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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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vor etwa vierundzwanzig Stunden mitgeteilt, dass er seit einem halben Jahr etwas mit einer anderen hat und zwar – man bedenke – nicht etwa mit seiner Sekretärin oder irgendeinem bezaubernden Geschöpf aus dem Büro, sondern mit einer verheirateten Frau, die zwei Stockwerke unter uns wohnt. Wenn das nicht spießig ist! Er betrügt mich nicht nur mit ihr, er möchte sich auch scheiden lassen.
    Tut mir leid, wenn das sarkastisch klingt. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Bestimmt dauert es nicht mehr lange, und ich muss wieder heulen. Vermutlich stehe ich nach wie vor unter Schock. Sie heißt Denise, und ich kenne sie ziemlich gut – nicht so gut wie James natürlich. Das Schreckliche ist, dass ich sie immer recht nett fand.
    Sie ist fünfunddreißig (fragen Sie mich nicht, woher ich das weiß, ich weiß es einfach. Und auf die Gefahr hin, dass es so aussehen könnte, als hingen mir die Trauben zu hoch und ich damit Ihre Sympathien verliere, sage ich, dass sie auch wie fünfunddreißig aussieht). Sie hat drei Kinder und einen netten Mann (von meinem einmal abgesehen). Offenbar ist sie aus ihrer Wohnung ausgezogen und James aus seiner (oder unserer), und sie sind zusammengezogen, niemand weiß, wo.
    Sollte man das für möglich halten?! Das reinste Rührstück! Zwar ist ihr Mann Italiener, aber ich glaube nicht, dass er die beiden umbringen wird. Er ist Kellner und kein Handlanger der Mafia, was soll er also machen? Die beiden mit schwarzem Pfeffer um die Ecke bringen? So lange vor ihnen dienern, bis sie im Koma liegen? Sie mit dem Servierwagen überfahren?
    Schon wieder könnte man sagen, ich sei sarkastisch. Das ist aber nicht so. Todunglücklich bin ich. Es ist die reinste Katastrophe. Ich weiß nicht einmal, wie ich meine Kleine nennen soll. James und ich hatten über verschiedene Namen gesprochen – im Rückblick muss ich sagen, ich hatte darüber gesprochen, und er hatte so getan, als habe er zugehört –, uns aber noch nicht entschieden. Jetzt scheint mir die Fähigkeit zu eigenen Entschlüssen abhandengekommen zu sein. Ich weiß, das ist ziemlich kläglich, aber so ist das, wenn man verheiratet ist. Mit einem Schlag ist jegliches Gefühl für Selbstbestimmung beim Teufel!
    Ich war nicht immer so. Früher hatte ich einen ausgeprägten Willen und war voller unbändigem Unabhängigkeitsstreben. Aber all das scheint ziemlich lange her zu sein.
    Ich war mit James fünf Jahre zusammen, und seit drei Jahren sind wir verheiratet. Großer Gott, und ich liebe diesen Mann.
    Auch wenn wir keinen besonders günstigen Start erwischt hatten, sind wir doch rasch dem Zauber verfallen. Wir waren uns darüber einig, dass wir uns etwa eine Viertelstunde nach unserem Kennenlernen ineinander verliebt haben. Verliebt geblieben sind wir bis auf den heutigen Tag – jedenfalls bin ich es.
    Lange war ich überzeugt, ich würde nie einen Mann kennenlernen, der bereit wäre, mich zu heiraten. Vielleicht sollte ich das etwas genauer ausführen.
    Ich war überzeugt, keinen netten Mann kennenzulernen, der bereit wäre, mich zu heiraten. Zweifellos gab es einen ganzen Haufen verrückter Kerle, die das wollten, aber ich wollte einen netten Mann, ein bisschen älter als ich, mit einem anständigen Beruf, der gut aussah, lustig und liebenswürdig war. Sie wissen schon – einen, der mich nicht schief ansah, wenn ich sagte, dass ich mir im Fernsehen gern Serien ansah, und nicht etwa einen, der mich zum Abendessen bei McDonald’s auszuführen versprach, sobald er die Mittlere Reife hatte, oder der sich entschuldigte, weil er mir kein Geburtstagsgeschenk besorgen konnte, weil sich seine Frau, von der er getrennt lebte, durch richterliche Anordnung sein Gehalt hatte überschreiben lassen. Ich wollte auch keinen, bei dem ich mir altmodisch und gehemmt vorkam, weil ich wütend wurde, wenn er mir erklärte, dass er mit seiner Exfreundin geschlafen hatte, nachdem er tags zuvor mit mir im Bett war (mein Gott, ihr früheren Klosterschülerinnen seid aber auch so was von verklemmt ), keinen, bei dem ich das Gefühl hatte, ich wäre geistig unterbelichtet, weil ich den Unterschied zwischen Piat d’Or und Zinfandel nicht kenne (was auch immer das sein mag!).
    James behandelte mich überhaupt nicht auf diese unangenehme Weise. Fast zu schön, um wahr zu sein. Er mochte mich. Er mochte fast alles an mir.
    Als wir uns kennenlernten, lebten wir beide in London. Ich war Kellnerin (davon später mehr) und er Steuerberater.
    Von allen Restaurants mit
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