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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt
Autoren: Gmeiner-Verlag
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im Alphabet. Je zwei zurück.«
    Verdattert starrte Claude-Yves mich an. »Kapier ich nicht.«
    Ich schnappte mir einen Bierdeckel und schrieb DCMW. Direkt darunter notierte ich BAKU. »Klingelt’s?«
    »Ich bin zu alt für Schreibspiele.«
    »Lass das aber nicht Juliane hören! Mit BAKU konnte Cyn nämlich nichts anfangen. Sie dachte, es wäre ein Tippfehler und sollte BALU heißen, wie der singende Petz aus dem Dschungelbuch. Juliane musste ihr auf die Sprünge helfen.«
    Bevor Claude-Yves vollkommen in der Verwirrung versinken konnte, zerknüllte ich den Bierfilz. »Baku ist die Hauptstadt von Aserbaidschan. Sarahs Heimat.«
    Still nippten wir an unseren Lattes.
    »Wusste rekinom, dass sie ihn beobachtete?«, fragte Claude-Yves nach einer Weile.
    »Er hatte keinen Schimmer. Sarah trat aus der Anonymität des Internets heraus – und wurde ein leichtes Opfer für Kröger. Er war einfach verzweifelt. « Ich schüttelte den Kopf. Irgendwie konnte ich das alles selbst nicht glauben. »Wie läuft’s mit Lydia?«
    »Sie ist in Hamburg bei ihrer Mutter. Die ist neunzig und ziemlich rabiat mit ihrer Tochter.«
    »Klingt nicht gerade erfreulich.«
    »Lydia trägt es mit Fassung.«
    »Weißt du, dass Nero mal gedacht hat, du wärst schwul?«
    Claude-Yves starrte mich an. »Dafür kriegt er eins auf die Nase, sobald er wieder auf seinen beiden Beinen stehen kann.«
    »Übrigens: Der Peugeotfahrer – das war so eine Art Faktotum, den Kröger für die Geldübergabe vorgesehen hatte. Dieser Herr durfte auch das Modem in meinem Keller installieren. Für den Fall, dass das andere Spionenauge in meinem Rechner versagt. Sein Glück, dass es an jenem Abend schneite wie irr – sonst hätte ich, als ich mit Freiflug zu Fuß nach Hause eierte, die Reifenspuren in meiner Einfahrt gesehen. Derselbe Typ hat Freiflug in der Kneipe eins übergebraten.«
    »Typisch für Kröger, dass er sich einen zweitklassigen Knilch aussucht.«
    »Weil er Peugeot fährt?«, lästerte ich.
    »Non, ma petite. Weil er einen alten Peugeot fährt.«
    Ich lachte.
    »Wie geht’s Freiflug?«, erkundigte sich Claude.
    »Er darf wieder malochen. Allerdings soll das Team langfristig total umstrukturiert werden.«
    »Woncka sollte sich irgendwo ein Landhaus kaufen und dort einen privaten Du-weißt-schon-was einrichten.«
    »Gute Idee. Ich werde es ihm zutragen!«
    »Grins nicht so anzüglich!«
    »Pardon, Monsieur!«
     
    Ich verabschiedete mich eine Stunde später mit der köstlichsten Kürbissuppe im Magen, die ich je gekostet hatte, und fuhr zur Autobahn. Der vorweihnachtliche Verkehr war enorm; es schneite. Am Airport München waren etliche Flüge gestrichen worden, und die Bahn hatte Probleme mit stillstehenden Zügen. Im Winter war das eigene Auto immer noch das zuverlässigste Verkehrsmittel.
    Mir war es egal, wie schnell ich vorankam. Ich hatte mich in Salzburg in einem Hotel einquartiert und würde die Feiertage mit Nero verbringen.
    Und dann würden wir sehen. Meinen Besuch auf der Hallig hatte ich um zwei Wochen verschoben. Das Verkehrschaos war eine perfekte Ausrede. Auf Weihnachten zu sollte es auf den Straßen sogar noch schlimmer werden.
    Ich freute mich darauf, faul auf einem Hotelbett zu liegen, Mozartkugeln zu lutschen und bescheuerte Soaps im Fernsehen anzuschauen. Ich freute mich auf die Kaffeehäuser, auf Heiligabend ohne nervige Verwandte und auf späte Frühstücksbüffets. An der Raststätte Irschenberg hielt ich an, um auf die Toilette zu gehen. Als ich an der Kasse anstand, um ein Päckchen Kaugummi und zwei Tüten Lakritz zu bezahlen, tippte mir jemand auf die Schulter. Mossbach.
    »Ach du liebes Lieschen«, entfuhr es mir.
    »Was für ein Zufall, Frau Laverde!«
    »Sind Sie unterwegs in den Skiurlaub?«
    »Exakt. Arntal, Südtirol. Und Sie?«
    »Ich fahre in so ein kleines Nest mit einem komischen Namen. Irgendwas mit öd hinten dran.«
    Er kniff die Lider zusammen, dann lachte er. »Viel Vergnügen dann. Passen Sie auf Ihre Knochen auf. Auch ein Geist kann sich ganz schön wehtun.«
    Ich starrte ihm nach. Riss die Lakritztüte auf und steckte mir eine Schnecke in den Mund. Das Zeug schmeckte einfach einmalig.
     
     
    E N D E
     
     

Nachwort
    Danke. Ja. Allen. Ihr wisst schon.
    Ein paar nützliche Einsichten, wie Hacker ticken, habe ich dem Buch ›Die Kunst des Einbruchs‹ von Kevin Mitnick und William Simon (Heidelberg 2008) zu verdanken.
     
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