Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Titel: Weihnachtsglanz und Liebeszauber
Autoren: Sissi Flegel
Vom Netzwerk:
durch den Schnee zu traben. Fury war richtig guter Laune; immer wieder warf er den Kopf hoch und schwang den Schweif übermütig durch die Luft.
    Jan hielt sich gut auf Hip Hop und passte auf, dass er Fury nicht zu nahe kam. Aber einmal, das war, als wir hintereinander durch den verschneiten Winterwald ritten, drehte er sich um und warf mir eine Kusshand zu. Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich eine Kusshand geschenkt, und wie ich so über die ersten Male nachdachte – die erste Umarmung, der erste Kuss, die erste Kusshand – kapierte ich, dass eine neue Phase in meinem Leben angebrochen war: Ich war ein Mädchen mit einem Lover!
    Dabei handelte es sich nicht um irgendeinen Kerl mit Pickeln im Gesicht und fettigen Haaren. Es war ein Wikinger! Groß und silberblond! Der Schwarm aller Mädchen von der siebten bis zur neunten Klasse.
    Mir wurde ganz schwummerig vor Glück … Bis wir über die Brücke am Zipfelbach ritten. Da fielen mir Giselberts Rese-Geschenke ein. Himmel aber auch – die hatte ich komplett vergessen! Flugs lenkte ich Fury neben Rese, die auf Schneewittchen ritt. »Was hast du gestern geschenkt bekommen?«
    »Nichts«, schrie Rese empört.
    Ich wusste es: Giselbert war ein Loser. Ohne mich war er aufgeschmissen – null Ideen, null Initiative. Ein Langweiler halt. Einer, der sein Glück nicht in die Hände nahm. Der immer geschubst werden musste. Na, dem würde ich Beine machen, aber hallo! Wenn wir die Pferde versorgt hatten, würde ich ihn sofort anrufen.
    Da wurde aber nichts draus, denn meine Ma wartete mit einem Korb voll guter Sachen. »Die sind für Sam und seine Familie. Nick, lieferst du sie gleich ab?«
    »Das kann ich erledigen«, sagte Jan. »Wenn Ally mitkommt.«
    »Ne, ne, ich mach das schon!«, rief Nick.
    Es ging noch ein bisschen hin und her, dann band Jan den Korb auf den Gepäckträger seines Rostradls und wir düsten zu dritt los, obwohl der Schnee hoch auf der Straße lag und Nick ein fürchterliches Theater machte, weil er uns um nichts in der Welt dabei haben wollte.
    Das wunderte mich. Ich war neugierig, wo Sam wohnte, und wie sich herausstellte, war das gar nicht so weit von unserem Hof ent fernt – in einem kleinen Häuschen, gleich unterhalb des Weinbergs.
    Eine Klingel gab’s nicht. Wir klopften.
    Im Haus weinte ein kleines Kind. Dann öffnete sich die Tür.
    »Hi, Sam!«, sagte Nick und stellte den Korb ab.
    Ein Mann mit einer schwarzen Krause auf dem Kopf und einer Haut wie Schokolade erschien. »Kommt rein!«
    Wir traten den Schnee von den Schuhen. Die Diele war so klein und eng, dass wir gleich ins Wohnzimmer gingen. Da stand ein Korb, in dem das weinende Baby lag – winzig, süß und schokoladebraun, aber leider mit einer Glatze wie unser Metzger.
    Die Mutter war auch klein und hatte eine Krause wie Sam und sein Vater. Das tat mir leid. Ich reichte ihr die Hand – und dann sah ich unsere nach Pferden müffelnde Decke. Sie lag auf einem durchgesessenen Sofa, und darüber, ich wollt’s nicht glauben, hing an der Wand eine ellenlange Girlande bis ums Eck herum. Unsere Girlande. Hundertpro. Komplett mit Lichterkette, ohne Birnen in kitschigen Farben.
    Ich schoss Nick einen Todesblick zu. »Du Lügner!«
    Er verdrehte die Augen und hob die Schultern. »Das musste sein. Sie konnten sich nicht mal einen Adventskranz leisten«, flüsterte er.
    Mann o Mann, und ich war abendelang durch die Stadt geradelt! »Warum hast du das mit der Girlande verschwiegen?«, zischte ich.
    »Hab’s vergessen«, murmelte er und streichelte das Baby.
    Sam und seine Eltern freuten sich mächtig über das, was meine Ma in den Korb gelegt hatte. Wir mussten unbedingt unseren eigenen Saft trinken und von den Plätzchen essen, die meine Ma gebacken hatte, obwohl es der Familie an allen Ecken und Enden fehlte. Der Tisch war garantiert vom Sperrmüll, statt Stühle standen Kisten drum herum, eine nackte Birne hing von der Decke – das Einzige, das was hermachte, war unsere Girlande. Ich kam mir richtig hartherzig vor: Hätte ich von dem Elend gewusst, hätte ich mich bei »Hilfe für den Nachbarn« ganz anders ins Zeug gelegt.
    Aber noch war es dazu nicht zu spät. Ein Plan reifte in meinem Kopf, und wie er so vor sich hinreifte, war ich mir sicher, dass Nick und Jan mitmachen würden.
    Wir verabschiedeten uns dann und radelten wieder heim in unseren Erlenhof, aber bevor ich Jan auf die Seite ziehen konnte, stand er schon in unserer Küche und berichtete meiner Ma bis auf die kleinste
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher