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Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Titel: Weihnachtsglanz und Liebeszauber
Autoren: Sissi Flegel
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Furcht.
    Zuerst mussten natürlich die Steigbügel angepasst werden. Mein Vater ließ Jan eine Hand an die Schnalle legen und hielt den Bügel an seine Achselhöhle, denn der Abstand entspricht ziemlich genau der Beinlänge. Als die Bügellänge stimmte, zog mein Vater die Gurtstrippen nach und kontrollierte, ob sie in gleicher Höhe verschnallt waren.
    »Merk dir die Länge«, schärfte er Jan ein. »Vor der nächsten Stunde erledigst du das selbst.«
    Jan nickte.
    »So«, sagte mein Vater dann. »Das ist schon mal gut. Jetzt nimmst du die Zügel in die linke Hand. Gut so. Nun legst du die rechte Hand an den Sattel und hältst dich fest; dein Rücken zeigt zum Pferdekopf, deine linke Schulter liegt an Hip Hops linker Schulter.«
    Ich sah, dass Hip Hop ungeduldig wurde. Sei geduldig!, bat ich ihn im Stillen. Hip Hop schüttelte den Kopf.
    »Du drehst jetzt den Bügel zu dir«, fuhr mein Vater fort. »Steige mit dem linken Fuß in den Bügel, stoße dich mich dem rechten ab – und hopp! Schon sitzt du im Sattel. Gut gemacht, Jan!«
    Der schaute von oben auf uns herunter. Jemand klatschte Beifall: Rese! Sie hatte sich wieder in die Halle geschlichen. »Gut gemacht, Jan!«, rief auch sie. Klar, er hatte Hip Hop nicht mit dem rechten Bein berührt, und er hatte sich auch nicht in den Sattel plumpsen lassen, wie es fast jeder Anfänger tat. Aber saß er vielleicht zum ersten Mal auf einem Pferderücken? Nein, tat er nicht.
    »Junge! Mir scheint, du hast Talent«, lobte mein Vater und zeigte ihm, wie er die Zügel zu halten hatte und dass die Ellbogen, die Zügelfaust und das Pferdemaul eine gerade Linie bilden musste.
    Jan machte alles richtig.
    Mein Vater ließ Hip Hop ein paar Schritte gehen, dann machte er »brrr«, und zeigte Jan das Absitzen.
    Als er auch das konnte, musste er das Auf- und Absitzen üben, aber als er gerade zum dritten Mal aufsaß, rief Benno ihn aus der Halle.
    »Giselberts Vater ist im Hof!«
    Mein Vater fluchte. »Der hat mir gerade noch gefehlt! Jan, du steigst so lange auf und wieder ab, bis ich zurück bin. Und Ally – sieh zu, dass Hip Hop stillhält!« Er stapfte aus der Halle.
    Hip Hop blies mir seinen Atem ins Gesicht und klopfte mit dem Huf auf den Boden: Macht hin! hieß das.
    Hip Hop knabberte an meinem Zopf – ganz klar: Ihm war todlangweilig. Er schnaubte und schlug mit dem Schwanz.
    Jan stieg mit dem linken Fuß in den linken Bügel. Er schwang das rechte Bein über den Pferderücken und ließ sich behutsam in den Sattel sinken. Dann schwang er das rechte Bein über Hip Hops Rücken, nahm den linken Fuß aus dem linken Bügel – und da passierte das, was Pferde nicht ausstehen können: Beim Absitzen trat er dem Pferd aus Versehen mit der Stiefelspitze in die Seite.
    Hip Hop warf den Kopf hoch, wieherte schrill und machte einen Satz. Vor Schreck ließ Jan die Zügel fahren. Hip Hop fand das toll und galoppierte durch die Halle. Ich rannte ihm hinterher, aber das Pferd war schneller – wie der Blitz flitzte er durch das offen stehende Tor. »Tau’n Deiwel aber auch!«, rief Jan.
    Da mein Pa auf dem Hof stand und das Pferd sofort einfangen würde, nahm ich die Flucht nicht ernst. »Wie bitte? Was hast du gesagt?«
    »Zum Teufel aber auch«, übersetzte Jan. »Was habe ich falsch gemacht?«
    Bevor ich es ihm erklären konnte, hörten wir das Gebrüll und die Schreie auf dem Hof.
    Natürlich rannten wir durchs Tor – und was ich dann sah, werde ich nie im Leben vergessen; nicht mal, wenn ich hundert Jahre alt werden und an Gedächtnisschwund leiden sollte. Ein solches Bild wie das, das sich Jan und mir bot, vergisst kein Hirn.
    Da, wo Giselberts depperter Bruder sein blödes Moped zum Stehen gebracht hatte, parkte ein dicker Geländewagen. Die Scheinwerfer waren eingeschaltet und so sahen wir, dass Benno Hip Hop eingefangen hatte und ihn am Zügel festhielt. Aber Hip Hop hatte wohl aus lauter Begeisterung über seine Freiheit nicht darauf geachtet, dass ihm jemand im Weg stand – anders war es nicht zu erklären, weshalb Giselberts Vater zwischen den Zweigen unserer Tanne lag und mein Vater ihm gerade die Hand entgegenstreckte, um ihm auf die Beine zu helfen.
    Die Tanne wurzelte tief und sicher in der Erde und hatte absolut keinen Schaden genommen. Aber Giselberts Vater ächzte, stöhnte und jammerte. Er rieb sich den Rücken, humpelte zu seinem Wagen und schimpfte auf den Sauladen hier. »Auf Ihre Hunde können Sie nicht aufpassen, und auf Ihre Pferde schon gar nicht!«
    Mein
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