Kaff im Harz geheißen? –, also seit Dingsda litt er unter schweren Sehstörungen, damit hatte es begonnen. Von Tag zu Tag wurde das ärger. Nicht nur, daß trotz der Schneebrille (die er nun auch im verdunkelten Zimmer trug) alle Dinge, etwa künstliches Licht, sich mit schmerzhaft scharfen Konturen in seine Pupillen gruben, sie führten auch wahre Affenpossen auf. So, wenn er auf seinen Rundgängen rastete und minutenlang ins Land hinaus sah – da schien sich um ihn herum der Raum plötzlich mit schwarzer Luft zu füllen, und was tat das Leintuch der Schnee-Ebene? Es fing an, lebendig zu werden, wellte sich sonderbar, und diese schwachen Wellen von Weiß und Grau liefen auf ihn zu. So als bewege sich der Boden unter einem Lufthauch, einer lauen Brise. Blöde Sinnestäuschung. Schuld daran war sicher der Heizanzug. Er schützte zwar gut vor der Kälte, die Warmluft benebelte aber die Sinne. Und wenn er dann die Batterie abschaltete, fror er sofort wie ein Pintscher.
    Dieser Heizanzug in der Art der landesüblichen Parka war ein persönlicher Schimpf. Heizbare Parkas (sogar die Kapuzen waren heizbar) und ebensolche Fellstiefel, die Mukluks, hatten wegen
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