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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens
Autoren: Maeve Binchy
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meinen«, wiederholte Carl, aber sein Gesicht war hart.
    Sie alle wussten, dass Rosemary Walsh es genau so gemeint hatte, wie sie es gesagt hatte.
     
    Declan saß in der Küche im St. Jarlath’s Crescent und putzte seine Schuhe.
    »Mam, soll ich deine Schuhe auch putzen? Ich bin gerade so schön in Schwung.«
    »Nein, Declan, aber könntest du was anderes für mich tun?«
    »Was denn, Mam?«
    »Könntest du mir sagen, was zwischen dir und Fiona nicht stimmt?«
    »Wie meinst du das – was nicht stimmt?«
    »Gestern Abend hat sie mir Dimples zurückgebracht, nachdem sie zuvor mit dem Hund zehn Meilen kreuz und quer durch Dublin gelaufen ist und sich dabei die Augen aus dem Kopf geheult hat.«
    »Und hast du sie nach dem Grund gefragt?«
    »Das wollte ich nicht. Ich habe mir gedacht, dass ihr zwei vielleicht gestritten habt.«
    »Nein, haben wir nicht«, antwortete Declan.
    »Du hättest sie mal sehen müssen! Sie hat mir Dimples’ Leine in die Hand gedrückt und ist die Straße davongeschlichen wie ein geprügelter Hund.«
    Declan hatte mittlerweile mit dem Schuheputzen aufgehört.
    »Am Montag ist das alles geklärt«, sagte er mit einer Stimme wie ein Roboter.
    »Oh, Declan, wenn es was gibt, das geklärt werden muss, warum wollt ihr dann in Gottes Namen bis Montag damit warten?«, fragte Molly Carroll.
    »Weil es so abgemacht ist.«
     
    In Dunlaoghaire genossen die Menschen den Sommerabend an der Küste und machten am Kai lange Spaziergänge. Manche segelte mit ihren Jachten in die Bucht hinaus, andere suchten sich einen Platz in einem der kleinen Restaurants.
    Nur Barbara und Fiona schienen unberührt von dem leichten, sommerlichen Lebensgefühl.
    »Jetzt noch einmal zum Mitschreiben«, sagte Barbara. »Du empfindest nichts mehr für Shane. Du liebst Declan, aber du kannst Declan nicht heiraten, weil du deinem eigenen Urteilsvermögen nicht traust. Habe ich das richtig verstanden?«
    »Na ja, so könnte man das sagen.«
    »Ich habe dir jetzt eine halbe Stunde zugehört, Fiona, und bin inzwischen bei meinem zweiten doppelten Brandy angelangt. Ich kann einfach nicht verstehen,
was
du da sagst. Ich habe versucht, es zusammenzufassen. Liege ich jetzt richtig oder falsch?«
    »Im Großen und Ganzen liegst du richtig.«
    »Dann spinnst du total«, sagte Barbara.
    »Warum? Ich habe mich schon einmal gründlich getäuscht. Das könnte mir wieder passieren. Was ist daran so schwer zu verstehen?«
    »Tja, wo soll ich da anfangen?«, meinte Barbara. »Ich könnte damit anfangen, dass Shane ein wehleidiger Versager war, ein Junkie, der bei dir genau den richtigen Knopf gedrückt und dich in die Opferrolle gedrängt hat. Das war Shane, aber Declan ist Declan – verrückt nach dir, lustig, warmherzig, freundlich, klug. Du warst noch nie so glücklich und positiv wie in der Zeit, seit du ihn kennst. Du könntest beruflich alles erreichen, denn er bestärkt dich in deinem Selbstvertrauen. Aber warum erzähle ich dir das eigentlich alles und versuche, dir diesen Mann schmackhaft zu machen? Ich wette, Declan weiß nichts von alledem.«
    »Ich habe versucht, es ihm zu sagen, aber er hat nur geantwortet, dass die Vergangenheit vorbei ist. Ich glaube nicht, dass er mich richtig verstanden hat. Er hat mich versprechen lassen, vor Montag zu niemandem ein Wort davon zu sagen.«
    »Weil
er
vollkommen normal ist, deswegen. Wer kann schon deinen verdrehten Überlegungen folgen?« Barbara winkte dem Kellner, dass sie zahlen wollte. »Du wirst auf der Stelle mit ihm reden!«, sagte sie.
    »Nein, er hat gesagt – Montag. Das haben wir so ausgemacht.«
    Barbara nahm Fionas Handy, ohne lange zu fragen. »Hallo, Declan, hier ist Barbara. Fiona und ich sitzen gerade in einem Lokal in Dunlaoghaire. Kannst du herkommen?«
    Fiona machte ein Gesicht wie ein Kind, das man bei einem Streich ertappt hatte.
    »Nein,
sie
hat es mir nicht gesagt. Es ist wichtig, dass du das weißt«, fuhr Barbara fort. »Ich bin von selbst darauf gekommen. Trotzdem faselt sie immer noch was, von wegen erst am Montag. Montag! Gott, Declan, am Montag sind wir vielleicht schon alle längst tot. Könntest du bald kommen? Ich werde versuchen, sie so lange festzuhalten, bis du hier bist.«
     
    Barbara sah Declan und Fiona nach, wie die beiden sich unter die Menschen mischten, die im abendlichen Sonnenschein spazieren gingen. Sie wusste, dass keiner von beiden auch nur einen Blick für das Meer oder die kleinen Boote übrig hatte. Sie bekamen nichts um sich herum
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