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Weg der Träume

Weg der Träume

Titel: Weg der Träume
Autoren: Nicholas Sparks
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gekauft hatte. Die Pistole lag auf dem Beifahrersitz unter einer gefalteten Zeitung, geladen und feuerbereit. Das Seitenfenster beschlug, und er wischte es mit einer Hand frei. Er brauchte ungehinderte Sicht.
    Er war am richtigen Ort, das wusste er. Jetzt musste er nur noch genau aufpassen, und wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde er handeln.
    Als ich an jenem Spätnachmittag ins Auto stieg, glühte der Himmel am Horizont in leuchtendem Orange und Rot. Es war noch kühl, aber die beißende Kälte war vorüber und die Temperaturen wieder normal. Der Regen an den vorangegangenen Tagen hatte den Schnee zum Schmelzen gebracht. Kränze und rote Schleifen dekorierten die Fenster, aber beim Fahren fühlte ich mich wie abgeschnitten von der Jahreszeit, als hätte ich sie verschlafen und müsse nun ein Jahr warten.
    Wie üblich hielt ich unterwegs nur einmal. Ich glaube, der Mann kannte mich inzwischen, denn ich kaufte jedes Mal dasselbe. Wenn er mich eintreten sah, wartete er an der Ladentheke, nickte, wenn ich ihm meinen Wunsch mitteilte, und kehrte wenige Minuten später zurück. Wir unterhielten uns nie miteinander.
    Dafür sagte er jedes Mal, wenn er sie mir gab:
    »Das sind die frischesten, die ich habe.«
    Er nahm mein Geld und legte es in die Kasse. Auf dem Rückweg zum Wagen roch ich ihren süßen, honigartigen Duft und wusste, er hatte Recht. Die Blumen waren wirklich wunderschön.
    Ich legte sie im Auto neben mich. Die Straßen, die ich entlangfuhr, kannte ich gut, aber ich hätte mir gewünscht, sie für immer vergessen zu können. Vor dem Tor hielt ich an. Innerlich gefasst, stieg ich aus dem Auto.
    Der Friedhof schien menschenleer. Ich zog die Jacke über der Brust zusammen und senkte den Kopf. Den Weg kannte ich auswendig. Der Boden war nass und lehmig. Minuten später stand ich am Grab.
    Wie üblich war ich erstaunt, wie klein es ist.
    Es war ein verrückter Gedanke, aber er überfiel mich jedes Mal. Das Grab war gut gepflegt, das Gras kurz geschnitten, und in einer kleinen Vase vor dem Grabstein stand eine Nelke aus Seide. Sie war rot, wie auch die Nelken vor den anderen Grabsteinen, und ich wusste, dass der Friedhofswärter sie hingestellt hatte. Ich beugte mich vor und legte die Blumen vor den Granit, wobei ich darauf achtete, den Stein nicht zu berühren. Das war mir wichtig. Ich hatte kein Recht darauf.
    Danach wanderten meine Gedanken in alle Richtungen. Gewöhnlich dachte ich an Missy und meine falschen Entscheidungen. An jenem Tag jedoch war ich innerlich mit Miles beschäftigt.
    Wahrscheinlich hörte ich deshalb die Schritte nicht, bis sie hinter mir innehielten.
    »Blumen«, sagte Miles.
    Beim Klang seiner Stimme fuhr Brian herum, halb erstaunt, halb erschrocken.
    Miles stand neben einer Eiche, deren Äste dicht über der Erde in die Breite strebten. Er trug einen langen, schwarzen Mantel über seinen Jeans. Die Hände steckten in den Manteltaschen.
    Brian spürte, wie er blass wurde.
    »Sie braucht keine Blumen mehr«, sagte Miles. »Du kannst damit aufhören.«
    Brian reagierte nicht. Was hätte er auch sagen sollen?
    Miles starrte ihn an. In der Dämmerung war sein Gesicht dunkel, voller Schatten, und sein Mienenspiel nicht zu erkennen. Brian hatte keine Ahnung, was er dachte.
    Miles kam nicht näher, und einen kurzen Moment lang hatte Brian den Impuls wegzulaufen. Zu fliehen. Er war fünfzehn Jahre jünger - ein kurzer Spurt würde ihn zur Straße bringen. Dort wären Autos, Menschen.
    Aber ebenso schnell erlosch das Bedürfnis wieder, und er fühlte sich jeglicher Energie beraubt. Er hatte keine Reserven mehr. Seit Tagen hatte er nichts gegessen. Er würde es nie schaffen, nicht, wenn Miles ihn wirklich schnappen wollte.
    Und wohin sollte er flüchten?
    Deshalb blieb er, wo er war. Miles stand ein paar Meter von ihm entfernt, hob den Kopf und sah ihn unverwandt an. Brian wartete auf irgendeine Bewegung, eine Geste. Vielleicht geht es Miles genauso, dachte er, und deshalb stehen wir uns gegenüber wie zwei Cowboys im Wilden Westen beim Showdown.
    Als das Schweigen zu drückend wurde, ließ Brian seinen Blick zur Straße schweifen. Ihm fiel auf, dass Miles' Wagen hinter seinem parkte. Andere Autos sah er nicht. Sie waren allein zwischen all den Grabsteinen.
    »Woher haben Sie gewusst, dass ich hier bin?«, fragte Brian schließlich.
    Miles ließ sich Zeit mit der Antwort. »Ich bin dir gefolgt«, sagte er. »Ich habe angenommen, dass du irgendwann das Haus verlässt, und ich wollte mit dir
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