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Was sie nicht weiss

Was sie nicht weiss

Titel: Was sie nicht weiss
Autoren: Simone van Der Vlugt
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großformatigen Gemälde von Guido mit seiner ersten Frau und den damals noch kleinen Kindern ein Tisch, auf dem sich edel verpackte Geschenke häufen. Lois legt ihres, das sich nun recht bescheiden ausnimmt, dazu.
    Sie sieht sich um, entdeckt aber niemanden, den sie – wenn auch nur flüchtig – kennt. In den vier Jahren, die Tessa jetzt mit Guido zusammen ist, konnte Lois aus beruflichen Gründen zu etlichen Feiern nicht kommen, sodass sie die meisten Verwandten und Bekannten des Schwagers nicht kennt. Und sie wüsste auch gar nicht, mit wem sie sich hier gut unterhalten könnte. Die Frauen tragen allesamt Designerkleider, am Arm Taschen von Luis Vuitton oder Hermès, und sie stöckeln auf Absätzen, die Lois’ zehn Zenti meter weit in den Schatten stellen. Die Männer haben Bundfaltenhosen an, dazu Pullunder über tadellos gebügelten Hemden.
    Ein Kellner mit einem Tablett voller Champagnergläser nähert sich.
    »Haben Sie auch Orangensaft?«, fragt Lois.
    »Leider nicht«, kommt es bedauernd.
    Nachdem Lois ihm mit einer Geste zu verstehen gegeben hat, das mache nichts aus, geht er weiter.
    Ein wenig verloren blickt sie sich um.
    »Ganz schön viel los hier«, sagt jemand neben ihr.
    Sie blickt zur Seite und dann nach oben, bis sie einem hochgewachsenen Mann ins Gesicht schaut. Er nippt an seinem Champagner. Sein Hemd mit Blümchenmuster fällt etwas aus dem Rahmen, ebenso der blonde Wuschelkopf unter den sorgfältig nach hinten gekämmten längeren Haaren der anderen.
    »Das kann man wohl sagen. Sind Sie mit Guido verwandt?«
    »Ein Cousin.« Er streckt die Hand aus. »Onno van Zuylen tot Velthoven.«
    Lois reicht ihm die Hand. Kurz ist sie versucht, sich als Gräfin Koks von der Gasanstalt vorzustellen, wie sie das bei Fred manchmal spaßeshalber macht, nennt dann aber ihren richtigen Namen.
    »Elzinga?«, sagt er. »Also müssen Sie Tessas Schwester sein.«
    »Bin ich.«
    »Und warum stehen Sie dann mutterseelenallein hier herum, Lois, und auch noch ohne Getränk?«
    »Weil ich so gut wie keinen kenne und außerdem Bereitschaft habe.«
    Onno mustert sie mit hochgezogenen Brauen: »Bereitschaft?«
    »Ich arbeite bei der Polizei.«
    »Das heißt, Sie können jeden Moment wegen eines Falschparkers oder einer Kneipenschlägerei weggerufen werden?«
    »Ich bin bei der Mordkommission.«
    Völlig perplex sieht er sie an. »Na so was!« Er trinkt einen Schluck. »So jemanden hatte ich mir ganz anders vorgestellt.«
    »Darf ich raten? Mit Bürstenschnitt und Damenbart?«
    »Das nun auch wieder nicht, aber Sie wirken sehr mädchenhaft und sind auch nicht sonderlich groß.«
    Lois zwingt sich zu einem höflichen Lächeln und wirft Tessa, die gerade vorbeigeht, einen Hilfe suchenden Blick zu.
    »Unterhaltet ihr euch gut?«, fragt diese. »Ein wunderbares Fest, nicht wahr? Ich glaube, es sind tatsächlich alle Eingeladenen gekommen.«
    »Alle achthundert?«
    »Na hör mal, so viele würden doch gar nicht hier reinpassen! Nein, wir haben uns auf zweihundert beschränkt.«
    »Sehr vernünftig«, sagt Lois. »Man sollte nicht übertreiben. Du hast übrigens ein tolles Kleid an, ist das neu?«
    Als hätte Lois eine Zauberformel ausgesprochen, dreht Tessa sich mehrmals um die eigene Achse und lässt ihr Kleid um die Beine schwingen.
    »Von Monique Collignon. Bildschön, nicht wahr?«
    Vor einiger Zeit noch hätte Lois vermutet, Monique Collignon sei eine Freundin von Tessa und habe ihr das Kleid geliehen, inzwischen aber weiß sie, dass es sich um eine berühmte Modedesignerin handelt.
    »Du siehst aber auch super aus, Lois. Trag doch öfter mal Kleider, darin kommt deine Figur viel besser zur Geltung. Wo hast du es gekauft?«
    »Bei Zara. Ich hab eine Ewigkeit gesucht.«
    »Steht dir wirklich gut«, sagt Tessa. »Ich leihe dir aber auch gern mal was, wenn du willst. Mein Schrank quillt über von Modellkleidern. Man kann die Sachen ja nicht zwei Mal tragen und braucht immer wieder was Neues.«
    »Du hast vollkommen recht«, sagt Lois. »Zwei Mal tragen geht auf keinen Fall.«
    »Wir Männer haben es da einfacher«, meint Onno. »Ein neues Hemd, ein neuer Schlips, und damit hat sich’s.«
    Er streckt die Hand aus, um sich noch ein Glas Champagner vom Tablett des Kellners zu nehmen. Dabei wird seine Armbanduhr sichtbar: eine Rolex Oyster, die mehrere Tausend Euro gekostet haben dürfte. Lois kennt solche Uh ren als beliebte Beute bei Überfällen auf Juweliergeschäfte, und auf der Straße ist schon manchem deswegen der
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