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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule
Autoren: Mark Brandis
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gibt es Verbandszeug. Sie kennen sich in den Räumlichkeiten ja schon aus …«
    Die Ereignisse dieses Tages hatten seine Jugendlichkeit zerstört. Sein zerschundenes Gesicht war das wahre: alt, müde und gebrechlich. Plötzlich sah ich ihm die Anstrengung an, mit der er sich auf den Beinen hielt. Er war mehr tot als lebendig.
    »Natürlich, Professor. Sofort.«
    Ich stürzte los. Als ich eine Minute später mit dem Verbandskasten in der Hand zurückkehrte, wurde mir schlagartig klar, daß ich ihm auf den Leim gegangen war. Er hatte mich lediglich loswerden wollen. Ich kam gerade zur rechten Zeit, um Zeuge der Aufführung zu sein. Professor Smirnoff saß wieder hinter seinem Orgelpult, und in der Arena lief das Programm.
    Meine erste Reaktion bestand aus Protest.
    »Was soll …«
    Professor Smirnoff fuhr mir über den Mund.
    »Ach, seien Sie doch still, Brandis!«
    Ich setzte mich auf die Stufen und stellte den Verbandskasten ab. Smirnoff mochte Schmerzen leiden, aber im übrigen war er bestens beieinander. Während ich seine Kammer durchstöberte, hatte er das Spektakel abgerufen.
    Ich starrte auf einen leeren Schreibtisch in einem kleinen, gemütlichen, sehr privat eingerichteten Büro. Auf dem Fensterbrett blühten rote Geranien. Plötzlich ging die Tür auf.
    Ich zuckte zusammen.
    Derjenige, der das Büro betrat, war zweifelsfrei Gregorius in Person. Er fühlte sich unbeobachtet. Er kratzte sich am Hinterkopf und gähnte dabei. Eine Weile verharrte er unschlüssig, dann entschied er sich, seine Blumen in Augenschein zu nehmen. Die Erde in den Töpfen schien ihm zu trocken zu sein. Mit einer Messingkanne versorgte er die Geranien mit Wasser. Seine Miene entspannte sich. Er setzte sich hinter den Schreibtisch, zog das Diktafon an sich heran, schaltete es ein, rülpste und begann zu sprechen.
    »Objekt Weizen. Testgruppe Arktis. Versuchsnummer römisch neun Strich viertausendachthundertzweiundzwanzig. Endlich der Durchbruch …«
    Mehr erfuhr ich nicht aus Gregorius’ Munde, denn das Spektakel brach abrupt ab, und ich starrte auf eine wieder leergewordene Arena.
    Bevor ich protestieren konnte, hob Professor Smirnoff die Hand.
    »Das reicht, Brandis. Den Rest können wir uns sparen. Er enthält lediglich die Formel. Das ist der Mitschnitt, den Sir Oleg bekommen hat. Er wird kaum lange Freude daran haben.«
    Ich sah meinen alten Lehrer für angewandte Philosophie verständnislos an.
    »Auf jeden Fall ist Sir Oleg im Besitz der Formel!«
    Professor Smirnoff schwieg, und nur seine alten, weisen Augen teilten mir mit, was es in diesem Zusammenhang zu berichten gab. Ich glaubte, ein fernes Licht darin zu erkennen, eine stille, ruhige Zufriedenheit. Smirnoff kam mir zu Hilfe.
    »Die Formel ist überholt, Brandis. Sie ist das Ergebnis eines rechnerischen Irrtums. Gregorius hat sie drei Wochen später durch eine andere ersetzt. Und diese zweite« – Professor Smirnoff griff hinter sich und reichte mir eine schmale Kassette – »finden Sie hier. Sie lag für Sie bereit, Brandis, und ich habe sie nicht aus der Hand gegeben.«
    Der Kunststoff der Kassette, auf der alles enthalten war, was die Menschheit auf der Erde brauchte, um zu überleben, war glatt und kühl. Ich hielt die Kassette mit beiden Händen. Selten hatten diese ähnlich Wertvolles berührt.
    »Eines Tages, Professor«, brachte ich hervor, »wird man Ihnen diesen Dienst entlohnen. Ich kann nur sagen: Danke.«
    Smirnoff winkte ab.
    »Lassen Sie das, Brandis. Für mich war es eine willkommene Gelegenheit, mich auf meine Weise zu revanchieren. Der Narr hat seine Forschung unter Beweis gestellt.« Das Leuchten in seinen Augen wurde stärker. »Im übrigen enthält die Kassette noch einen weiteren Mitschnitt, der sich zufällig ergab. Sorgen Sie dafür, daß die Aufzeichnung in die richtigen Hände gelangt!«
    Professor Smirnoff drängte mich zur Treppe. Ich widersetzte mich.
    »Und Sie, Professor? Sie sind in Gefahr. Wollen Sie mich nicht begleiten?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ihre Fürsorge in Ehren, Brandis, aber für solche Eskapaden fühle ich mich doch schon zu alt. Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich werde mit der Bande auf meine Weise fertig werden. Nero wartet schon darauf, daß ich ihn abrufe.«
    Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, wann er sein letztes Wort sprach. Er hatte nicht die Absicht, P-kop zu verlassen, und was immer ich gegen diesen seinen Entschluß auch vorbringen würde, mußte vergeblich sein. Die Praeteroskopie war sein
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