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Weg mit den Pillen

Weg mit den Pillen

Titel: Weg mit den Pillen
Autoren: Harald Walach
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Gesundheitsforschungsinstitute).
    Dazu kam etwas später im Jahre 1996 eine weitere Episode: Die kleine Tochter des Kongressabgeordneten Jim Moran hatte einen Hirntumor. Nachdem die besten Mediziner des Landes nicht mehr weiterhelfen konnten, suchte er den tschechischen Heiler Mietek Wirkus auf. Dieser behandelte das Kind in mehreren Sitzungen mit seiner Methode, die er als »bioenergetische Geistheilung« beschrieb. Der Tumor bildete sich langsam zurück und das Kind genas. 1 Moran wurde zum zweiten politischen Unterstützer des OAM und sorgte für eine Erhöhung des Budgets – anfangs
hatte das Institut ein Mini-Budget von wenigen Millionen Dollar. So entstand das National Center for Complementary and Alternative Medicine (NCCAM). Heute hat es ein Budget von ca. 120 – 150 Millionen Dollar pro Jahr, verfügt über eine große Zahl an Mitarbeitern und vergibt Projektgelder von vielen Millionen für die Erforschung der Komplementärmedizin.
    Diese Forschung hat neben anderem auch gezeigt, wie wichtig sogenannte Placeboeffekte sind. Darunter versteht man Effekte, die allein aufgrund der materiellen Eigenschaften der Intervention nicht verstehbar sind. Sie lehren uns sehr viel über Heilung und Krankheit im Allgemeinen. Und sie bilden den Keim einer stillen Revolution in der Medizin. Ich habe eine ganze Reihe placebokontrollierter Studien selbst durchgeführt und bis zur Übersättigung über solche Untersuchungen gelesen. Man lernt dabei: Placeboeffekte entlarven die Hauptdogmen der modernen Medizin – genauer gesagt der Medizin, die dem pharmakologischen Therapiemodell folgt – als reichlich fragile Konstrukte.
    Seit der Entdeckung verschiedener pharmakologisch wirksamer Substanzen seit Beginn des 20. Jahrhunderts und insbesondere des Penizillins in den 1930er-Jahren haben sich die pharmazeutische Industrie und die Pharmakologie einen nicht mehr wegzudenkenden Platz in unserer Medizin gesichert. Das damit einhergehende Credo ist scheinbar einfach und einleuchtend: Wenn wir einmal den Ursache-Wirkungs-Mechanismus einer Krankheit kennen, können wir die Ursache bekämpfen, indem wir pharmakologisch eingreifen. Der Diabetiker erhält Insulin, das der Körper nicht mehr herstellen kann. Dem Krebskranken geben wir Zytostatika, die die Zellteilung der Krebszellen behindern.
    In vielen und vor allem in akuten Fällen funktioniert dies auch hervorragend. In diversen anderen, vor allem chronischen Fällen von Krankheit funktioniert es oftmals nicht so gut, oder aber die Wirkungen werden mit hohen Kosten erkauft: Die Medikamente sind teuer und die Nebenwirkungen oft erheblich. Nebenwirkungen von Medikamenten sind mittlerweile die siebthäufigste Todesursache in den Vereinigten Staaten 2 . Momentan scheint die Stimmung
und Meinung zu sein: So ist eben die Entwicklung der modernen Medizin. Wir müssen jetzt einfach so weitermachen. Noch mehr forschen und die kausalen Pfade genauer analysieren für jeden Menschen individuell maßgeschneiderte Moleküle basteln, die in diese Pfade und eben nur in diejenigen eingreifen, die für Krankheit verantwortlich sind.
    Jeder kennt das vom Alkohol: Der eine trinkt ein Glas und ist betrunken, der andere eine ganze Flasche und ist putzmunter. Einmal abgesehen davon, dass Alkoholiker Toleranz entwickeln, gibt es vererbte und genetisch verankerte Unterschiede in der Effektivität von Enzymwegen, die Substanzen wie Alkohol und eben Medikamente abbauen oder für eine begrenzte Zeit verfügbar halten. Im Prinzip ist jeder Mensch anders, und die Pharmakologie beginnt das zu erkennen. Beim Alkohol wissen wir bald aus Erfahrung, wie viel wir vertragen. Doch wie sieht es mit einem neuen Medikament aus? Hier muss geforscht werden, theoretisch und potenziell benötigt man sogar sehr viel Forschung, um solche Dosierungsfragen sicher beantworten zu können.
    Ich bin auf das Thema Homöopathie und Komplementärmedizin durch meine eigenen Erfahrungen gestoßen. In meinem Studienort Freiburg gab es eine Gruppe von Medizinern, die den alten Dr. Gerhard Köhler zu Vorlesungen einlud und munter diese Vorlesungen besuchte. Dr. Köhler war ein homöopathischer Arzt aus der Leipziger Schule, die noch auf Samuel Hahnemann (1755 – 1843), den Begründer der Homöopathie, zurückgeht. Ich ließ mich mitziehen und war fasziniert davon. Wenn dieses Gedankengebäude und die damit verbundene Erfahrung auch nur ansatzweise richtig sind, dann muss in unserem medizinischen System irgendetwas ziemlich Grundlegendes
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