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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
Autoren: Joerg Graser
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hören. Kreuzeder war in sich zusammengesunken und hatte dem Verhör regungslos gelauscht. Jetzt hob er langsam den Kopf. Wenn Becker die beiden Augen gesehen hätte, die auf seinen Nacken gerichtet waren, während er sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß von der Glatze tupfte, wäre ihm vielleicht angst und bange geworden. So wandte er sich wieder an Holzner und fragte ihn so beiläufig wie in einer Unterhaltung über die Kartoffelpreise:
    »GebenS’ jetzt endlich zu, dass Sie den Brodl umgebracht haben?«
    »Das tät euch so passen.«
    »Sie wollen uns doch alle umlegen. Und mit dem Brodl habenS’ angefangen.«
    »Gar nix hab ich. Ich schmück mich nicht mit fremde Federn.«
    Die Sekretärin überflog noch mal das Zusatzprotokoll. Der Drucker spuckte das Papier aus, und Becker legte es vor Holzner auf den Tisch, zusammen mit einem Kugelschreiber.
    »Da könnenS’ jetzt unterschreiben. Das sind Ihre Drohungen. Oder wollenS’ alles wieder zurücknehmen?«
    »Gar nix nehm ich zruck.«
    Der Kugelschreiber kratzte über das Papier. Dann wurde Becker laut.
    »Abführen!«
    Der Stuhl scharrte über den Steinboden, als Holzner hochgerissen wurde. Sie hatten ihn an beiden Oberarmen gepackt. Er konnte sich nicht mal schütteln, so hatten sie ihn im Griff. Das Quietschen seiner Gummistiefel verlor sich rasch auf dem Gang. Becker warf sein nasses Taschentuch in den Papierkorb.
    »In diesem Staat glaubt bald jeder, er kann die Polizei beschimpfen, beleidigen und bedrohen, wie er will! Ich lass mir doch nicht alles gefallen! FaxenS’ das gleich rüber zum Staatsanwalt, Frau Berthold. Dann kommt zum Mordverdacht noch gleich eine Anklage wegen Bedrohung der Staatsgewalt dazu, Landesverrat, Aufruhr und so weiter und so weiter!«
    »Ist recht.«
    »Und Sie kommen mit in mein Büro, Herr Kreuzeder.«
    Der Angesprochene rappelte sich langsam auf und sah seinen Vorgesetzten stumm an. Muhammad Ali musterte so seine Gegner, wenn er nach dem Pausengong aufgestanden war. Man konnte nicht wissen, was im nächsten Moment passiert. Becker wurde sofort höflicher. Wenn es ihm gelungen wäre, hätte er sogar ein Lächeln aufgesetzt.
    »Ich weiß nicht mehr, was ich mit Ihnen machen soll. Wirklich nicht.«
    Kreuzeder schwieg.

8
    Der Leichenschmaus hing noch in Kreuzeders zerknittertem Nadelstreif. Becker öffnete ein Fenster, damit sich der Gestank nach Bier, Schnaps und Rauch nicht in seinem Büro festsetzte. Er zog die Akte, die er über seinen ehedem so tüchtigen Untergebenen angelegt hatte, aus dem Regal und blätterte darin.
    »Ich sag’s, wie es ist. Sie sind untragbar geworden. So wie Sie benimmt sich kein Kriminalbeamter. Hier. Da hat sich sogar ein Mörder über Sie beschwert, weil Sie gelacht haben, wie er den Tathergang geschildert hat.«
    »Wer soll das gewesen sein?«
    »Das war der Fall Bedelmeier.«
    Kreuzeder schüttelte lachend den Kopf.
    »SchaunS’, jetzt lachen Sie schon wieder.«
    »Weil das ein Stümper war. Ein totaler Stümper. Der Bedelmeier hat einen Vertrag mit einem Heiratsinstitut geschlossen, zwei Wochen bevor er seine Frau umgebracht hat. Bei dem sind am Nachtkastl Kataloge rumgelegen mit Thailänderinnen und Russinnen.«
    »Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Das ist doch eine menschliche Tragödie, so was.«
    »Der hat seine Frau mit dem Spaten erschlagen und dann hat er sie in den Stall gezogen und untern Stier gelegt, dass der sie zertrampelt. Damit das Ganze wie ein Unfall ausschaut.«
    »Das ist doch furchtbar.«
    »Blöd ist das. Blöd. Wieso derschlagt er sie? Die Frau hat jeden Abend Schlaftabletten genommen. Vom Arzt verschrieben. Die hat geschlafen wie ein Ratz. Wenn er sie in aller Herrgottsfrüh ankleidet und untern Stier legt, wer will ihm da was nachweisen? Keine Zeugen weit und breit.«
    »So sehen Sie das.«
    »Ich sag ja, ein totaler Stümper. Und dann auch noch die Sache mit dem Heiratsinstitut. Hah!«
    »Sie würden keine solchen Fehler machen?«
    »Ich? Herr Becker, wenn ich jemand umbring, dann ist das ein perfekter Mord, das dürfenS’ glauben. Ich bin jetzt seit zwanzig Jahren bei der Mordkommission. Ich bin wirklich ein absoluter Fachmann auf dem Gebiet. Ich kenn alle Schliche.«
    »Sie waren ja früher mal der beste Kommissar von ganz Niederbayern. Und Sie waren so gut, weil Sie sich in die Mörder haben total hineinversetzen können. Ich weiß ja selber, wie das ist. Wann man zwanzig Jahre lang Mordgedanken im Kopf wälzt, das hinterlässt natürlich seine
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