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Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder

Titel: Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder
Autoren: Luise Buechner
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träume oder wache, aber es lief hinein in die Stube und rief zwischen Weinen und Lachen: ›Macht euch schnell alle hinein in die Kammer und guckt ja nicht durchs Schlüsselloch, es kommt etwas sehr Schönes!‹
    Die Mutter wollte fragen, aber Mariechen bat sie so herzlich, mit den Geschwistern hineinzugehen, daß sie sich fügte. Dann schloß Mariechen schnell die Türe hinter ihnen zu, lief in die Küche, dann wieder herein und holte auf Christkinds Geheiß ein weißes Tuch aus dem Schrank, das es über den alten schwarzen Tisch breitete. Nun fing der Nikolaus an auszupacken und seine Siebensachen in die Stube zu schleppen. Mitten auf den Tisch stellte er einen Christbaum, der war über die Maßen schön geschmückt und mit Lichtern ganz übersät. Der Baum stand in einem Moosgärtchen, darin weideten weiße flockige Schafe mit goldnen Halsbändern und langen roten Beinen, und ein Schäfer saß auf einem Felsen und blies auf seiner Schalmei, man hörte es aber nicht. Dann wurden um den Baum herum große Herzlebkuchen gelegt, für die Mutter und jedes der Kinder einer. Auf jedem schichtete Christkind ein Häufchen Äpfel, Nüsse und Anisgebacknes auf und legte die Pakete daneben, die Nikolaus ihm reichte. Da war für die Mutter ein warmes Tuch, für Gretchen ein Kleidchen und eine schöne Puppe, für Hans eine Mütze und ein Lesebuch, für Jakob ein Kittel und eine Flinte und für den kleinen Trompeter, der spaßigerweise auch gerade Peterchen hieß, warme Schuhe und Strümpfe und ein Paar wundernette Pferdchen mit roten Zäumen.
    Mariechen half auspacken und auflegen und war ganz außer sich vor Freude. Als sie fertig waren, sagte Christkind: ›Für dich, Mariechen, habe ich nichts, was meinst du dazu?‹
    ›Oh, liebes Christkind,‹ rief Mariechen und hob die gefalteten Hände in die Höhe, ›ich bin doch die Glücklichste von allen; du gibst mir das Schönste und Beste, indem ich den andern bescheren und ihre Freude sehen darf.‹
    ›Recht so, meine Kleine,‹ antwortete Christkind und küßte Mariechen wieder auf die Stirne, ›bleibe so gut und liebevoll, und es wird dir wohlgehen auf der Erde, und alle Menschen werden dich lieben!‹
    ›Wir müssen fort,‹ mahnte Nikolaus, ›wir sind noch lange nicht fertig.‹
    ›Ich komme schon, alter Brummbär‹, sagte Christkind, breitete seine Flügel auseinander, lächelte Mariechen noch einmal freundlich zu und – fort waren sie. Nur ganz aus der Ferne hörte man noch Eselchens Glöcklein erklingen.
    In dem engen Häuschen aber erhob sich jetzt ein Jubeln und Jauchzen, wie es in keinem der reichen stattlichen Häuser froher und herzlicher sein konnte. Auf Mariechens Ruf waren alle aus der dunklen Kammer herausgestürzt, standen erst einen Augenblick wie versteinert, und dann brach die helle Freude los.
    ›Ach, was für ein schönes Kleid! – Wie, eine Flinte für mich? Ich schieße euch alle tot: Piff, paff, puff! – Ein Buch, ein Buch! Daraus lese ich euch vor! – Zieh, Gaul, zieh!‹ So ging es wohl eine Viertelstunde lang ohne Aufhören, man wurde fast taub von dem Lärmen.
    ›Aber Mariechen, du hast ja gar nichts‹, riefen auf einmal die Geschwister, nachdem sie sich an ihren Geschenken und dem strahlenden Christbaum satt gesehen.
    Die Mutter, die bis dahin nur bald gelacht, bald geweint hatte, nahm ihr Mariechen in den Arm, küßte und drückte es fest an sich und sagte zu den andern: ›Seht ihr nicht, daß sie das Beste bekommen hat! Weil sie so gerne gibt, durfte sie uns geben, und das ist immer noch zehnmal seliger als nehmen.‹« –
    Wie nun die Tante schwieg, denn die Geschichte war zu Ende, blieben die Kinder noch ein Weilchen stille sitzen, dann sagte Mathildchen: »Tante, ich möchte die rosa Puppe, welche du mir heute gekauft hast, gerne dem kleinen Mädchen bescheren, das wir heute auf dem Markt gesehen. Wenn wir nur wüßten, wie es heißt und wo es wohnt!«
    »Und ich will die Peitsche bescheren!« rief Georg.
    »Wollt ihr gerne?« sagte die Tante; »nun, das ist schön, da haben wir ja alle drei den nämlichen Gedanken, und ich weiß auch, wie die Kinder heißen und wo sie wohnen. Heute abend erlaubt euch die Mama, ein Stündchen länger aufzubleiben; da sollt ihr mir eine ganze Weihnachtsbescherung für sie rüsten helfen!«
    Georg und Mathildchen klatschten vor Freude in die Hände und liefen geschäftig hin und her, der Tante zu helfen. Erst wurde das Tannenbäumchen hereingebracht, welches sie auf dem Markte gekauft hatten,
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