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Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe

Titel: Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe
Autoren: Thomas Görden
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Experiment brachte sie ihrem Ziel ein großes Stück näher, davon war er fest überzeugt.
    Die nächsten Tage würde er in Schleis Jagdhütte wohnen, um von dort aus in aller Ruhe die geplanten Tests durchzuführen. Seinen kühnen wissenschaftlichen Vorstoß in eine andere Dimension betrachtete er keineswegs als verantwortungsloses Abenteuer. Er war Wissenschaftler und arbeitete diszipliniert nach streng logischen Prinzipien. Die Risiken, die er einging, waren stets wohlkalkuliert.
    Er stand wieder auf, packte das Spritzbesteck weg, zog sein Hemd über und setzte sich an den Tisch vor dem Fenster, um einen ersten Test vorzunehmen. Zunächst kontrollierte er Pulsfrequenz und Blutdruck und trug die Werte in das Versuchsprotokoll ein. Sie waren einwandfrei. Er hatte auch nichts anderes erwartet, denn Megatonin war so konzipiert, daß der menschliche Organismus darauf komplikationsfrei reagierte. Gablenz atmete tief durch. Dieses Experiment markierte einen historischen Schritt in der Menschheitsentwicklung: Zum ersten Mal griff der Mensch bewußt in seine eigene biologische Evolution ein, um sein Gehirn endlich optimal nutzen zu können.
    Gablenz führte den ersten Test mit einer Taube durch, die draußen vor der Jagdhütte auf einer Fichte saß. Er schaute die Taube intensiv an und konzentrierte sich. Erstaunlich rasch und mühelos gelang es ihm, mit dem Tier in telepathischen Kontakt zu treten. Zunächst empfing er eine Art visuellen Eindruck von der Gehirntätigkeit der Taube, der eindeutig auf energetischem Wege von Gehirn zu Gehirn übertragen wurde. Das empfangene Bild ähnelte einer schwach leuchtenden, sich rasch drehenden Spirale, ein ästhetisch durchaus ansprechender Eindruck. Natürlich war die Energieabstrahlung des im Vergleich zum menschlichen Gehirn primitiven Biocomputers im Taubenschädel gering.
    Was Gablenz jedoch sehr erstaunte, war der Reichtum an emotionalen Empfindungen, über die der Vogel trotz der geringen Größe seines Gehirns offensichtlich verfügte, ihm drängte sich der Eindruck geradezu auf, daß die Taube gern dort oben saß, daß sie die Aussicht genoß und noch von den angenehmen Empfindungen eines kurz zuvor unternommenen Spazierfluges
erfüllt war. Er schüttelte den Kopf und setzte diese Formulierungen im Versuchsprotokoll in Klammern. Als Mahnung an sich selbst schrieb er daneben: Objektiv und präzise formulieren!
    Natürlich stand es für ihn außer Zweifel, daß Emotionen lediglich biochemische Reaktionen im Gehirn darstellten, die dem rationalen Zweck des Arterhalts und damit der Evolution dienten. Er fragte sich, welchem evolutionären Zweck wohl der offensichtliche Gefühlsreichtum dieser Taube dienen mochte. Die Gefühle des Tieres mußten dem Arterhalt dienen,
alles andere hätte der Evolutionstheorie widersprochen. Ausgeschlossen, daß ein tierischer Organismus einfach ohne Sinn und Zweck spazierenflog.
    Nachdem er die Uhrzeit notiert hatte, klappte Gablenz das Protokollbuch zu und stand auf. Es war an der Zeit, Test Nummer zwei in Angriff zu nehmen. Routinemäßig überprüfte er die Funktionstüchtigkeit seiner Pistole, steckte sie in das Schulterhalfter und schnallte es um. Dann zog er sein leichtes Sommerjakkett über, schob Protokollbuch und Kugelschreiber in die Innentasche und ging zu seinem Mercedes G.
    Er fuhr zurück nach Jünkersdorf, dann auf der Landstraße Richtung Buchfeld. Rechts der Straße konnte er durch die Bäume das kahle, braune Band der neuen Autobahntrasse sehen, das sich, vom bisherigen Endpunkt der Eifelautobahn in Blankenburg kommend, durch den Buchfelder Staatsforst fraß. Auf einer noch zu bauenden Brücke würde die Autobahn den Taleinschnitt überqueren, durch den die Landstraße, auf der Gablenz fuhr, hinunter nach Buchfeld führte. Dann würde die Trasse den Itzwald in der Mitte durchschneiden und in nur etwa dreihundert Meter Abstand an Schleis Jagdhütte vorbeiführen, was die idyllische Ruhe dort zweifellos beeinträchtigen würde. Gewiß stellte dieses Projekt einen erheblichen Eingriff in die Landschaft dar, zumal der Itzwald teilweise unter Naturschutz stand. Gablenz ging aber davon aus, daß die Planer und die zuständigen Behörden das Für und Wider des Projektes gründlich abgewägt hatten. Der technologische und ökonomische Fortschritt forderte gewisse Opfer, diente aber doch insgesamt einer stetigen Steigerung der menschlichen Lebensqualität.
    Einem plötzlichen neugierigen Impuls folgend, stoppte Gablenz den Mercedes am
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