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Was mit Hass begann

Titel: Was mit Hass begann
Autoren: Jude Deveraux
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sollte ich nicht? Schließlich brauchte ich keinem Menschen über meine Gedanken Rechenschaft ablegen. Man würde mich ja doch nur auslachen.
    Dabei war mir durchaus klar, daß es das Dümmste war, was er hätte tun können. Wir paßten überhaupt nicht zusammen. In der ganzen Zeit hatten wir kaum jemals ein höfliches Wort miteinander gesprochen. Ausgenommen an dem einen Nachmittag. Da hatten wir wunderbaren, herrlichen, himmlischen Sex genossen, und danach hatte mich ein schöner Mann in den Armen gehalten und mir sein Herz ausgeschüttet. Sonst hatten wir uns nur dauernd gestritten. Einer konnte den anderen nicht ausstehen. Wir hatten auch sonst nichts gemeinsam. Außer vielleicht, daß ich die beiden Kinder gern gehabt hätte. Doch auch das nur rein theoretisch. Oder dachte ich etwa daran, diese lieben Kinder aus der Wildnis von Colorado, aus der reinen Luft dieses Bergstaats zu holen und sie in einem Penthaus in New York unterzubringen, wo sie zum Spielen nur eine Terrasse hatten? Natürlich ist eine in Colorado verbrachte Kindheit noch keine Gewähr dafür, daß man auch glücklich wird. Vielleicht würde den Kindern das große, schmutzige New York sogar gefallen. Oder vielleicht konnte ich nach Colorado umziehen ...
    Alle diese Gedanken konnten mich nicht aufheitern. Und warum nicht? Weil der große Cowboy mir nicht nachkam, weil er nicht vor mir auf die Knie fiel, um mir zu sagen, daß er ohne mich nicht leben könne. Statt dessen blieb er oben auf dem Berg, während ich hinabstieg.
    Unten wartete Mike. Nicht daß ich mir eingebildet hätte, er wartete auf mich. Aber er tat wenigstens so. Es gelang ihm ganz gut. Ich hatte ihm eigentlich sagen wollen, daß er mal ab und zu Sport treiben solle, aber selbst dazu war ich zu deprimiert. Gegen Kane war Mike nur ein matter Abklatsch.
    »Ich will nach Haus fahren«, sagte ich.
    »Nach Haus?«
    Mike hörte sich an wie der Idiot, für den ich Kane bisher gehalten hatte. Aber Kane war gar kein Idiot. Er war aufgeweckt, witzig, freundlich und ... und ich wünschte, er würde wirklich an diese dumme, alte Legende glauben. Meine Phantasie ging mit mir durch, und ich stellte mir vor, wie sein Vater uns mit vorgehaltener Schrotflinte zur Heirat zwingen würde, damit wir die Prophezeiung erfüllten. Aber wo findet man schon einen Vater mit Schrotflinte, wenn man mal einen braucht?
    »Ja, nach Haus«, sagte ich. »Nach New York.«
    Mike blickte zum Berg hoch, aber ich wußte, daß er seinen Bruder nicht zu Gesicht bekommen würde.
    »Wir haben uns oben schon voneinander verabschiedet.«
    »Aber...«
    Mehr fiel Mike anscheinend nicht ein. Bestimmt hatte er damals den Erwartungen seiner Eltern entsprochen und seine zukünftige Frau vor das Familientribunal gestellt. Ohne dessen Segen hätte er wohl nicht im Traum daran gedacht, sie zu heiraten. Na schön, eigentlich war es ganz gut, daß es mit Kane und mir nichts werden würde. Ich habe keinen Familiensinn, und mir hätte das alles nicht geschmeckt. »Mike«, sagte ich langsam und in einem Ton, als meinte ich es wirklich so, »fahr mich irgendwohin, wo ich diesen Staat verlassen kann! Ich will wieder an den Ort zurück, wo man seinen Mitmenschen nur das Herz aus dem Leib schneidet.« Und es ihm nicht bricht - wie in Colorado.
    Ich mußte wegschauen, weil ich mich sonst womöglich noch in dramatische Posen gesteigert hätte. Einmal mußte ich doch auch einen unaufdringlichen Abgang machen können. Ohne Krach und Koller. Ich wollte stolz und still verschwinden.
    Mike half mir, meine Sachen zu holen. Er brauchte eine Ewigkeit dafür. Ich ahnte, warum. Er wollte seinem Bruder Zeit lassen, sich die Sache noch einmal zu überlegen. Aber Kane hatte seine Entscheidung bereits getroffen. Sein Gefühl trog ihn nicht: die Entscheidung war richtig. Ich wäre eine schlechte Ehefrau für ihn geworden. Wenn ich an einem Buch arbeite, vergesse ich tagelang, Lebensmittel einzukaufen. Wenn ich kein Kindermädchen hatte, würde ich nicht einmal an die Kinder denken. Und gnade Gott dem Ehemann, der mir zu widersprechen wagte! Ich würde ihm die Zähne zeigen und genau das Entgegengesetzte von dem tun, was er von mir erwartete. Alles in allem gesehen, ist es für einen Menschen wie mich besser, wenn er allein lebt. Ich wollte frei sein. Ja, das ist es. Freiheit. Die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wie es mir beliebt. Freiheit... bedeutete aber auch, daß ich keinen habe, der über meine Witze lacht, mir meine vom Sitzen am Computer verkrampften
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