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Weihnachtsengel küsst man nicht

Weihnachtsengel küsst man nicht

Titel: Weihnachtsengel küsst man nicht
Autoren: S Andresky
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schönem Ambiente? Weihnachtlich sogar? Das ist ja prima. Wissen Sie was, das daten wir gleich. Sagen wir heute Nachmittag? Dann schicke ich Ihnen das Foto per Kurier, okay?«
    Annette legte auf und war doch sehr befriedigt. Sie summte ein paar Takte von »Ihr Kinderlein kommet«, schwenkte dann über in »freu-heu-het Euch« und rief Lina an. »Maus?
Hier ist Nette. Dein Carpendale-Typ hat sich bei mir gemeldet. Er will sich noch mal mit dir treffen, klang sehr nett! Bodenständig, kein Psychopath. Ich geb dir mal die Adresse, ist allerdings etwas außerhalb. Wieso musst du da jetzt eh hin? Der Rentiertyp? Ein Geschenk? Davon weiß ich ja gar nichts. Ist aber egal, fahr hin, und sei ein bisschen Santa Baby, ja? Der Arme kann ja nichts dafür, dass du die Weihnachtsdepression hast.«
    Annette lehnte sich zurück und sah in das prasselnde Kaminfeuer. Das fügte sich ja alles ganz wunderbar. Lina und Meister würden sich in der stimmungsvollen Kulisse des Rentierhofes kennenlernen, ein Geschenk gab es auch, weiß der Geier, wo das herkam, aber egal, und dann würde das nächste Weihnachtsfest schon ganz anders aussehen. Und Annette dachte an eine lange, festlich geschmückte Tafel mit einem riesigen Puter, um den das glückliche Ehepaar saß, und natürlich ein paar kleine Engelchen, und eines davon würde bestimmt Annette heißen und einmal eine berühmte Kupplerin werden.

8
DEZEMBER

    Das Paket reichte Meister fast bis zur Hüfte. Das Ersatzteil einer Melkmaschine war darin angeliefert worden, aber von dem großen Schriftzug »Happy Kuh« war nichts mehr zu sehen. Rudi hatte den Karton mit roter Folie beklebt und mit einem breiten grünen Geschenkband umwickelt und vorne zu einer großen Schleife gebunden. Meister stand bei den Rentierboxen, die weihnachtlich mit Tannengrün und Unmengen von Misteln geschmückt waren. Rudi musste den Dorfblumenladen völlig leer gekauft haben. Anscheinend lag ihm wirklich etwas an der Weihnachtspute. Er sah noch einmal auf das Foto, das Annette ihm mit einem Kurier geschickt hatte. Übel sah sie nicht aus. Aber wieso sie mit CDs behangen war und ein
überdimensionales Mikrofon in der Hand hielt, war ihm wirklich nicht ganz klar. Vielleicht war sie ein bisschen verrückt. Meister überlegte, ob er diese Frau wirklich kennenlernen wollte. Dann fasste er einen Entschluss: Wenn sie nett verrückt war, würde sie über seine Aktion lachen. War sie aber verrückt verrückt, dann würde sie das Weite suchen. Und das wäre auch kein großer Verlust, denn er könnte weiterhin in Annettes Kartei bleiben und bei ihr vorbeisehen, einen Apfelkuchen mitbringen und sich von ihr zu einem Kaffee einladen lassen, um über seine »schwierige Vermittlung« zu sprechen. Sie war dabei immer sehr taktvoll und erzählte ihm merkwürdige Geschichten von unmöglichen Leuten, die schließlich doch noch einen Partner gefunden hatten. Er grinste.
    Annette konnte ja nicht wissen, dass er bisher jede Bewerberin vergrault hatte. Er brauchte einfach eine, die etwas aushielt. So wie Annette. Die war hartgesotten. Wahrscheinlich würde sie sogar lachen, wenn sie wüsste, dass er einmal einem Date ein Omelett mit einem Regenwurm serviert und als heimische Köstlichkeit angepriesen hatte. Ein anderes Mal hatte er sich mit
einer Frau in einem schicken Lokal getroffen, und während sie plapperte und plapperte, hatte er sich vorgebeugt und die Nase in sein Weißweinglas getunkt. Noch während er den Wein durchblubberte, war die Frau aufgestanden und gegangen.
    Meister öffnete die Plastiktüte, die er in der Hand hielt, und sah hinein. Er grinste von einem Ohr zum anderen. Was Rudi seiner Pute in das riesige Geschenk packen sollte, wusste Meister noch nicht, aber erst mal würde er das Paket für seine Zwecke nutzen. Seine Perle kam eh früher als Rudis. Er zog sich aus und schlüpfte in rote Boxershorts, die mit lauter Weihnachtsmännern bedruckt waren. Dann hängte er sich einen Bart um und setzte sich blinkende Rentierhörner auf. Als er in die Box stieg und den Deckel über sich zuzog, kicherte er und dachte an Annette.

9
DEZEMBER

    Das Schneekugel-Gefühl hielt an. Auch in Lina wirbelte alles durcheinander. Die Gedanken flogen in kleinen Fetzen in ihrem Kopf herum wie die Schneeflocken draußen. Die Scheibenwischer ihres Smarts gaben das Letzte, aber trotzdem sah sie kaum, wo sie entlangfuhr. Die vorige Ortschaft hatte sie schon eine Weile hinter sich gelassen, und Lina wurde langsam unbehaglich. Es dämmerte. Das
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