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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut
Autoren: Angelika Friedemann
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Weißen. „Wir wünschen, dass
ihr in unserem Land bleibt und gute Murimi seid.“ Er braucht auf absehbare Zeit
die Weißen, die das Land zur Blüte gebracht haben und heute 75 Prozent der
landwirtschaftlichen Exportproduktion erzeugen, der wichtigsten Devisenquelle
seines Landes.
    Sind sie ein Zeichen des Friedens oder des Krieges, fragte
sich William.
    Ein königlicher Salut erfolgte. Der alte braune Fez der
Askaris wurde durch ein schwarzes Schiffchen ersetzt.
    Dann sahen sie den neuen großen Mann: Jomo Kenyatta und
wieder fragte er sich, wie weit er an den Morden und Sabotageakten beteiligt
war. Er trug einen Anzug, dazu die mit Perlen besetzte obligatorische
Kikuyumütze. In der Hand, an dem protzig ein großer Ring funkelte, einen
Fliegenwischer. Auch der durfte nie fehlen. Der alte Mann mit seinem Zickenbart
ist also unser neuer Präsident. Ein Mann, unter dessen Namen man Kinder, Frauen
tötete, Menschen erpresste. Wie weit war der in alles involviert gewesen? Erst
jetzt bemerkte er die Stille.
    Seine laute Stimme hallte durch die Nacht:
    „Mitbürger, wir müssen alle schwer mit unseren Händen
arbeiten, um uns von Armut, Unwissenheit und Krankheiten zu schützen. In der
Vergangenheit haben wir die Weißen für alles verantwortlich gemacht, wenn etwas
falsch lief. Jetzt können wir regieren.“ Er machte eine kleine Pause. „Ihr und
ich, wir müssen zusammen unser Land entwickeln. Wir müssen für die Bildung
unserer Kinder und für Ärzte sorgen! Wir müssen Straßen …“
    Mit was will er das finanzieren, fragte sich William.
    „Wenn es den Siedlern in Kenya gelingt, sich den
veränderten Bedingungen anzupassen, gibt es nichts zu befürchten: Sie können
dieses Land bebauen wie andere auch.“ Kenyatta breite seine Arme weit aus und
rief laut: „Harambee! Harambee!“
    Aus allen Kehlen folgte die Antwort: „Harambee!“
    „Harambee heißt auf Kisuaheli etwa so viel, wie: „Lasst,
uns alle zusammen an einem Strick ziehen!“
    Ja, dachte er mit vereinten Kräften. Hoffen wir, dass es
so wird.
    Kenyatta lächelte den Herzog von Edinburgh an und sagte
laut: „Wenn Ihr wieder in Great Britain seid, überbringt bitte der Königin
unsere Grüße. Sagt ihr, dass wir noch Freunde sind. Diese Freundschaft kommt
vom Herzen …“
    Lügner, dachte William. Du benötigst die Briten, so wie du
generell die Weißen brauchst.
    Die Menge begann zu toben, ein Gebrüll machte sich breit.
Hüte, Kalebassen, Flaschen flogen und man beruhigte sich erst, als die
Militärkapelle die neue Nationalhymne spielte.
    Doug beugte sich ein wenig vor. „Wenn man diese Zahl der
Schwarzen sieht, kann einem Angst und Bange werden.“
    William spürte, wie Eve an seiner Seite zitterte, und zog
sie enger an sich. „Warten wir ab, was passiert.“
    Er betrachtete die stolzen, schwarzen Gesichter und fragte
sich, was werden sie uns wazungu bringen. Habe ich all die Jahre umsonst
gearbeitet? Heute fühlte er sich irgendwie müde, leer, verbraucht. Eine
unsichere Zukunft stand ihnen bevor. Es gab noch so viel Hass in den Herzen der
Schwarzen. Würde sie all die Demütigungen vergessen können? Würden sie je
vergessen können, was ihnen die Kolonialisten zugefügt haben? Würde das
Blutvergießen weitergehen, nun wo die Briten ihnen nichts mehr zu sagen hatten?
Er wusste, dass viele Leute jetzt glaubten, in wenigen Tagen hätten sie ein
Auto, genug pesa für alles, was es zu kaufen gab, eine neue große shamba,
Reichtum. Was, wenn bei ihnen das Erwachen kam? Einen zweiten Mau-Mau-Aufstand
würden die hier noch ansässigen Weißen nicht überstehen, zumal sie keine
britische Armee mehr schützen konnte.
    Kenyatta stand neben seiner europäischen Frau, daneben
seine beiden afrikanischen Frauen, das irgendwie grotesk wirkte. Was führte
dieser Mann wirklich im Schilde? Was ging in diesem Moment im Kopf von Kamau
vor? Würde er Millionen Afrikaner unter Kontrolle halten können oder würde er
in absehbarer Zukunft alle Weiße aus dem Land jagen? Erst vor wenigen Tagen
hatte Kenyatta, den für seine Grausamkeiten berüchtigten militärischen Führer
der Mau-Mau-Rebellen, den selbst ernannten Feldmarschall Mwariama, der sich
nach zehn Jahren Untergrundleben im Busch, jetzt im souveränen Staat Kenya
feiern ließ, umarmt. Das, obwohl er immer beteuerte, wie sehr er angeblich den
Guerillakrieg ablehnte. Würde nun bald das Damoklesschwert, das seit Jahren
über allen Weißen schwebte, zuschlagen? Zum Teil hätte er sogar das verstanden,
da
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