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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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versunken in irgendwelche Gedanken, die hinter seiner Sonnenbrille verborgen blieben. Dann sagte er: »Kommt das in meine Personalakte?«
    »Nein. Aber darum geht’s nicht, Kumpel. Sind wir uns einig, worum es geht?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Gut. Wir sehen uns nachher noch im Büro. Ich muß jetzt einen Anruf erledigen.«
    Aber Tatsache war, daß ich einfach nicht länger mit ihm reden wollte. Ich hatte so das Gefühl, daß Deputy Garrett kein guter Zuhörer war.
    Ich wählte die Nummer von Lyle Sonnier in Baton Rouge und erfuhr von einer Sekretärin, daß er heute nicht in der Stadt sei. Ich gab die leere Patronenhülse unserem Fingerabdruckspezialisten, was ich mir eigentlich auch hätte sparen können, da einen Fingerabdrücke selten weiterbringen, wenn man nicht die Abdrücke eines eindeutigen Verdächtigen in den Akten hat. Dann las ich die kurzen Berichte über den Mann, den Bama Sonnier gemeldet hatte, aber das fügte kein einziges weiteres Detail zu den Ereignissen draußen bei den Sonniers hinzu. Am liebsten hätte ich die Sache abgehakt und Weldon seinem falschen Stolz und seinen ganz persönlichen Dämonen, wie immer die auch beschaffen sein mochten, überlassen. Es war vergeudete Zeit, wenn man jemandem helfen wollte, der keinerlei Einmischung in sein Leben duldete. Aber dann mußte ich daran denken, was aus mir geworden wäre, wenn andere Menschen mir gegenüber genauso gedacht und gehandelt hätten. Ich wäre tot oder in einer Irrenanstalt oder vollauf damit beschäftigt, schon am frühen Morgen genug Münzen und zerknitterte Eindollarscheine für einen doppelten Jim Beam zusammenzuklauben, dazu noch einen geeisten Krug Jax-Beer, alles in der vergeblichen Hoffnung, daß dieser bernsteinfarbene Hitzeschock irgendwie die ganzen Schlangen und Tausendfüßler, die sich in meinem Inneren wanden, zu Asche verglühen würde. Nur dann konnte ich endlich sicher sein, daß die rote Sonne, die hoch über den Eichen auf dem Parkplatz brütete, nicht mehr so bedrohlich war, daß der Tag frei sein würde von ständig mutierenden Gestalten und körperlosen Stimmen, die wie kleine Holzsplitter in meinen Kopf stachen, und daß ich um zehn Uhr morgens nicht so sehr zitterte, daß ich ein Glas Whiskey nicht mit beiden Händen halten konnte.
    Um zwölf Uhr fuhr ich zum Essen nach Hause. Die unbefestigte Straße entlang des Bayous war gesäumt von Eichen, die einst Sklaven gepflanzt hatten. Die Sonne blitzte wie ein Heliograph durch die moosbewachsenen Äste über mir. Überall am Rande des Bayous standen die Hyazinthen dicht in voller Blüte, die Blätter voller kleiner Wassertröpfchen, die im Schatten wie Quecksilber schimmerten. Draußen in der Sonne, wo das Wasser braun und brütend heiß vor sich hindümpelte, schwebten Libellen völlig reglos in der Luft, und schwergepanzerte Kaimanfische tummelten sich in der Strömung mit der Geschmeidigkeit von Schlangen.
    An dem kleinen Pier mit dem Trockendock und dem Köderladen, der mir gehörte und um den sich meine Frau Bootsie und ein älterer schwarzer Mann namens Batist kümmerten, wenn ich nicht da war, waren etwa ein Dutzend Personenwagen und Pickups geparkt. Ich winkte Baptist zu, der gerade auf den kleinen runden Tischen unter der Leinenmarkise, die dem Dock Schatten gab, Barbecue vom Grill servierte. Dann bog ich in die unbefestigte Auffahrt zu meinem Haus und parkte unter den Pecanbäumen vor dem weitläufigen Gebäude aus Zypressen- und Eichenholz, das mein Vater mit eigenen Händen während der großen Depression gebaut hatte. Abgestorbenes Laub und die vor sich hin modernden Schalen von Pecannüssen bedeckten den Boden, und die Pecanbäume türmten sich so dicht vor dem Himmel auf, daß die Veranda vor dem Haus fast den ganzen Tag lang im Schatten lag. Selbst im Hochsommer mußte ich nachts nur den Deckenventilator einschalten, und sofort wurde es im Haus so kühl, daß wir uns zudecken mußten.
    Meine Adoptivtochter Alafair hatte ein Haustier, einen dreibeinigen Waschbär, den wir Tripod getauft hatten, und wir hatten ihn an eine Kette gelegt, die wiederum an einem langen Draht befestigt war, der zwischen zwei Eichen gespannt war. So konnte er im ganzen Garten herumlaufen. Immer wenn ein Auto über die Auffahrt kam, raste Tripod aus unerfindlichem Grund wie ein Irrer an seinem Draht hin und her, bis er sich hoffnungslos an einem Baumstumpf verfangen hatte. Dann versuchte er an der Rinde des Stammes hochzukraxeln, was für gewöhnlich damit endete, daß er mit
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