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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
Autoren: Thomas Görden
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Schnaufen herabbeugte. »Fällt dir noch was auf?«
    »Von vorn«, brummte Tönsdorf. Ja. So wie die Wunde lag, musste der Täter vor dem Propst gestanden haben, als er zuschlug.
    Ein uniformierter Beamter führte einen kleinen, rundlichen Mann im schwarzen Anzug zu ihnen. Susanne richtete sich auf und überragte den Mann nun um fast einen Kopf. Was die persönliche Autorität anging, waren hundertvierundachtzig Zentimeter Körperlänge durchaus vorteilhaft. Sie blinzelte, weil der kalte Wind ihr in den Augen stach.
    »Das ist Weihbischof Dr. Scharenbroich, Frau Hauptkommissarin«, sagte der Beamte. »Der Domdechant.«
    Susanne, die sich in der Kirchenhierarchie nicht sonderlich auskannte, fragte sich, wer wohl mehr zu sagen hatte, ein Propst oder ein Dechant.
    Der kleine Mann gab ihr die Hand und sagte erläuternd: »Ich bin der Stellvertreter des Dompropstes.« Stimme und Händedruck wirkten eher weich.
    Der Dechant bemühte sich erkennbar um Fassung und vermied es, den Toten anzusehen.
    »Wirklich furchtbar, diese Sache«, sagte er. »Zu was für schrecklichen Verbrechen der Mensch doch fähig ist. Dr. Oster hat den Dom sehr geliebt, wissen Sie. Ich will damit sagen, dass es gar nicht so ungewöhnlich war, ihn hier draußen anzutreffen. Der Dompropst war ein sehr ... spiritueller Mensch. Er hielt sich gerne im und am Dom auf, wenn er... das Gespräch mit Gott suchte.«
    Es klang, als hätte er sich diese Formulierungen sehr sorgfältig zurechtgelegt.
    »Auch nachts?«, fragte Susanne.
    »Nun ...« Jetzt riskierte Scharenbroich doch einen kurzen Blick auf den Toten. »Dr. Oster war ein außergewöhnlicher Mensch. Warum sollte er nicht auch einmal nachts um den Dom spazieren, wenn er das Bedürfnis dazu hatte?«
    »Ich gehe nicht davon aus, dass er hier an dieser Stelle ermordet wurde. Jemand hat ihn offenbar erst später hierher gebracht. Haben Sie dafür eine Erklärung?« Susanne sah, wie Scharenbroichs ohnehin nicht ausgeprägte Selbstsicherheit weiter nachließ.
    »Das... überrascht mich«, sagte er leise, dann laut, so dass es alle Umstehenden hören konnten: »Ich habe gedacht, er ist hier spazieren gegangen und dabei überfallen worden.« Irgendwie wirkte seine Überraschung nicht echt.
    Er strich sich nervös durchs Haar. Susanne hatte deutlich den Eindruck, dass er überrascht wirken wollte, sich aber nicht besonders gut verstellen konnte. Wusste er etwas über die Hintergründe des Mordes?
    Scharenbroich schien es plötzlich eilig zu haben, Susannes Blick zu entkommen. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen«, sagte er rasch. »Ich muss den Herrn Erzbischof informieren. Sie können mich heute den ganzen Tag drüben in der Dompropstei erreichen, sollten Sie weitere Fragen haben.«
    Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Im Namen des Domkapitels bitte ich Sie dringend, die nötige Diskretion zu wahren. Wir möchten auf keinen Fall, dass aus dieser Tragödie ein Medienspektakel wird.«
    Susanne zuckte die Achseln. »Die Ermordung des Dompropstes ist für die Lokalpresse eine fette Schlagzeile, das ist für die ein gefundenes Fressen«, sagte sie nüchtern. »Ich kann nicht verhindern, dass die Zeitungen groß darüber berichten und ihre eigenen Spekulationen anstellen.« Nutze die Gelegenheit, dachte sie sich und setzte schnell hinzu: »Umso wichtiger ist es, dass wir eng zusammenarbeiten und Sie uns alle erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen, damit wir die Ermittlungen möglichst schnell erfolgreich abschließen können.«
    Jetzt machte Scharenbroich ein richtig unglückliches Gesicht. »Da haben Sie selbstverständlich Recht«, sagte er, verabschiedete sich mit einem knappen Kopfnicken und ging.
    Susanne schaute ihm nach. Dass er ihr diese Theorie mit dem Überfall auftischte, an die er offenbar selbst nicht glaubte, ließ nur einen Schluss zu: Er musste etwas mit dem Mord zu tun haben. Oder hatte sie seine Reaktion eben falsch gedeutet? Hatte es sich einfach nur um Nervosität und Verwirrung angesichts des Todes eines nahe stehenden Menschen gehandelt?
    »Ähm, wir hätten da einen Zeugen«, meldete sich Tönsdorf zu Wort.
    »Wen?«
    »Der Nachtportier vom Hotel am Dom hat etwas gesehen. Willst du selbst mit ihm reden, oder soll ich es in den Bericht ... «
    »Natürlich will ich mit ihm reden!« Eine so überflüssige Frage hätte Mallmann sich verkniffen.
    Tönsdorf winkte einen grauhaarigen Mann herbei, der etwas abseits gewartet hatte. Er nahm die Zigarette, die Tönsdorf ihm anbot -
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