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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel
Autoren: Justin Evans
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gepresst hatten.
    Wir sind fertig mit dir, hatte sein Vater gesagt. Du benimmst dich anständig, oder wir sind fertig mit dir.
    DAD
    DANIEL
    Er nahm den Daumen vom Handy.
    Nein, er konnte unmöglich mit seinem Vater reden. Wegen des Zwischenfalls im FW. Der hatte jeden Rest von Vertrauen zerstört.
    Dies war nicht Andrews erste Begegnung mit dem Tod – er hatte ihn schon einmal gestreift. Andrew hatte in den Nebel geblickt und geschaudert. Es war eine Katastrophe, die alles kaputtgemacht hatte.
    Du darfst nicht über den weißhaarigen Jungen sprechen.
    Er rollte sich im Bett zusammen und starrte die Tapete mit den blauen und braunen Streifen an.
    Er befindet sich in einem andern Schlafraum im Country Connecticut, wo sich Straßen bergauf und bergab schlängeln und jedes Dorf seine eigene getünchte Puritaner-Kirche hat. Wo die Frederick Williams Academy mit schmiedeeisernen Toren, den Wohnhäusern, den gepflegten Grünflächen, Wäldern und Sportplätzen für die Sicherheit ihrer Zöglinge sorgt. Andrew sitzt mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden. Neben ihm liegt eine kleine durchsichtige Tüte mit der Aufschrift Flatline. Ihm gegenüber sitzt Daniel Schwartz. Daniel sackt in sich zusammen. Andrew kämpft mit sich, versucht, sich zu bewegen. Warte, sagt er, dann schüttelt er seinen Freund, weil ihm das Ganze komisch vorkommt. Aber sein Freund ist schon nicht mehr da. Dessen Haut verfärbt sich blau, dessen Geist wird auf sonnenbeschienene Hügel entführt, und Andrew selbst kämpft gegen die Droge an. Verdammt, wie viel hab ich genommen? Das Zeug muss viel stärker sein als das letzte . Er sieht Daniel allein auf dem Boden liegen, während er in einem riesigen, von der Sonne erwärmten Korb eines Heißluftballons steht und sich in die Lüfte erhebt. Dort oben spricht Gott mit großen, stillen Blitzen mit ihm, zeigt ihm, dass er alles vergeudet hat und dass sein Leben eine leere Lunchbox ist. Andrew übergibt sich aus Selbstekel und tödlicher Angst –  Danielsieht wirklich verdammt BLAU aus  – und holt sein Handy aus der Jeanstasche. Andrew tippt drei Ziffern ein und drückt auf S ENDEN , dann richtet er den Blick auf Daniel und überlegt, was die Sanitäter denken werden, wenn sie den Teenager mit Überdosis zu seinen Füßen und das Erbrochene auf seinen Hosenbeinen sehen.
    Als er Monate danach benachrichtigt wurde, war er vergleichsweise ruhig. Er lag in seinem Zimmer zu Hause in Killingworth. Ein Rasenmäher brummte in der Nähe. Und es war nur ein Anruf. Niemand verwickelte ihn in ein Gespräch – sie … informierten ihn lediglich. Es gelang ihm, das Telefonat einigermaßen gelassen zu beenden, dann rollte er sich in seinem Bett auf die Seite und spürte, wie sich seine Eingeweide langsam zersetzten.
    »Alles in Ordnung mit dir, Mann?«
    Andrew drehte den Kopf. Roddy zuckte zurück. Er stand mit einem schwarzen Regenschirm in der Hand auf der Schwelle.
    »Du hast mich erschreckt. Du siehst aus wie tot. Kommst du?«
    »Wohin?«
    »Zum Abendessen! Gott, du siehst gar nicht gut aus.« Roddy schüttelte den Kopf. »Komm. Ich warte auf dich.«
    Andrew hatte sich so weit erholt, dass er hinter Roddy zum Speisesaal trotten und sich halb betäubt in der Schlange vor der Essensausgabe anstellen konnte. Als er durch die Tischreihen ging, nahm er die ersten Blicke und das Tuscheln hinter vorgehaltener Hand wahr. Manche Jungs starrten ihn an. Den jüngeren war die Neugier anzusehen; die etwas älteren beobachteten ihn verstohlen;die Jungs aus der Oberstufe waren verlegen, als wäre Andrew der Hinterbliebene. Andrew schloss sich zusammen mit Roddy den zugänglichsten Schülern Henry, Oliver und Rhys an. Die Unterhaltung brach ab, als sie sich an den Tisch setzten. Henry gestand: »Wir haben gerade über Theo gesprochen.«
    Nach dem Abendessen schlich Andrew den anderen hinterher zum Haus und hörte unbeteiligt zu, wie sie abwechselnd versuchten, den Tod zu verarbeiten und sich mit belanglosen Plaudereien abzulenken.
    In den folgenden Tagen hielt sich der Regen hartnäckig und gnadenlos wie ein lästiger Kopfschmerz. Der Hügel erinnerte nicht mehr an eine stolze Erhebung, den höchsten Punkt westlich des Urals, sondern eher an hochgezogene Schultern, die dem Regenguss und dem Wind trotzten. Überall sah man schwarze Schirme; dünnbeinige Jungs hielten sie fest, während sie Bücher balancierten und versuchten, die Hüte auf den Köpfen zu behalten; man hörte kein Gelächter mehr auf der High Street, sondern
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