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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hat lausige Träume, unbestimmte Wünsche, schiebt den eigenen Stress auf andere ab und macht seine Mitmenschen zu Prellböcken.«
    »Du triffst Neros Psychogramm ziemlich gut.«
    »Und du unterstehst dich und verlässt ihn! Damit das klar ist.«
    »Ich habe die Schnauze voll davon, mir unterschwellig ständig sagen zu lassen, dass mein Leben leichter ist als seins. Machst du mir noch einen Latte? Mit Karamell und Vanillezucker?«
    Claude-Yves stand auf. Während er an der Kaffeemaschine hantierte, fragte er: »Ist dir mal aufgefallen, dass Nero kaum Freunde hat? Das liegt nicht nur an seinem Job. Die Leute brechen den Kontakt zu ihm ab, weil Neros Probleme ihnen unter die Haut gehen und ihr eigenes Leben zersetzen.«
    »Warum bist du überhaupt Koch und nicht Psychotherapeut?«
    »Chérie, ein Koch ist ein Psychotherapeut. Ein leckeres Essen hat Leib und Seele seit Anbeginn der Menschheit zusammengehalten. Was nichts anderes heißt, als dass der Mensch mit seinen Gefühlen im Einklang steht.« Er stellte den Latte vor mir auf den Tisch.
    »Komm mir jetzt nicht mit Neros Trauma!«
    »Sei ein wenig großzügig. Ihr habt beide eure Verwundungen. Aber denkst du nicht, dass es schlimmer ist, den liebsten Menschen zu verlieren, als sich selbst?«
    »Vielleicht«, gab ich widerstrebend zu. »Egal. Komm zum Thema. Kröger.«
    »Kröger also nimmt Neros Konflikte allenfalls unbewusst wahr. Er sieht die Oberfläche, den Werbefilm sozusagen. Dieser ist so bunt, so grandios, zeugt von Erfolg und einem Sieg nach dem anderen. Nero hat die Fortbildungen an den LKAs ins Leben gerufen, er betreut und entwickelt sie weiter. Er hat sich selbst ein Metier geschaffen, während Kröger ein Bürohengst ist: einer, der abarbeitet, was auf der Agenda steht.«
    »Also haben wir nur ein Motiv: Neid.« Ich konnte mir nur nicht vorstellen, dass Missgunst solche Katastrophen auslösen konnte, wie wir sie erlebt hatten. Herzinfarkte, tote Hacker, krankenhausreif gewürgte Schülerinnen.
    »Wer neidisch wird, verkrampft sich. Er steigert sich immer weiter in eine selbsterfundene Story hinein, grübelt, fühlt sich minderwertig, ist ängstlich und hat schlicht keine Ahnung, dass es im Leben auf Fairness ankommt.«
    »Nero sagt oft, er könnte einfach nicht abschalten. Sein Kopf arbeitet immer weiter.«
    »Er ist genauso verkrampft. Aber auf andere Weise als Kröger. Für den sind die großen Wahrheiten einfach: Er will eine Frau, die nach was aussieht, guten Sex, einen sicheren Job und eine Gehaltserhöhung in Aussicht.«
    »Aber das hat ihm nicht mehr gereicht.«
    »Er wollte Nero nur ein klein bisschen kompromittieren. Hat Bastian auf dich angesetzt, um eine Verbindung zwischen dir und dem Defacing herzustellen, welches er ebenfalls bestellt hat: bei Bastian. Die Chance war günstig, weil Nero diesen Patch machen sollte.«
    Ich seufzte. »Allerdings hat Kröger da ein Gebräu angerührt, dessen Nebenwirkungen er selbst nicht mehr standhalten konnte. Die ganze Geschichte ist ihm über den Kopf gewachsen. Und Woncka hatte damit nicht ein Jota zu tun. Kröger hat sich nur sehr geschickt verhalten! Er war an jenem Morgen, als das Defacing passierte, als erster im Büro. Er hat sich immer als loyal und verlässlich hingestellt. Hat Nero sogar Materialien auf den Tisch gelegt, die er für seine Fortbildungen heranziehen konnte.«
    »Aber Woncka hat Nero doch angepisst, weil er Privates und Berufliches …«
    »Ja! Kröger hat ihm zwischen Tür und Angel gesteckt, dass ich einem Hacker die Biografie schreibe. So wie nebenbei. Woncka erinnert sich nicht mal an den Namen des Hackers. In all dem Gewusel im Büro hat er wohl nicht richtig hingehört und sich nur die Hauptaussage zurechtgezurrt: Hauptkommissar Kellers Lebensgefährtin rührt in der Cybersuppe!« Ich schnaubte.
    »Kröger musste auf die harte Tour lernen, dass es nicht unbedingt erlösend ist, zu bekommen, was man will. Denk nach: Könnte Kröger Neros Aufgaben erfüllen?« Claude-Yves gab sich selbst die Antwort mit einem entschiedenen Kopfschütteln. »Wie geht es Sarah?«
    »Sie hat sich erholt. Ihr Leben verdankt sie einem Penner, der Kröger von hinten in die Eier getreten ist, als er merkte, was da abging. Sarahs Meinung über die deutsche Polizei wird allerdings ihr Leben lang keine besonders hohe sein.« Ich rieb mir das Gesicht. »Sarah ist Decemwe.«
    »Ach!«
    »Cyn hat den Nickname geknackt. Decemwe – eine silbische Schreibung von DCMW.«
    »Und?«
    »Verrutsche die Buchstaben
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