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Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder

Titel: Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder
Autoren: Luise Buechner
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bleibt man in seinem Bett und läuft nicht heraus. Wie gern steckte ich mich in die Federn, wenn ich nicht für das Kindervolk die ganze Nacht arbeiten müßte.‹
    Mathildchen schmiegte sich zitternd an Christkindchen, das aber lachte nur wieder und sprach: ›Er ist nicht so böse, als er sich stellt; fürchte dich nicht. Es war freilich recht unartig und naseweis von dir, daß du aus dem Bett gelaufen bist, aber nachher bist du ohne deine Schuld heraufgekommen, das weiß ich, und weil du sonst ein braves, folgsames Kind bist, so will ich dir verzeihen und dir für die ausgestandene Angst meine schönen Sachen zeigen, und du magst dir davon auswählen, was dir gefällt!«
    Damit faßte das Christkindlein Mathildchen bei der Hand, um es im Kreis herumzuführen. Als der Nikolaus sah, daß er nichts ausrichten konnte, wollte er wenigstens sein Späßchen haben. Er griff in seinen großen Sack, nahm eine Handvoll Nüsse und Äpfel heraus und – bums – kollerte er sie dem Mathildchen zwischen die Füße, daß es vor Schrecken laut aufschrie und in eiligen Sätzen herüber- und hinübersprang. Dann bückte es sich schnell und sammelte die Nüsse und Äpfel in sein Schürzchen. Christkindchen freute sich über Mathildchens Sprünge, und auch der Nikolaus lachte in seinen langen Bart hinein, es lautete aber so sonderbar, daß man wirklich nicht recht wußte, ob er zanke oder vergnügt sei.
    Vergnügt gingen die beiden weiter. Wie soll ich es euch aber beschreiben, was Mathildchen nun für Herrlichkeiten sah? Alle die himmelhohen Tannen und Fichten, die den freien Platz umstanden, waren von oben bis unten mit den schönsten Kinderspielsachen behängt. Da hingen Puppen in roten, grünen, blauen und weißen Kleidern, mit Federhütchen auf dem Kopfe, unter denen blonde oder schwarze Locken herausquollen. Andere Puppen hatten offne lange Haare, fast wie der Struwelpeter, und warteten nur darauf, daß die kleinen lieben Mädchen, zu denen sie kommen sollten, ihnen die Haare ringeln oder flechten würden. Diese hatten auch weiter gar nichts an als schneeweiße Hemdchen, aber sie standen in einem großen Kasten, in welchem rings um sie herum ihre ganze Ausstaffierung lag. Da waren gestickte Unterröcke und Beinkleider, weiße Schlafhemden und zierliche Nachthäubchen, alle möglichen Kleider von Seide, Wolle und Musselin, dazu schöne Kragen, Mäntel, Schals, Hüte, Handschuhe, Stiefelchen und Sonnenschirme – man brauchte nur zuzugreifen. Es war ein Staat grade wie für eine große Mama oder eine erwachsene Tante.
    Für die kleinen Knaben war aber auch gesorgt, da hingen zahllose Wagen und Pferde, Kanonen und Bleisoldaten, Säbel, Trommeln und Flinten. Unten um die Bäume herum aber standen weiße Bettchen für die großen, schön eingerichtete Stuben für die kleinen Puppen und prächtige Puppenküchen mit glänzendem Geschirr von Porzellan, Kupfer und Blech. Daneben prangten Kaufläden und Festungen, Marställe für die Pferde, Schäfereien und Puppentheater – nein, der Kopf tut einem weh, wenn man nur daran denkt, wie mußte es erst dem Mathildchen beim Sehen zumute werden!
    Nachdem es sich da satt geguckt, führte es Christkindchen zu den Felsen, die zwischen den Bäumen liegen, da waren denn die niedrigsten auch wieder ganz mit Sachen für die kleinen Leute bedeckt. Da lagen Kleidchen und Hütchen, Hosen und Kittel aller Art, Mäntelchen und Kapuzen, Stiefel und Schuhe von allen Farben, am schönsten aber waren die von blaulackiertem Leder, die das Christkind erst ganz neu von Paris hatte kommen lassen. Was aber dem Mathildchen fast am meisten in die Augen leuchtete, das war ein ganzer Berg von Bilderbüchern. Gott, wie schön! Alle unartigen und alle geschickten Kinder waren da in Menge abgebildet, und ihre Geschichte stand in schönen Versen daruntergedruckt. Es bleibt jetzt gar nichts Böses mehr verborgen, was die Kinder tun; die ganze Welt kann es lesen, wenn Elischen eigensinnig und Sophiechen zornig war, oder wenn der Louis die Schwester schlägt und der Fritz nichts lernen will. Wer als ungezognes Kind in die Bilderbücher kommt, muß sich sehr schämen, aber wer als artiges darinsteht, darf sich freuen, das merkt euch wohl.
    Nun wollte aber das Mathildchen auch sehen, was vielleicht seine Mama und sein Papa, die Tante, der Onkel und die Großeltern von dem Christkindchen bekämen. Da fehlte es denn auch nicht an den wunderschönsten Sachen. Für die großen Leute war alles auf den hohen Felsen ausgebreitet,
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