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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe
Autoren: Thomas Görden
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über den Kadaver zog.
    „Vielleicht sind ein paar Wölfe aus dem Park entwischt“, überlegte Jonas.
    Dimmig kratzte sich am Kopf. „Passen würde das schon. Wegen dem Tötungsbiß. Nach allem, was ich aus der Fachliteratur weiß, ist der typisch für Wölfe. Die Sache hat nur einen Haken…“
    „Aha?“ sagte Jonas. Der Kaffee, den er sich vorhin eingeschüttet hatte, war vermutlich längst kalt.
    „Die haben im Frühjahr den Zaun erneuert. Das ist ein prima Zaun. Stabiler Draht und sehr hoch. Da kann garantiert kein Wolf darüber springen. Nein, daß von dort Wölfe abgehauen sind, ist ausgeschlossen.“ Dimmig schüttelte wieder einmal den Kopf. Dann schaute er auf die Uhr. „So, ich muß wieder los. Ich wollte dir nur kurz Bescheid geben, daß da draußen irgendwelche Hunde oder was auch immer unterwegs sind. Vielleicht haben ja noch mehr Leute etwas beobachtet. Ich werde mich heute nachmittag jedenfalls noch mal in der Ecke umschauen, wo ich das Reh gefunden habe.“
    Dimmig stieg in seinen Allrad-Pick-up und fuhr davon. Jetzt wird erst einmal gefrühstückt, dachte Jonas, während er in die Polizeiinspektion zurückging. Er hatte gerade den kalt gewordenen Kaffee weggeschüttet, neuen nachgegossen und in das erste Wurstbrot gebissen, als Schöntges ins Büro kam. Schöntges pflegte immerhin vorher anzuklopfen. Der altgediente, in Ehren ergraute Polizeihauptmeister war so etwas wie die Seele der Wache. „Mahlzeit!“ sagte er und fügte augenzwinkernd hinzu: „Ich habe vielleicht sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung des Reh-Killers führen.“ Dimmig hatte ihm die Story offenbar erzählt. Jonas schaute ihn fragend an.
    „Da hat eben ein Rentner angerufen“, berichtete Schöntges. „Er will beim Spazierengehen von weitem so ein paar sonderbare Hunde gesehen haben.“
    „Was denn für Hunde?“ fragte Jonas mit vollem Mund. Schöntges zuckte die Achseln. „Na ja, er meinte, wir sollen mal im Eifelwildpark nachfragen, ob die keine von ihren Wölfen vermissen.“
    „Aber Dimmig hat gesagt, daß…“ Jonas seufzte. „Also gut. Ruf ich halt mal dort an.“
    Als er wieder allein im Büro war, griff er zum Telefonhörer, hielt dann aber plötzlich inne und legte den Hörer wieder auf die Gabel zurück. Im Wildpark anrufen, das bedeutete, möglicherweise mit Chris Adrian zu sprechen. Natürlich, vielleicht würde auch der Parkleiter am Apparat sein, dieser Dr. Wegmeier, oder die Frau von der Kasse. Aber wenn nun Chris selbst sich meldete…. Er wußte, daß sie wieder da war. Nicht so lange wie er, aber doch schon über ein halbes Jahr. In einer kleinen Stadt wie Buchfeld blieben solche Dinge nicht verborgen. Bislang hatte er es vermieden, sie wiederzusehen, und sie hatte auch nichts von sich hören lassen. Seit sechs Jahren waren sie sich nicht mehr begegnet, und er hatte sich wirklich Mühe gegeben, sie zu vergessen, aber so richtig gelungen war es ihm nie. Also gut. Er wählte die Nummer des Parks.

    Als das Telefon klingelte, saß Chris an Dr. Wegmeiers Schreibtisch und ging die Futterbestellungen durch. Sie hatte draußen auf ihrer Terrasse gefrühstückt, in der Morgensonne, während über dem Itzbach noch ein Dunstschleier lag und auf Frau Wegmeiers Rosensträuchern der Tau funkelte. Ein gutes Frühstück: selbstgebackenes Vollkornbrot, dick mit Butter und Honig bestrichen, dazu noch ein kleines Müsli mit viel frischem Schlagrahm und Rosinen. Hinterher hatte sie etwas schuldbewußt ihren ziemlich rund werdenden Bauch befühlt. Das Essen schmeckte ihr hier in der Eifel so gut. Sie aß sehr viel. Anschließend hatte sie Fred beim Einzäunen der neuen Fischotteranlage geholfen und sich dabei bemüht, nicht an den sonderbaren Traum der letzten Nacht zu denken. Die Anlage wurde wirklich schön. An einem kleinen Bachlauf konnten die Besucher die verspielten Otter in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Die hier nachgezüchteten Tiere wurden dann später in geeigneten Biotopen ausgewildert.
    Durch das offene Fenster von Dr. Wegmeiers Büro drang der Duft des Waldes. In der Nacht waren über das Hohe Venn ein paar Wolken herangezogen und hatten einen Regenschauer gebracht, so daß die Luft immer noch sehr feucht und würzig roch.
    Das Telefon klingelte wieder. Chris legte den Bestellzettel für das Wolfsfleisch aus der Hand und meldete sich. „Hier ist… Jonas“, hörte sie.
    Ihr Herz geriet für einen Moment aus dem Takt. Sie hatte geahnt, daß er irgendwann anrufen oder vor der Tür stehen
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