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Weil du fehlst (German Edition)

Weil du fehlst (German Edition)

Titel: Weil du fehlst (German Edition)
Autoren: Jana Frey
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Sprache, für die ich mich selbst entscheide, die mir nicht Rabea aufzwingt. Es macht Spaß. Es gibt mir das Gefühl, selbstverantwortlich zu sein. Und ich kann mit Jonna üben. Es ist der schwedische Astrid-Lindgren-Zauber. Schwedisch beruhigt mich. Vielleicht besuche ich Jonna in den Weihnachtsferien in Göteborg. Mal sehen.«
    Ich traf mich ein paarmal mit Selma und den anderen Mädchen aus meinen Kursen. Und ein paarmal mit Darius, weil er so hartnäckig war.

    Drei Probleme :
    1. Darius, der mir diese Stadt schmackhaft machen und mir beim Eingewöhnen helfen will, indem er meine Hand nimmt, mich anlächelt, über meine Augen spricht und mich küssen will.
    2. Die Wolke, die kommt und geht und mir Angst macht.
    3. Rabea, die in schlechter Verfassung ist.

    »Ich erinnere mich übrigens doch noch an Marjorie«, sagte ich zu Oya. Es war in unserer Mittagspause. Wir saßen in der McKinley-Wildnis hinter dem Hauptgebäude der Schule und sonnten uns, weil die letzten Septembertage warm und sonnig genug zum Sonnen waren. Die McKinley-Wildnis war ein mystischer Ort, den ich ins Herz geschlossen hatte. Es war ein Stück Wald des Staates Connecticut, dessen genaue Vergangenheit keinem wirklich bekannt war. Keiner wusste mehr, wer die McKinleys gewesen waren oder was sie getan hatten für Connecticut, während sie hier gelebt hatten. Es war einfach ein wildes, vergessenes Stück Land, das hinter der Highschool begann und ein paar Hektar Platz einnahm, ehe ein Freeway und ein Industriegebiet seine Freiheit raubten. Aber der Freeway und die alte Fabrikanlage waren fern, unsichtbar und unhörbar für die vielen Generationen Schüler der Woodrow-Wilson-Highschool, die hier in der Sonne gelegen, Joints geraucht oder was auch immer getrieben hatten. Mich erinnerten die niedrigen, zerbröckelten, ärmlich anmutenden Steinmauern, die hier und dort über das verlassene Grundstück verliefen, an meine und Oyas Kinderzeit in Rumänien. Genau wie die wilden Rosen und Astern, die hier überall wucherten. Die Luft dagegen roch wie die Luft im Wald von Fontainebleau, dem Wald in der Nähe von Paris, wo Oya zum ersten Mal mit Clément Sex gehabt hatte. Würzig und klar. Und die Einsamkeit und Abgeschiedenheit der McKinley-Wildnis war Oyas und meine Hommage an Stromboli.
    Darius hatte sich uns angeschlossen an diesem Mittag. Außerdem Brendan, Darius’ bester Freund. Allerdings saßen sie nicht wie wir, sondern lagen wie erschossen im Gras. Darius auf dem Rücken mit einem Grashalm im Mund, Brendan auf dem Bauch, das Gesicht im Gras, Restsommer einatmen, wie er uns erklärte.
    »Wer ist diese Marjorie?«, hakte Darius schläfrig und mit halbgeschlossenen Augen nach.
    »Tatsächlich?«, fragte Oya, ohne auf ihn zu achten.
    Ich nickte. »Ja. Sie trug Bernsteinketten, glaube ich. Diese langen Ketten mit diesen vielen, hellbraunen Perlen, in denen man winzige Insekten sehen konnte. Ich durfte sie mir ansehen. Wir saßen zusammen auf einer Wiese im Sonnenschein und ich war überzeugt davon, dass sie die Flügel schütteln und sofort wieder losfliegen würden, sobald man es nur schaffen würde, die Perlen zu zerbrechen. Außerdem roch sie nach – Orangen, glaube ich. Wir saßen dicht aneinander gedrängelt auf ihrem Schoß. Sie war nett, hatte die Arme um uns gelegt und hielt uns fest. Schade, dass du dich nicht erinnerst.«
    »Wer ist diese Marjorie, von der du da faselst?«, fragte Darius noch einmal.
    »Ja, schade. Warum ist nichts davon bei mir hängengeblieben?«, murmelte Oya.
    »Du warst doch erst zwei«, erinnerte ich sie.
    Oya kann sich auch an Raymond nicht erinnern.
    Meine Erinnerungen an meinen Vater :
    Er ging Hand in Hand mit mir in den Drugstore. Er sang mir Hush little Baby vor. Er ließ mich in Pfützen springen, weil ich das mochte. Er rannte mit uns … wohl eher mit mir, Oya war ja noch sehr klein, durch hohes Gras. Er beobachtete auf dem Bauch liegend einen großen Ameisenhaufen mit uns. Er zeigte uns Schmetterlingsraupen und wie sie sich verpuppten und später völlig verwandelt ausschlüpften. Wir beobachteten Bienen zusammen …
    So viele Erinnerungen.
    Manchmal wurde mir schwindelig davon. Manchmal waren diese Erinnerungen unerträglich. Manchmal sehnte ich sie herbei.
    »Unsere Großmutter, du Nervensäge. Die Mutter unseres gestorbenen Vaters«, beantwortete Oya Darius‘ Frage, als er sie zum dritten Mal stellte. Darius konnte sehr hartnäckig sein, wenn er wollte, und meistens wollte er.
    Brendan wälzte sich
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