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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Autoren: Susanne Reinker
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Kostümjäckchens. Vielleicht kann er sich ja wenigstens an meinem Geburtstag dazu durchringen, endlich mal zu wirken, anstatt sich faul von mir durch die Gegend tragen zu lassen.
    Jemand reicht mir ein Glas Sekt. Ich ziehe die Hand aus der Tasche, um es zu nehmen – da fällt mir dieser dämliche Bergkristall in den Schnee. Verdammt! Er nützt zwar nichts, aber inzwischen hänge ich irgendwie an ihm. Ich gehe in die Hocke und versuche tastend, den Kristall wiederzufinden.
    Vergeblich. Er ist wie vom Schnee verschluckt. Mit taub gefrorenen Fingern und schmerzenden Kniegelenken richte ich mich schließlich wieder auf und sehe mich um. Keine drei Meter neben mir steht Thomas bei meiner Mutter.
    Ich sehe ihn an.
    Er dreht sich zu mir um.
    Unsere Blicke kreuzen sich.
    Wir schauen einander an.
    In diesem Moment kommt eine große Klarheit über mich. Es ist, als würde abrupt ein Tuch von meinen Augen gerissen. Die vielen verwirrenden Bruchstücke, die schon so lange in meinem Kopf, in meinem Herzen und in meinem Bauch rumoren – sie fügen sich schlagartig zu einem logischen Ganzen.
    Wie konnte ich nur so blind sein.
    Auf einmal weiß ich ganz genau, dass es zwischen Thomas und mir vorbei ist.
    Und ich weiß, dass er es auch weiß.
    Vor Erschütterung über die Tragweite meiner Erkenntnis schießen mir die Tränen in die Augen. Thomas sieht auf einmal so entsetzlich traurig aus, dass meine Mutter sich erstaunt nach mir umdreht.
    Thomas lässt sie stehen und macht einen Schritt auf mich zu, da ruft Martina erschrocken: »Belmondo ist abgehauen! Er ist uns gerade durch die Beine gewischt – ich hab’s genau gesehen!«
    v v v
    Damit war die Party zu Ende. Alle riefen nach Belmondo, Suchkommandos wurden gebildet, Fährten verfolgt, französische Sardinen ausgelegt – vergebens. Das Feuerwerk musste ihn in totale Panik versetzt haben.
    Ich war ganz krank vor Angst um Belmondo. Allerdings war ich gleichzeitig unendlich dankbar dafür, dass er es Thomas und mir durch seine Flucht ermöglichte, diesen Moment im Schnee überhaupt erst mal zu verdauen. Er würde alles verändern; das wussten wir beide, auch ohne es auszusprechen. Aber jetzt mussten wir erst mal unsere Katze wiederfinden.
    Als der letzte Gast sich verabschiedet hatte, setzte sich Thomas an den Computer. »Suchposter gestalten, Tierheim-Nummer raussuchen und so«, murmelte er und vermied es, mir in die Augen zu schauen.
    Mitleid wallte in mir auf. Ich wollte etwas sagen, aber er unterbrach mich mit einer müden Handbewegung. »Lass uns morgen reden. Geh du am besten schon mal ins Bett, ich kümmer mich ums Aufräumen« – weil ich sowieso nicht schlafen kann, sagte sein Blick.
    Ich war mir sicher, dass es mir ähnlich ergehen würde. Doch ich war so erschöpft, dass ich in einen unruhigen Schlaf fiel, kaum dass mein Kopf das Kissen berührt hatte. Wie eine kaputte Schallplatte blieben meine Gedanken wieder und wieder an derselben Stelle hängen: »Steigst du nicht auf die Berge, siehst du auch nicht in die Ferne.« Der letzte Spruch aus Martinas Meditationskalender.
    In die Ferne sehen. Entschlossen meine Siebensachen packen, Abschied nehmen und etwas Neues versuchen. Mich was trauen.
    Aber warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah … Ich konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Ich fühlte mich wie im Fieberwahn. Wirre Traumfetzen umflatterten mich. Der Stripper. Thomas, fest eingehüllt in rot-weiß karierte Bettwäsche. Dr. Schmidtbauers Powerpoint-Präsentation. Mein abgewetzter Bürostuhl bei der Meidner Fair & Event Design GmbH. Die Krebsdiagnose. Der rosa Hortensienkranz. Das schmiedeeiserne Gartentor auf Bennos Website. Der Blick meiner Mutter.
    Mein Handy klingelt, und ich fahre hoch. Neben mir liegt Thomas und wälzt sich im Schlaf unruhig hin und her. Draußen wird es gerade hell.
    »Sandra!«
    Meine Mutter. Mühsam sortiere ich meine Gedanken. Ist das jetzt noch der Traum? Oder will sie mir jetzt eine Neujahrspredigt halten?
    »Entwarnung! Belmondo ist hier!«
    Auf einen Schlag bin ich hellwach.
    »Stell dir vor, ich war gerade draußen im Vorgarten zum Schneeschippen. Rein zufällig habe ich dabei einen Blick in mein Auto geworfen – und was sehe ich? Deinen Kater! Hat sich auf dem Beifahrersitz zusammengerollt und schläft seelenruhig! Keine Ahnung, wie er da reingekommen ist.«
    »Du hast bestimmt …«
    »Nein, ich habe bestimmt kein Fenster offen gelassen«, unterbricht sie mich. In ihrer Stimme klingt echte Verwunderung
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