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Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder

Titel: Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder
Autoren: Luise Buechner
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die Tante lachend, ›sage nun deinen Vers‹, und Mathildchen begann:
     
    ›Liebes Christkind, laß mich sein
    Stets wie du so fromm und rein,
    Laß mich auch so gerne schenken
    Und so gut für andre denken,
    Wie du selbst tust weit und breit
    In der goldnen Weihnachtszeit!‹
     
    ›Schön,‹ brummte Nikolaus durch den Türspalt, ›strecke jetzt noch einmal die Hand heraus!‹
    Mathildchen gehorchte, und jetzt berührte statt der Rute etwas Weiches ihre Hand, und als sie dieselbe hereinzog, hielt sie ein großes Lebkuchenherz fest.
    ›Will auch,‹ rief Georg, ›kann aber keinen Vers sagen!‹
    ›Das sollst du auch nicht, sei aber nur nicht mehr eigensinnig, sonst gibt's Schläge!‹ so brummte es wieder durch die Türe.
    Georg streckte nun auch die Hand hinaus, die erst ein bißchen mit der Rute gestreichelt wurde, dann aber ein großes Stück Anisgebacknes erhielt.
    ›Gute Nacht! Jetzt gehe ich wieder fort‹, rief der Nikolaus noch herein, dann hörte man ihn mit seinen schweren Pelzstiefeln forttappen. Im Hof aber gab es noch ein großes Geschrei, denn da hatte er der Lisette, die ihn necken wollte, tüchtig die Rute gezeigt. –
    »Jetzt aber schnell ins Bett, Kinder,« rief die Tante, »es ist die höchste Zeit!«
     

Achte Erzählung
     
Die Geschichte vom Weihnachtsmarkt
    Am Tage vor Weihnachten war das Wetter hell und klar, und der Schnee war festgefroren. Da sagte die Tante zu den Kindern: »Heute führe ich euch auf den Weihnachtsmarkt, laßt euch nur schnell die Mäntelchen anziehen und die Hütchen aufsetzen!«
    Das brauchte sie nicht zweimal zu sagen; in einem Augenblick waren die Kinder fertig, und nun ging es hinaus in den frischen, klaren Morgen. Man dachte aber gar nicht an die Kälte, denn in den Straßen war ein so geschäftiges Hin- und Herrennen, ein so hastiges Treiben, als ob der schönste Frühlingstag angebrochen wäre. Und fast ein Frühlingsanblick war es auch, als die Tante nun mit den Kindern in die Straße einbog, welche zum Markte führt. Sie hielt Georg und Mathildchen an beiden Händen und so gingen sie durch zwei lange dichte Reihen von Fichten- und Tannenbäumen aller Art, groß und klein, hell- und dunkelgrün, die sich prächtig ausnahmen auf dem weißen, funkelnden Schnee. Um die Bäume herum war ein Drängen und Schieben der Menschen, daß man kaum vorbeikonnte, und überall begegnete man Leuten, die ihre Bäume nach Hause trugen.
    »Aber, Tante,« sagte Mathildchen, »ich dachte, das Christkindchen bringt alles, und nun holen sich doch da die Menschen ihre Christbäume selbst nach Hause.«
    »Das ist wahr,« sagte die Tante, »aber du vergissest, daß sie das Christkind alle hierhergeschickt, und unsichtbar geht es jetzt mit dem Nikolaus umher und sieht und hört alles, was hier vorgeht. Es gibt jetzt so sehr viele Menschen auf der Welt, daß die beiden mit dem besten Willen nicht mehr alle Geschäfte allein fertigbringen können, und da müssen sie sich schon von den großen Leuten ein wenig helfen lassen. Verstehst du das?«
    »Ja, Tante, ganz gut«, antwortete Mathildchen, und befriedigt gingen sie weiter nach dem Markte, wo eine Bude neben der andern stand, angefüllt mit begehrenswerten Herrlichkeiten. Auch da ging es munter zu, und namentlich vor den Puppenladen standen ganze Reihen von Kindern, die zusahen, wie die Puppen sich an langen Fäden hin und her schaukelten.
    Georg und Mathildchen sperrten Mund und Nase auf, die Tante aber ging bald da, bald dort an eine Bude, sprach leise einige Worte und ließ dann geheimnisvoll etwas in ihre große Markttasche gleiten.
    »Tante, kaufe mir auch etwas,« bat Mathildchen, »die Puppe mit dem rosa Kleid möchte ich gerne haben, die gefällt mir!«
    »Mir auch kaufen, eine Peitsche!« rief Georg.
    »Ihr seid klug,« sagte die Tante, »ihr wollt also schon heute und morgen noch einmal beschert haben?«
    »Ja, Tante, recht gern!« rief das kleine, mutwillige Volk und – was wollte die gute Tante machen? Sie kaufte die Puppe und die Peitsche, und als sie erstere gerade dem Mathildchen hinreichen und in die ausgestreckte Hand geben wollte, hörte sie hinter sich sagen: »Ach, wenn doch die schöne Puppe mein wäre!«
    Sie sahen sich alle um, da stand ein Häuflein Kinder beieinander, vier oder fünf, die waren ganz blau und rot gefroren, denn sie hatten nur schlechte dünne Kleider an, und der Wind zerzauste ihre gelben unbedeckten Haare. Das Kind, welches gesprochen, war ein wenig kleiner als Mathildchen und streckte
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