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Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter

Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter

Titel: Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter
Autoren: Elinor Ostrom Silke Helfrich
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sich an der Weide schadlos zu halten: Er fügt seiner Herde ein Schaf hinzu, dann noch eins und noch eins und so fort. So wird die Weide schnell übernutzt. Hardin war überzeugt, dass diese Dynamik so lange wirke, bis die Weide niemandes Schaf mehr ernährt. Dies sei das unvermeidliche Schicksal der Allmende, ihre Tragik.
    Das Bild der übernutzten Weide wurde seit den 1970er-Jahren unkritisch auf zahlreiche Situationen kollektiver Ressourcenbewirtschaftung übertragen. Es hielt Einzug in die Lehrbücher und prägte das Denken ganzer Studentengenerationen. Dabei wuchs die Vorstellung der»Tragik der Allmende« zum Mythos. Daran änderte auch der Kommen tar des Ökonomen Partha Dasgupta wenig, der zum maßgeblichen Abschnitt des Hardinschen Essays meint: Es sei »schwierig eine Passage vergleichbarer Länge und Berühmtheit zu finden, die so viele Fehler enthält« (P. Dasgupta, The control of Resources , 1982). Die zahlreichen Forschungen aus dem Umfeld von Elinor Ostrom haben die Grobschlächtigkeit des Tragik-Arguments erkennen lassen.
    Hardin selbst sah sich Jahre später zu Korrekturen veranlasst und bezeichnete den Essay nun genauer als Analyse der »Tragik der unverwalteten Gemeingüter«. Tatsächlich beschrieb er in seinem Essay eine Situation des ungehinderten Zugangs zu Land, das niemandem gehört. Er verwechselte Gemeingüter mit Niemandsland. Doch niemandem zugehörig zu sein, ist ganz untypisch für die Allmende.
    Eine Open-Access-Debatte anderer Art ist jene um freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet. Ein Dokument unter Open-Access-Bedingungen zu publizieren gibt jedermann die Erlaubnis, es zu lesen, herunterzuladen, zu verlinken und anderweitig entgeltfrei zu nutzen. Zudem können über freie Lizenzen den Nutzern Rechte zur Vervielfältigung, Verbreitung oder Veränderung der Dokumente eingeräumt werden.
    Inzwischen gibt es eine sehr lebendige internationale Open-Access-Bewegung. Ihre zentrale Forderung ist, dass wissenschaftliche Publikationen als Ergebnisse der öffentlichgeförderten Forschung dieser Öffentlichkeit auch kostenfrei zur Verfügung stehen sollen.
    Die bisherigen Publikationsstrukturen werden als Privatisierung des von der Allgemeinheit finanzierten Wissens betrachtet. Denn teure Fachzeitschriften, deren Inhalte meist in öffentlichen Forschungseinrichtungen produziert werden, müssen von unterfinanzierten Universitätsbibliotheken gewissermaßen zurückgekauft werden. Die Grundidee dieser Open-Access-Bewegung ist einfach: Was öffentlich war oder öffentlich finanziert ist, muss öffentlich zugänglich bleiben.
    Wissen und Code sind teilbare (nicht rivale) Ressourcen, anders als etwa Wasser und Weideland. Wer für solche Ressourcen »open access« als allgemeingültige Regel definiert, zerstört die Ressourcen nicht, sondern er trägt zum Ge deihen der Wissensallmende bei. Und: Er stellt Geschäftsmodelle infrage.
    Polyzentrische Governance
    Der Gegenpol zu Ludwig XIV. ist sozusagen: »L’état, ce n’est pas moi!« In einem polyzentrischen Governance-System (»es gibt nicht ein, sondern viele Zentren«) wird die Steuerung eines komplexen Vorgangs nicht zentralistisch diktiert und hierarchisch organisiert, sondern lokal vor Ort entschieden. Mit dem Begriff der Subsidiarität ist das Konzept nur unzutreffend beschrieben. Viele Institutionen in komplexen Allmenden überlappen sich. Wichtig ist, dass und wie sie miteinander verzahnt sind. Auch in der Biologie gibt es zahlreiche Beispiele für derartige Strategien. Sohat beispielsweise ein Sardinenschwarm keinen Kapitän und eine Formation von Zugvögeln keinen Chefpiloten. Und dennoch (oder gerade deshalb) vollbringen sie erstaunliche Kooperationen. Ähnliches gilt für erfolgreiche gesellschaftliche oder produktive Prozesse, insbesondere dann, wenn die Komplexität der Details eine zentralistische Steuerung unmöglich oder kontraproduktiv macht. Schauen Sie sich Wikipedia an oder das freie Betriebssystem GNU/Linux.
    Redundanz
    Redundanz, aus dem Lateinischen redundare , bedeutet »überlaufen«, »im Überfluss vorhanden sein«. Unter Redundanz versteht man in Systemen das Prinzip, dass der Ausfall eines Funktionselements nicht zu einem Verlust der betreffenden Funktion führt. Es existieren hierfür viele Beispiele in der Technik und in der Biologie. So sind beispielsweise das Hydrauliksystem eines Flugzeugs oder die Bremsen eines Fahrzeugs so konstruiert, dass bei Ausfall eines Systems die
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