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Wen die Goetter strafen

Titel: Wen die Goetter strafen
Autoren: Sidney Sheldon
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seiner Glocke und bat um ein Almosen. Auf den Gehsteigen wimmelte es von Menschen, die ihre Einkäufe erledigten und tapfer dem eisigen Wind trotzten.
    Es ist wieder soweit
, dachte Dana.
Allmählich muss ich mich auch um meine Einkäufe kümmern.
Dana dachte an die Menschen, für die sie Geschenke besorgen wollte. Für ihre Mutter, Kemal, Matt, ihren Chef, und natürlich für den wunderbaren Jeff. Dana sprang in ein Taxi und ließ sich zu Hecht's fahren, einem der größten Kaufhäuser von Washington. Dort wimmelte es von Menschen, die sich zur Einstimmung auf das besinnliche Weihnachtsfest rücksichtslos und unter allerlei Ellenbogeneinsatz durch das Gedränge kämpften.
    Als Dana ihre Einkäufe erledigt hatte, begab sie sich zurück zu ihrer Wohnung, um ihre Geschenke abzuladen. Das Apartment lag an der Calvert Street in einer ruhigen Wohngegend. Es war geschmackvoll eingerichtet und bestand aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer, einer Küche, einem Badezimmer und einem Arbeitszimmer, in dem Kemal schlief.
    Dana verstaute die Geschenke in einem Kleiderschrank.
Wenn Jeff und ich heiraten, müssen wir uns eine größere Wohnung besorgen
, dachte sie erwartungsvoll, während sie sich in dem Apartment umblickte. Als sie zur Tür gehen wollte, um ins Studio zurückzukehren, klingelte das Telefon.
Verflixt.
Dana nahm ab. »Hallo.«
    »Dana, mein Schatz.«
    Es war ihre Mutter. »Hallo, Mutter. Ich war gerade am Gehen –«
    »Meine Freunde und ich haben uns gestern Abend deine Sendung angesehen. Du warst sehr gut.«
    »Vielen Dank.«
    »Allerdings fanden wir, dass du die Nachrichten ein bisschen freundlicher gestalten hättest können.«
    Dana seufzte. »Die Nachrichten freundlicher gestalten?«
    »Ja. Die Sachen, über die du sprichst, sind alle so deprimierend. Gibt's denn nichts Erfreulicheres zu berichten?«
    »Ich will zusehen, was sich machen lässt, Mutter.«
    »Das wäre sehr nett. Übrigens, ich bin diesen Monat ein bisschen knapp bei Kasse. Ob du mir wohl noch mal unter die Arme greifen könntest?«
    Danas Vater war vor Jahren verschwunden. Mittlerweile wohnte Danas Mutter in Las Vegas und war ständig knapp bei Kasse. Die monatliche Unterstützung, die Dana ihrer Mutter zukommen ließ, reichte offenbar nie aus.
    »Spielst du etwa, Mutter?«
    »Selbstverständlich nicht«, versetzte Mrs. Evans entrüstet. »Las Vegas ist eine sehr teure Stadt. Übrigens, wann kommst du denn mal hierher? Ich möchte Kimbal gern kennen lernen. Du solltest ihn mal mitbringen.«
    »Er heißt Kemal, Mutter. Ich kann momentan nicht weg.«
    Am anderen Ende herrschte einen Moment lang Schweigen. »Du kannst nicht weg? Meine Freunde sagen alle, wie froh du sein kannst, weil du einen Beruf hast, bei dem du nur ein, zwei Stunden am Tag arbeiten musst.«
    »Ich nehme an, ich habe eben einfach Glück«, sagte Dana.
    Als Nachrichtenmoderatorin trat Dana jeden Morgen um neun Uhr im Fernsehstudio an und brachte den Großteil des Tages am Telefon zu, um sich in internationalen Konferenzschaltungen die neuesten Nachrichten aus London, Paris, Italien und anderen Brennpunkten des Weltgeschehens zu besorgen. In der übrigen Zeit waren Konferenzen angesetzt, bei denen die Nachrichtenblöcke zusammengestellt und beschlossen wurde, was wann und in welcher Reihenfolge ausgestrahlt werden sollte. Immerhin hatte sie zwei Sendungen pro Abend.
    »Ist doch schön, dass du so einen angenehmen Beruf hast, mein Schatz.«
    »Danke, Mutter.«
    »Du kommst doch bald mal vorbei und besuchst mich, nicht?«
    »Ja, bestimmt.«
    »Ich kann's kaum erwarten, den süßen kleinen Jungen kennen zu lernen.«
    Auch Kemal wird es gut tun, wenn er sie kennen lernt,
dachte Dana.
Dann hat er auch eine Großmutter. Und wenn Jeff und ich verheiratet sind, hat Kemal wieder eine richtige Familie.
    Als Dana auf den Flur ihres Mietshauses trat, kam Mrs. Wharton aus der Tür.
    »Ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie sich vorgestern Morgen um Kemal gekümmert haben, Dorothy. Ich bin Ihnen dafür sehr verbunden.«
    »Hab ich doch gern gemacht.«
    Dorothy Wharton und ihr Mann Howard waren vor einem Jahr in das Haus gezogen. Sie waren Kanadier, beide um die fünfzig und ein reizendes Paar. Howard Wharton war Bauingenieur und auf das Restaurieren von Denkmälern spezialisiert.
    »Was meine Arbeit angeht«, hatte er Dana eines Abends beim Essen erklärt, »gibt's auf der ganzen Welt keine bessere Stadt als Washington. Wo krieg ich denn sonst so viele Aufträge?« Und er
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