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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens
Autoren: Maeve Binchy
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sagte Declan aufmunternd.
    Nur gut, dass Bobby nicht wusste, welchen Kampf Ania ausfechten musste, um Carl dazu zu bewegen, seine Mutter zu besuchen. Er wollte nämlich absolut nichts davon wissen.
     
    Fiona saß in einem Lokal direkt an der Dublin Bay, von dem aus man einen wunderbaren Blick über die Bucht hatte.
    Declan sagte oft, welches Glück sie hatten, in einer Stadt wie Dublin zu leben: einerseits pulsierende Großstadt, andererseits nur zehn Minuten vom Meer und in der anderen Richtung nur zwanzig Minuten von den Bergen entfernt. Fiona fiel auf, dass sie dachte: Declan
sagte
. Nach der nächsten Woche würde er tatsächlich der Vergangenheit angehören. Als ein Schatten auf ihren Tisch fiel, blickte Fiona auf.
    »Barbara, was treibst du denn hier?«
    »Früher, vor vielen, vielen Jahren, da hieß es mal: ›Oh, Barbara, wie schön, dich zu sehen. Setz dich doch und trink was mit mir.‹«
    »Wir sind zehn Meilen außerhalb von Dublin. Du bist doch sicher nicht zufällig hier.«
    »Du hast recht, bin ich nicht. Ich bin dir gefolgt.«
    »Du bist was?«
    »Ja, ich bin dir gefolgt. Du bist nicht nach Hause gekommen, du sprichst nicht mit mir während der Arbeit. Du bist nicht bei deinen Eltern, und bei den Carrolls bist du auch nicht anzutreffen. Habe ich denn kein Recht, zu erfahren, was los ist und wo meine Freundin sich herumtreibt?«
    »Nichts ist los.«
    »So?«
    »Nein, im Ernst, Barbara, das ist nicht fair. Du bist ja schlimmer als die anderen. Kannst du denn nicht verstehen, dass ich auch mal ein bisschen Zeit für mich allein haben will?«
    »Nein, kann ich nicht.«
    »Na, dann merke es dir. Von Freunden erwartet man sich nämlich Unterstützung und Verständnis und nicht, dass sie einen wie ein Privatdetektiv verfolgen.«
    »Raus mit der Sprache, Fiona.«
    »Nein. Ich will nicht, ich kann nicht.«
    »Wieso kannst du nicht? Wir haben uns doch früher auch immer alles anvertraut. Ich habe dir von meinem ersten Mal mit einem Mann erzählt, als ihn die vielen Sicherheitsnadeln in meiner Unterwäsche so geschockt haben, dass er fast keinen hochbekommen hätte. Und du warst großartig. Du hast das verstanden.«
    »Ich weiß, aber das hier ist was anderes.«
    »Und du hast mir das mit Shane erzählt, und ich hatte Verständnis. Wieso sollte ich dich jetzt nicht verstehen?«
    »Es geht um Shane. Es ist doch nur wegen diesem verdammten Kerl.«
    »Aber er ist
tot
, Fiona. Du musst doch wissen, dass er tot ist.«
    »Woher weißt
du
das?«
    »Ich habe es in der Zeitung gelesen.«
    »Und du hast nichts zu mir gesagt?«
    »Ich habe darauf gewartet, dass du was zu mir sagst, aber das hast du nicht, und folglich habe ich mir gedacht, dass du es einfach nicht erwähnen willst.«
    »Als ich es erfahren habe, habe ich nicht das Geringste mehr für ihn empfunden. Ich habe ihn übrigens für die Polizei identifiziert.«
    »Du hast dir tatsächlich seine Leiche angesehen? O mein Gott!« Barbara war geschockt.
    »Nein, ich habe nur die Polizei angerufen.«
    »Und was hast du dabei gefühlt?«
    »Nichts. Ich habe nichts für ihn gefühlt. Mir war es egal, ob er noch lebt oder tot ist.«
    Große Betroffenheit zeichnete sich auf Barbaras Gesicht ab.
    »Ach, jetzt setz dich, in Gottes Namen, Barbara, und trink einen Irish Coffee mit mir.«
    »Ich habe seit Wochen keinen Irish Coffee mehr getrunken. Denk an das türkisblaue Kleid, das mir eine Nummer zu klein ist.«
    »Vergiss das blöde türkisblaue Kleid. Es gibt keine Hochzeit.«
    »Dann wäre mir ein doppelter Brandy allerdings lieber«, sagte Barbara.
     
    »Mutter?«
    »Bist du das, Carl?«
    »Ja, Mutter. Du bist bald wieder ganz gesund.«
    »Es tut mir leid, Carl.«
    »Warum denn, Mutter? Es war ein Unfall.«
    »Ja. Es tut mir leid, dass ich nicht an Ort und Stelle gestorben bin, damit ihr alle so leben könnt, wie ihr wollt und ich euch nicht im Weg stehe.«
    »Ach, Mutter, du kommst wieder in Ordnung, und wir sind alle froh, dass nichts Ernsteres passiert ist.«
    »Es tut mir leid, was ich gesagt habe.«
    »Wir alle sagen manchmal Dinge, die wir nicht so meinen.« Und dabei streichelte er ihren Arm.
    »Ich wollte nicht verletzend sein«, sagte Rosemary.
    »Ich auch nicht, Mutter.«
    Rosemary schloss die Augen, und Carl verließ das Krankenzimmer.
    Vor der offenen Tür saß sein Vater im Rollstuhl, hinter ihm stand Ania.
    »Danke dir, mein Sohn«, sagte Bobby, Tränen in den Augen.
    »Nein, Dad, das ist die Wahrheit. Wir alle sagen manchmal Dinge, die wir nicht so
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