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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition)
Autoren: Andreas Winkelmann
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Läden vor den Fenstern. An der linken Seite des Hauses führte eine schmale, umlaufende Veranda zur Rückseite. Eric schlich dicht an die Wand gepresst darauf entlang, bis er die dem See zugewandte Seite erreichte.
    Das kleine Holzboot war nur noch zwanzig Meter vom Steg entfernt und hüpfte auf dem aufgewühlten Wasser.
    Eric überprüfte die rückwärtige Tür. Sie war nicht verschlossen, aber der Schlüssel steckte von außen im Schloss. Er drehte ihn kurzerhand herum, ging dann rückwärts ein paar Schritte auf den Steg hinaus und zielte dabei mit Nielsens Waffe auf die beiden Fenster.
    Niemand.
    Schließlich drehte er sich um. Wind und Regen schlugen ihm direkt ins Gesicht. Geduckt und breitbeinig, die Waffe nach vorn gerichtet, ging er weiter vor und blieb ein paar Meter vom Ende des Stegs entfernt stehen. Wieder wischte er sich das Regenwasser aus dem Gesicht und starrte zu dem Boot hinüber.
    Lag darin nicht jemand flach auf dem Boden?
    Er war sich nicht sicher. Langsam schob er sich weiter vor und blickte immer wieder unruhig über die Schulter. Vielleicht war das Boot genau die Falle, mit der er rechnete, aber hier draußen auf dem Steg konnte der Wassermann sich ihm nicht nähern, ohne dass er ihn rechtzeitig sah. Und falls er es war, der da im Boot lag, würde Eric einfach darauf schießen.
    Ein heftiger Donnerschlag ließ die Planken unter seinen Füßen erzittern.
    Eric hatte Angst. Er wäre am liebsten fortgelaufen. Aber er wusste, dass dies die letzte Chance war, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Er war fest entschlossen zu töten. Für Anna Meyer, für Kathi, für sein eigenes Leben, das er erst fortführen konnte, wenn der Wassermann tot war.
    Am Ende des Stegs brachen sich unter ihm wilde kleine Wellen an den Holzpfählen. Die langen Algenfäden daran bewegten sich gespenstisch. Wie das Haar toter Frauen. Dunkel, tief und unergründlich lag der Gorreg zu seinen Füßen.
    Jetzt war das kleine Holzboot vielleicht noch zehn Meter entfernt. Von oben konnte Eric einigermaßen hineinsehen.
    Er hatte sich nicht getäuscht.
    Darin lag jemand flach auf den Boden gepresst. Und dieser Jemand trug einen schwarzen Tauchanzug.
    Er war es!
    Erics Herz begann zu rasen. Er brachte sich in Schussposition. Ein besonders guter Schütze war er noch nie gewesen, und die Bedingungen waren denkbar schlecht, aber das Boot war nicht weit entfernt, und er hatte ein ganzes Magazin zur Verfügung.
    Er visierte über das metallene Korn, begriff, dass er den Wassermann wegen des ungünstigen Winkels über die Seitenwand hinweg nicht treffen würde, und zielte direkt auf die Planken. Bei der geringen Entfernung würde das Geschoss sie durchschlagen und trotzdem noch tödlich sein.
    Er zog den Abzug durch.
    Der Mündungsknall ging unter im Lärm des Wetters.
    Holz splitterte am Bug des Bootes.
    Gar nicht schlecht, dachte Eric und zog dreimal schnell hintereinander durch.
    Die Kugeln rissen knapp oberhalb der Wasserlinie nah beieinander drei Löcher in den Rumpf des Bootes. Ob er die Person darin getroffen hatte, konnte Eric nicht erkennen. Hatte sie gezuckt?
    Er wischte sich Wasser aus den Augen und legte erneut an.
    Bevor er dazu kam, einen weiteren Schuss abzugeben, spürte er, wie das Holz unter ihm vibrierte.

40
    Manuela lief beinahe täglich sechs Kilometer, gleich nach dem Aufstehen, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Beine jemals so schwer gewesen waren wie jetzt. Es war, als versinke sie bei jedem Schritt im Schlamm, es fiel ihr unglaublich schwer, die Füße zu heben. Sie bekam nur schlecht Luft, aus den Tiefen ihrer Lunge kamen schleimig-rasselnde Atemgeräusche, außerdem dröhnte ihr Kopf, als hätte sie viel zu viel Alkohol getrunken.
    Ohne Franks Hilfe wäre sie nicht weit gekommen.
    Er hielt sie abwechselnd am Arm oder um die Taille, stützte sie, wartete auf sie, wenn sie vornübergebeugt nach Atem rang und gegen den Wunsch ankämpfte, sich einfach hinzulegen. Letztes Jahr war sie zum ersten Mal den Hamburg-Marathon gelaufen, da hatte sie nach dreißig Kilometern denselben Drang gespürt. Damals war Timmy ihr an der Strecke gefolgt und hatte im Ziel auf sie gewartet, nur deswegen hatte sie nicht aufgegeben und Schmerzen und Erschöpfung mit der Vorstellung niedergerungen, wie er sie ansehen würde, wenn sie aufgab – ihr kleiner Bruder, der seine Schwester schon immer für ihre Kraft und Entschlossenheit bewundert hatte.
    Jetzt hielt die Wut auf Stiffler sie aufrecht, und das war eine
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