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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
Autoren: Michelle Hodkin
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Schritt zu halten, doch ich folgte Noah, ohne zu zögern, und schloss die Tür hinter mir ab. Er verkniff sich sämtliche Höflichkeitsgesten und ich riss die Beifahrertür auf und sprang in den Wagen. Noah setzte ihn in Sekundenschnelle rückwärts aus der Einfahrt, dann holte er eine Zeitung vom Rücksitz und ließ mir den Miami Herald in den Schoß fallen, während er im Zickzackkurs die Fahrspuren wechselte, ohne auf das nachfolgende Hupen zu achten.
    Ich las die Überschrift: TATORTAUFNAHMEN AM LETZTEN TAG DES PALMER-PROZESSES AUFGETAUCHT. Ich warf einen kurzen Blick auf die Fotos. Einige stammten vom Tatort und eines zeigte Leon Lassiter, den Klienten meines Vaters. Dann überflog ich den Artikel. Er enthielt einen detaillierten Überblick über den Fall, doch irgendetwas entging mir.
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich und konzentrierte mich auf Noahs wütenden Blick.
    »Hast du dir die Fotos genau angesehen?«
    Mein Blick wanderte abermals über die Bilder, auch wenn sie sehr verstörend waren. Zwei davon zeigten Jordana Palmers leblosen Körper im Gras; ganze Fleischstücke waren aus Waden, Armen und Rumpf herausgerissen. Das dritte war eine aus der Ferne geschossene Landschaftsaufnahme, auf der die Position und der Fundort des Leichnams mit Markierungen zu sehen waren. Der kleine Betonschuppen, in dem Noah und ich Joseph entdeckt hatten, war vom Blitzlicht in einen halbkreisförmigen Schatten gehüllt.
    Ich hielt mir den Mund zu. »Oh Gott.«
    »Ich habe sie entdeckt, als ich mir in der Mittagspause Zigaretten kaufen wollte. Ich wollte dich anrufen, aber im Haus ist niemand ans Telefon gegangen und du hast natürlich immer noch kein neues Handy. Also bin ich von der Schule direkt hierher gefahren«, erklärte er gehetzt. »Es ist derselbe Schuppen, Mara. Genau derselbe.«
    Ich dachte an Joseph und wie er auf einem Berg von Decken auf dem Zementboden gelegen hatte, an Händen und Füßen mit Bindedraht gefesselt. Und daran, dass Noah und ich fast zu spät gekommen waren, um ihn zu retten. Ihn davor zu bewahren, genauso zu enden wie Jordana. Mir drehte sich fast der Magen um vor Übelkeit.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich, auch wenn ich es bereits wusste.
    Noah fuhr sich mit den Händen durchs Haar, während er mit fast hundertfünfzig Stundenkilometern dahinraste.
    »Ich weiß es nicht. Auf den Fotos, die sie von Lassiter haben, trägt er an der rechten Hand eine Rolex. Als ich im Geist die Dokumente aus den Archiven des Collier County gesehen habe, hatte derjenige, der die Akten herauszog, die gleiche Uhr am Handgelenk«, beendete er den Satz, ehe er heftig schlucken musste. »Aber ich bin mir nicht sicher.«
    »Er hat Joseph verschleppt«, sagte ich ebenso benommen, wie ich mich fühlte.
    Noahs Miene war wie versteinert. »Trotzdem ergibt es keinen Sinn. Warum sollte er dem Kind seines eigenen Anwalts nachstellen?«
    Bilderüberfluteten meinen Kopf. Joseph, der darauf wartete, dass ihn jemand nach Hause fuhr, am Tag, an dem er entführt wurde. Meine Eltern, die angespannt darüber debattierten, dass mein Vater den Fall abgeben sollte. Mein Vater, wie er mit Lassiter sprach –
    Am selben Abend.
    »Mein Vater hatte vor, den Fall abzugeben«, erklärte ich seltsam entrückt. »Meinetwegen. Weil es mir so dreckig ging. Er hat an dem Nachmittag mit Lassiter geredet.«
    »Das ergibt immer noch keinen Sinn. Dein Vater hätte die Sache auf jeden Fall abgegeben, wenn eines seiner Kinder verschwunden wäre. Dann hätte die Richterin mit Sicherheit eine Terminverlegung angeordnet.«
    »Dann hat er sich Joseph eben geschnappt, weil er krank ist«, sagte ich und meine Stimme war nur noch ein verzerrtes Zischen. Meine Gedanken rasten, sie eilten voraus, ohne dass mein Mund mit ihnen Schritt halten konnte. Ich erinnerte mich an eine Begebenheit, bevor ich von dem Fall erfahren hatte, bevor das alles passiert war. Mein Bruder hatte sich die Wirtschaftsnachrichten angesehen, als Daniel einen nicht adressierten Umschlag aufhob.
    »Wo kommt der denn her?«, hatte er gefragt.
    »Dads neuer Klient hat ihn hier abgegeben, kurz bevor ihr gekommen seid.«
    Lassiter kannte Joseph. Er wusste, wo wir wohnten.
    »Ich bringe ihn um.« Diese schockierenden Worte kamen mir so sanft über die Lippen, dass ich mir nicht sicher war, sie laut ausgesprochen zu haben. Ich war mir nicht einmal sicher, sie wirklich gedacht zu haben, bis Noah mich ansah.
    »Nein«,sagte er verhalten. »Wir fahren jetzt zum Gericht, suchen deinen Vater
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