Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
von Aids kann eine einzige
leichtsinnige Nacht ein ganzes Leben zerstören.
    Also belauschen und bespitzeln
wir einander — oder heuern eine Detektei wie die meine an, damit sie die
Dreckarbeit für uns macht.
    Paranoia.
    Yeah, McCone, genau das ist es,
was dich hier liegen und an die Decke starren läßt um — nunmehr — 4 Uhr 34
morgens. Paranoia wegen einer Frau, die auf einer Party deinen Namen auf ihrem
Namensschildchen hatte.

Donnerstag
     
    »Hepp!« Ich warf Mick Savage
die Bea-Allen-Akte zu.
    Mein langer, blonder Neffe, der
in seinem Drehsessel lümmelte, die Füße auf dem Papierkorb, fing sie geschickt
mit einer Hand.
    »An dir ist ein begnadeter
Außenfeldspieler verlorengegangen«, erklärte ich.
    »Nö, ich setze diese Gabe
sinnvoller ein.« Das war eine Anspielung auf seine Beziehung zu Charlotte Keim,
die ebenfalls für mich arbeitete.
    Ich ging nicht auf den
Eröffnungszug ein, sondern kam direkt zur Sache. »Ich brauche einen vorläufigen
Background-Check für diesen Mann, und zwar schleunigst.«
    Er schlug den Ordner auf und
überflog die eingehefteten Blätter. »Wann ist schleunigst?«
    »Mach ein Angebot.«
    »In fünfundfünfzig Minuten, in
deinem Büro.«
    »Ich erwarte dich.«
    »Wenn ich schneller bin,
spendierst du mir ein Mittagessen.«
    »Topp.«
    Was als ein Spiel zwischen uns
begonnen hatte — er nannte eine Frist, innerhalb derer er einen bestimmten
Auftrag ausführen zu können glaubte, und entlockte mir Zugeständnisse für den
Fall, daß er es schneller schaffte — , war erwiesenermaßen eine der wirksamsten
Methoden, ihn zu motivieren.
    Ich verließ sein Büro — das
zugleich als Lager für die Bücher, Akten und überschüssigen Möbelstücke diente,
die weder ich noch Anne-Marie Altman und Hank Zahn anderswo hatten unterbringen
können — und ging in den großen Raum, den sich Rae Kelleher und Charlotte Keim
teilten. Rae war momentan einem Warenschwundproblem in einer Einzelhandelsfirma
auf der Spur, aber Charlotte saß an ihrem Computer, starrte auf den Schirm und
manövrierte die Maus. Sie hörte mich nicht hereinkommen, und als ich mich ihr
näherte, erkannte ich, daß sie Solitär spielte.
    »Tu die Herzacht auf die
Piksieben«, sagte ich.
    Sie schrak zusammen, schwenkte
herum und errötete. Keim war eine zierliche, lockig-brünette Person von Mitte
Zwanzig — zu weiterfahren für den neunzehnjährigen Mick, mochte man denken,
wenn man meinen frühreifen Neffen nicht kannte. Doch Mick war im Showbiz-Milieu
großgeworden und schaffte es, daß ich mir naiv vorkam. Er war Charlotte mehr
als gewachsen.
    Sie wählte die Vorwärtsverteidigung.
»Hast du endlich was für mich? Klasse, ich hänge hier nämlich rum wie eine
wiederkäuende Kuh.« Sobald sie erregt oder verlegen war, kam der texanische
Tonfall, den abzulegen sie sich seit ihrem Weggang aus Archer City bemühte,
verstärkt zum Vorschein — und mit ihm das, was ich im stillen ihre Texas-ismen
nannte.
    »Ja, ein
Vor-Eheschließungs-Check.« Ich reichte ihr die Akte. »Mit Reisen verbunden.«
    »Cool.«
    »Zielperson fliegt heute
nachmittag nach L.A. Aber keine Bange, es ist nur ein Zweitagestrip, du bist
also am Valentinstag wieder zurück. Wenn du dabei was Konkretes findest, lassen
wir’s gut sein. Wenn nicht, fliegst du Montag nach Chicago.«
    Sie nickte und studierte die
Akte.
    Ich machte mich auf den Weg in
mein Büro, zu einem weiteren Stapel Papierkram, und beneidete sie.
     
    Fünfzig Minuten später saß Mick
auf der anderen Seite meines Schreibtischs, bewehrt mit einem Stapel
heruntergeladener Dateien und gerüstet für einen mündlichen Rapport.
    »Ich möchte ins Miranda«,
verkündete er. Das war unser Lieblings-Hafenimbiß. »Ein Burger mit
Zwiebelringen wäre mir gerade recht.«
    »Wir haben kein Preislimit
festgesetzt. Wieso willst du nichts Edleres?«
    »Ich mag das Miranda. Und
außerdem wird der Freitag abend mit Dad und Rae edel genug.«
    »Stimmt. Also, was hast du für
mich?«
    »Tja, das war der absolute
Idiotenjob. Der Kerl ist aus einer so reichen Familie, daß er vermutlich einen
ganzen Schrank voller Smokings und eine Garage voller Mercedesse hat. Die Kohle
stammt aus der Zeit des Goldrauschs. Da haben sich nämlich sein Ururgroßvater
und ein paar andere Räuberbarone zusammengetan, um so ziemlich allen übrigen
das Fell über die Ohren zu ziehen. Steht alles in diesen Artikeln aus Forbes und dem Journal of Californian History .«
    Ich blätterte die Seiten durch
und nickte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher