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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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Abend zu ihm nach Hampstead kommen könnte.«
    Simon sah auf die Uhr. Es war fast drei. »Hm… es ist schon ziemlich spät, um heute Abend noch so einen weiten Weg auf sich zu nehmen…«
    »Sir James schickt Ihnen einen Wagen.«
    Simon war gar nicht mehr müde. Während er auf den Wagen wartete, klingelte wieder das Telefon. »Simon«, sagte Sylvias Stimme, »schläfst du schon?«
    »Nein; ehrlich gesagt, will ich gerade ausgehen.«
    »Simon… sag mal, war ich heute Abend hässlich zu dir?«
    »Ekelhaft.«
    »Na ja, ich fand dich aber auch ekelhaft.«
    [34] »Ist ja egal. Bis demnächst.«
    »Willst du dich nicht mit mir unterhalten?«
    »Kann leider nicht. Ich habe zu tun.«
    » Simon, wie meinst du das?«
    »Kann ich dir jetzt nicht erklären. Draußen wartet ein Wagen auf mich.«
    »Wann sehen wir uns – morgen?«
    »Also, ich weiß es nicht so genau. Ruf mich morgen früh wieder an. Gute Nacht.«
    Fünfhundert Meter weiter legte Sylvia den Hörer auf, erhob sich von dem Kaminvorleger, auf dem sie es sich in Erwartung einer zwanzigminütigen intimen Aussprache bequem gemacht hatte, und kroch todtraurig ins Bett.
    Simon rollte durch leere Straßen in Richtung Hampstead. Er lehnte sich angenehm erwartungsvoll im Fond des Wagens zurück. Bald fuhren sie den steilen kleinen Hügel hinauf und kamen auf ein offenes Anwesen mit Fischteich und fernen Baumwipfeln, die in der Dunkelheit so schwarz und unergründlich aussahen wie ein Dschungel. Der Nachtbutler ließ ihn in das niedrige georgianische Haus ein und führte ihn in die Bibliothek, wo Sir James Macrae in ingwerfarbenen Knickerbockern vor dem Kamin stand. Ein Tisch war zum Abendessen gedeckt.
    [35] »’n Abend, Lent. Nett, dass Sie gekommen sind. Muss meine Geschäfte erledigen, wann ich gerade Zeit habe. Kakao oder Whisky? Nehmen Sie einen Happen Kaninchenpastete, die ist recht gut. Komme selbst seit dem Frühstück zum ersten Mal dazu, was zu essen. Seien Sie so lieb, und läuten Sie nach etwas mehr Kakao. So, und weswegen wollten Sie mich sprechen?«
    »Äh, ich dachte, Sie wollten mich sprechen.«
    »So, wollte ich? Wird schon stimmen. Miss Bentham weiß da sicher Bescheid. Sie hat den Termin arrangiert. Sie könnten mal mit dem Glöckchen da auf dem Schreibtisch läuten, ja?«
    Simon läutete, und augenblicklich erschien die adrette Nachtsekretärin.
    »Miss Bentham, weswegen wollte ich Mr. Lent sprechen?«
    »Das weiß ich leider nicht, Sir James. Miss Harper ist für Mr. Lent zuständig. Als ich heute Abend zum Dienst kam, fand ich nur eine Notiz von ihr, ich soll so bald wie möglich einen Termin arrangieren.«
    »Pech«, sagte Sir James. »Dann müssen wir warten, bis Miss Harper morgen früh kommt.«
    »Ich glaube, es hatte etwas mit Schreiben für den Film zu tun.«
    »Sehr wahrscheinlich«, sagte Sir James. »Muss [36] irgend so was sein. Ich lasse es Sie unverzüglich wissen. Nett, dass Sie reingeschaut haben.« Er stellte seine Kakaotasse hin und streckte mit ungespielter Herzlichkeit die Hand aus. »Gute Nacht, mein Lieber.« Er läutete nach dem Butler. »Sanders, ich wünsche, dass Benson Mr. Lent nach Hause fährt.«
    »Bedaure, Sir. Benson ist eben zum Studio gefahren, um Miss Grits abzuholen.«
    »Pech«, sagte Sir James. »Aber Sie werden schon irgendwo ein Taxi oder so was kriegen.«
    II
    Simon kam um halb fünf ins Bett. Um zehn nach acht klingelte neben seinem Bett das Telefon.
    »Mr. Lent? Hier ist Sir James Macraes Sekretärin. Sir James’ Wagen wird Sie um halb neun abholen und ins Studio bringen.«
    »So schnell bin ich aber gar nicht fertig.«
    Nachdem sie einen Moment schockiert geschwiegen hatte, sagte die Tagsekretärin: »Gut, Mr. Lent, ich will mal sehen, ob sich eine andere Regelung treffen lässt, und rufe Sie in ein paar Minuten noch einmal an.«
    In der Zwischenzeit schlief Simon wieder ein. [37] Dann weckte ihn erneut das Telefon, und dieselbe unpersönliche Stimme sprach zu ihm:
    »Mr. Lent? Ich habe mit Sir James gesprochen. Sein Wagen holt Sie um Viertel vor neun ab.«
    Simon zog sich hastig an. Mrs. Shaw war noch nicht da, folglich fiel das Frühstück aus. Er fand noch etwas ausgetrockneten Kuchen im Küchenschrank und aß gerade davon, als Sir James’ Wagen kam. Er nahm ein Stück, immer noch kauend, mit hinunter.
    »Das hätten Sie nicht mitzubringen brauchen«, sagte eine schneidende Stimme aus dem Wageninneren. »Sir James hat Ihnen Frühstück mitgeschickt. Rasch, steigen Sie ein; wir sind spät dran.«
    In
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