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Was mit Hass begann

Titel: Was mit Hass begann
Autoren: Jude Deveraux
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nicht scheiden lassen, und kann ja sein, daß ich eine Zynikerin bin, aber wie oft habe ich schon Ehefrauen sagen hören: »Mein Mann ist ein Schatz. Wir streiten uns nie.« Und gerade diese Ehe endeten mit einer Scheidung. Wenn eine Frau aber sagt: »Mein Mann ist ein echter Quälgeist« und sich dann über dieses Thema längere Zeit verbreitet, dann wird ihre Ehe mit Sicherheit halten. Vielleicht liegt es daran, daß man die Hoffnung nie aufgeben und trotzdem den Realitäten ins Augen schauen soll.
    Danach erzählte Kane, wie einsam er nach ihrem Tod geworden sei. Vor der Familie aber habe er seinen Kummer nicht zeigen dürfen. Alle Angehörigen hätten ihm zu verstehen gegeben: Reiß dich zusammen und denke an deine Söhne! Er würde am liebsten im verdunkelten Zimmer sitzen und tagelang heulen wie ein Schloßhund. Aber das Weinen habe seine Schwiegermutter übernommen, während er den starken Mann markieren und alle habe trösten müssen. Er habe sich mehr als einmal gefragt: Wie können sie so über ihren Tod trauern, wenn sie sich zu ihren Lebzeiten nie mit ihr gefreut hatten?
    Schließlich hatte er dann doch nicht geweint. Alle anderen hielten es nur für wichtig, daß seine Söhne wieder eine Mutter bekämen. Und Kane war nicht der Typ, der sie angeschrien und ihnen gesagt hätte, dafür würde er schon selber sorgen. Also verbiß er sich die Tränen und lebte weiter wie bisher, nur daß am Feierabend niemand zu Haus auf ihn wartete. Niemand, der über seine Scherze lachte, ihm die müden Schultern massierte und ihm Ideen vortrug. Niemand, den er lieben konnte.
    Ich weiß nicht, wie es kommt, daß die Leute ausgerechnet mir ihre intimsten Geheimnisse anvertrauen. Vielleicht weil ich interessiert erscheine. Womöglich liegt es auch daran, daß ich mich in meinen Mitmenschen einfühlen kann.
    Ich habe mal eine Episode aus Star Trek gesehen. Darin kam eine Frau vor, die ein besonderes Einfühlungsvermögen besaß. Sie erspürte die Leiden und Freuden anderer Menschen. Genauso geht es mir. Es hat wohl damit zu tun, daß ich gut zuhören kann und dann versuche, die Probleme anderer Menschen für sie zu lösen. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann führe ich es auch aus. Rein in den Tunnel und durch! Nichts kann mich dann ablenken oder entmutigen.
    Daß nicht jeder so ist wie ich, kam mir erst durch eine wirklich niederträchtige Sekretärin zu Bewußtsein. Diese Hildy gestand mir eines Tages, ihr größter Wunsch sei, Kinderbücher zu schreiben. Sie habe sogar schon eins geschrieben und brauche jetzt nur noch einen Verleger.
    Irgend etwas tickt bei mir wohl nicht richtig. Anders ist es nicht zu erklären, daß ich den Leuten alles glaube, was sie mir vorschwatzen. Da Hildy gesagt hatte, daß sie einen Verleger brauche, brachte ich einen der führenden Kinderbuchlektoren in New York unter Hinweis auf frühere Gefälligkeiten, die ich ihm erwiesen hatte, dazu, daß er sich einverstanden erklärte, ihre Geschichte zu lesen. Dann hängte ich mich drei Tage lang ans Telefon, um Hildy zu erreichen. Vergebens. Als ich sie schließlich am späten Sonntagabend erreichte, sagte sie verärgert, da ich sie nicht, wie versprochen, angerufen hätte, habe sie ihr Manuskript an einen anderen Verlag geschickt. Dort lehnte man es als zu kitschig ab, und an dem ganzen Mißerfolg wäre ich allein schuld.
    Es dauerte lange, bis mir klar wurde, was Hildy eigentlich wollte. Sie wollte weiter nichts, als ihren Mitmenschen erzählen, daß sie gern Kinderbücher schreiben würde.
    Ich pflege jedem intensiv zuzuhören. Wenn ich angsterfüllte Seufzer vernehme, biete ich meine Hilfe in vielerlei Gestalt an - und setze mich auch wirklich für sie ein. Daran liegt es vermutlich, daß die Menschen mit mir über ihre Probleme sprechen.
    Aber in welcher Weise ich Kane helfen sollte, wußte ich wirklich nicht. Vielleicht konnte ich seine Familie zusammenrufen und ihnen gehörig die Meinung sagen. Oder ich könnte seine Jungs ein Jahr oder so zu mir nehmen, damit er Muße hatte, sich seinem Kummer zu überlassen. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß er sie mir überlassen würde. Vielleicht konnte ich auch zu ihm sagen: Kane, ich kann dich jederzeit von deinem Bruder unterscheiden und passe darum besser zu dir als deine vollkommene Frau.
    Ja, und wie wir zusammenpaßten! Ein großer, gutaussehender Cowboy, der sich keine schönere Freizeitbeschäftigung denken konnte, als den Pferden den Dreck von den Hufen zu kratzen - und ich,
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