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Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)

Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)

Titel: Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)
Autoren: Kurt Flasch
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nebeneinander. Gott hat sie bei der Erschaffung nicht aus sich herausgesetzt, denn es gibt kein Außen für die unendliche Kugel. Man sieht den geschaffenen Dingen das Nichts ihrer Herkunft an; es bleibt als ihre Grenze an ihnen erkennbar. Und doch ist jedes ein eigenes Leben, von dem es heißt, es freue sich der Wahrheit seines Wesens, und diese Freude sei sein Leben (V). Jedes ist eine Monade; jedes hat die operose Natur der Urmonade. Es holt mit seiner Tätigkeit Mögliches aus seinem Zentrum hervor und macht es zu Wirklichem. Nur ist das Sein des Geschaffenen begrenzt, dem Nichts benachbart. Seine Tätigkeit stößt auf Widerstand und Außengrenzen; es ermattet. Das Geschöpf muss Schatten aufsuchen, um sich auszuruhen. Die irdischen Dinge, überhaupt die Geschöpfe –, die als Stufen des Lebendigen beschrieben werden (XX), zu denen sternenbewegende Intelligenzen zählen, während Engel im ganzen Text nicht vorkommen – sie ertrinken nicht im Meer der Gottheit. Aber sie wenden sich auf sie zurück. Sie kehren heim. Sie erfahren dabei eine Erhöhung, auch wenn Gott ihnen dabei immer verborgener wird (VIII). ‹Rückkehr› kann hier nur bedeuten: Sie sind jetzt denkender, intensiver dort, wo sie immer waren.
    Gott ist Licht. Dieses Licht zerlegt sich nicht wie das Sonnenlicht in Sonnenschein und Lichtglanz. Es durchdringt alles. Die Brechung des Lichts ist ein irdisches, ein sekundäres Phänomen. Das göttliche Licht ist davon nicht betroffen. Es leuchtet gleichmäßig, unverändert in allem (XXIV).
    Das Verhältnis der Urmonade zur Welt ist begründet in deren Erschaffung. Gott heißt in diesem Buch ‹Erschaffer›, creator (XIII), die Welt creatura (VIII und XII). Der Verfasser verfügt über den Begriff der creatio (II), also der Erschaffung aus dem Nichts, aber er ersetzt ihn durch originelle Umschreibungen wie diese: Gott hat aus dem Kerker im Zentrum der Kugel das Nichts oder das bloß Mögliche in Etwas verwandelt (XIV). Das Erschaffen ist nicht die Wirkung der abstrakt, leer gedachten Gottheit, sondern die Selbstanwendung der dreiförmigen Wesenheit auf das Nichts: Der Urgrund als Erzeuger begründet die Existenz der Dinge; der Urgrund als der Erzeugte hält sie im Dasein als spezifisch Geprägte, wie sie der eigenen Norm entsprechen; der Urgrund als Lebensspender gibt ihnen die Dynamik der Selbsterhaltung (XXI h S. 29; hier S. 67). Die Drei-Einheit zeigt sich an Weltdingen als ihre Setzung ins Dasein, als Präsenz der Wesensidee in einem Wesen, zuletzt als Vitalität der Selbstbehauptung. Die geschaffenen Dinge haben ihre Wahrheit und, wie gesagt, freuen sie sich darüber (V h S. 11, Z. 5; hier S. 40). Das ist ihr Leben. Aber ihr Sein ist begrenzt; das Nichts ist ihnen benachbart. Sie sind aktive Lebenszentren, aber sie rühren an Grenzen und stoßen auf Widerstand, während Gottes Leben sich in ruhiger Beschäftigung mit seinem unendlich reichen Inhalt vollzieht. Als körperlich Lebendige brauchen sie das Fremde; sie verwandeln es ins Eigene und ahmen insofern die Ureinheit nach (XX h. S. 27; hier S. 65). Aber ihre Tätigkeit ist endlich, ist zählbar. Eine unendliche Zielsetzung ist ihnen unmöglich; sie wäre der Stillstand. Sie sind ein Zentrum, eine tätige Monade, aber der Weg von ihrem Zentrum zur äußeren Handlung ist endlich. Sie wirken beschränkt; sie sind dabei dem Zufall ausgesetzt, während Gott in seinem Handeln unendlich ist und reine Notwendigkeit (X h S. 16; hier S. 50). Gott ist der Gegensatz zum Nichts, aber nicht zu dem von ihm gegründeten Wesen mit eigenem Sein und eigener Wahrheit. Ihr Leben ist heiter, gaudium , aber aufgrund seiner Begrenztheit ist es auch nichtig. Es muss an seiner Selbsterhaltung arbeiten. Sie strengen sich an; sie gewinnen lebenstaugliche Dispositionen, aber sie können sich deren Dauer nicht sicher sein. Sie finden Widerstand und ermatten, fatigatio scindit vim (XIII h S. 20, Z. 4; hier S. 55).
    Der Verfasser blickt mit einer Mischung von Bewunderung und Teilnahme, fast mit zärtlicher Besorgtheit auf die irdischen Dinge: Sie sind kleine Monaden; sie schöpfen ständig aus ihrem Zentrum an die Außenseite; aber ihre Tätigkeit kann ihr Ziel nur zeitweise und eingeschränkt erreichen. Was sie hindert, ist nicht der Teufel, sondern ihre Grenze.
6. Sprache und Erkennen
    Das Buch ist kurz und auf die Definition der Urmonade konzentriert, und dennoch skizziert es in den Thesen XVI, XVII, XXI und XXIII eine Philosophie der menschlichen Sprache und
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