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Wassergeld

Wassergeld

Titel: Wassergeld
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gedanken ungespitzt ins Parkett hauen. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis die beiden armen Beamten zu Wort kamen. KPDs Gesichtsausdruck änderte sich blitzartig in eine Schreckensmiene. Er stand wie versteinert, unfähig zu reagieren. Die zwei Kollegen, im Umgang mit spontanen, polizeilichen Aktionen trainiert, übernahmen das Kommando. Einer schrie, um gegen das immer noch aktive Sondersignal anzukommen, in den Saal: »Alle Beamten haben sich sofort in der Dienststelle einzufinden. Vor ein paar Minuten wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Südlich von Altrip ist der Deich gebrochen. Feuerwehr, Technischer Hilfsdienst, Sanitätsdienst und andere Organisationen sind ebenfalls alarmiert. In unserer Dienststelle in Schifferstadt wird die zentrale Einsatzleitung installiert. Alles Weitere erfahren Sie dort in 20 Minuten. Bitte beachten Sie: Hier handelt es sich nicht um die versteckte Kamera!«
    Die beiden Beamten verließen den Saal und wenig später wurde das Sondersignal leiser. KPD stand immer noch mit offenem Mund da, während mehrere der prominenten Gäste, vermutlich die Bürgermeister aus
Altrip und den umliegenden Gemeinden teils mit, teils ohne Partner, aus dem Saal stürmten. Und auch wir, die eben in Dienst gesetzten Beamten, liefen bereits, jedoch ohne eine Panikstimmung zu verbreiten oder den schmalen Ausgang zu verstopfen, zu unseren Wagen. Gerhard hatte mir sofort angeboten, bei ihm mitzufahren, wenn Stefanie seine Katharina zu Hause abliefern würde. Meine Frau nickte zustimmend. Nach einem kurzen Abschiedskuss war die Weihnachtsfeier Vergangenheit. Und noch bevor wir den Parkplatz erreicht hatten, gehörte dieser auch meine Krawatte an.

2. Poldergeist
    Das Wetter war noch unangenehmer geworden, da der Nieselregen in einen heftigen Graupelschauer übergegangen war. Diese angefrorenen Wassertröpfchen, die es bei uns in der Rheinebene bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt recht häufig gab, raubten jedem recht schnell die Orientierung. Mir war es egal, Gerhard fuhr.
    Mein Kollege trommelte nervös auf dem Lenkrad herum. »Das hatte ja irgendwann einmal passieren müssen.«
    »Was hätte irgendwann einmal passieren müssen?«, wiederholte ich fragend.
    »Na, dass ein Deich bricht. Rund um Altrip gibt’s immerhin ein paar Kilometer von diesen Dingern. Und wie du wissen solltest, haben wir seit zwei Wochen steigendes Hochwasser, die Hochwassermarke 1 wurde gestern erreicht. Wenn das so weitergeht, und danach sieht es aus, wird in den nächsten Tagen auf dem Rhein die Schifffahrt eingestellt.«
    »Das verstehe ich nicht. Die Deiche sind doch für das Hochwasser da. Oder habe ich in der Schule etwas verpasst?«
    Gerhard zog sich seine Krawatte ebenfalls aus. »Ja, das stimmt schon. Aber eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Gerade die Altriper Gegend bis hin nach Waldsee und Rheingönheim ist bei Hochwasser immer potenziell gefährdet. Denke nur an das Jahr 1999. Da waren wir nahe dran, große Teile des Gebietes zu evakuieren, weil das Hochwasser an mehreren Stellen überschwappte, beziehungsweise von unten das Druckwasser in die niedrig gelegenen Felder drückte. Und das sogar ohne einen Deichbruch.«
    Ich konnte mich gut daran erinnern. Äcker und Waldgebiete waren teilweise nur noch per Boot zu erreichen. Altrip, das im Innern eines Rheinknicks lag, war fast komplett von Wasser umgeben. Südlich und westlich von Altrip lagen mehrere Campingplätze von gigantischen Ausmaßen, zehntausende Camper konnte man hier jeden Sommer zählen. Aus polizeistatistischer Sicht waren diese Leute eine Katastrophe. Nicht nur, dass sich durch sie die Einwohnerzahl des Landkreises im Sommer beträchtlich erhöhte, es wurden hier stets überproportional viele Straftaten von Eigentumsdelikten bis hin zur Körperverletzung aktenkundig. Im Grunde müssten wir in der warmen Jahreszeit mehrere Beamte vor Ort nur für diese Camper abstellen, was personalpolitisch nicht durchzusetzen war.
    Ich winkte ab. »Solange es nur Sachschaden gibt, ist mir der Deichbruch allemal lieber als die Weihnachtsfeier. Ein Abend ohne KPD ist ein guter Abend.«
    Der Parkplatz unserer Inspektion war bereits gut gefüllt. Der Sozialraum noch viel mehr. In der Eile hatte man einfach die Stühle an der Rückseite gestapelt, um mehr Personen stehend in dem Raum unterbringen zu können. Hier trafen wir auch auf unsere Kollegin Jutta Wagner. Jutta war unser guter Geist, der alle Besprechungen organisierte und Protokoll führte. Ihr
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