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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love
Autoren: Louise Doughty
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Vorhänge flimmerte und die Rufe der Samstagssäufer leise durch die Straßen um unser Haus hallten. David hieß er also. Ich dachte daran, wie ich an dem Abend im kalten Schein des grellen Neonlichts vom Tisch aufgestanden war, während er noch auf dem Hocker vis-à-vis von mir klebte. Ich musste mich an ihm vorbeidrängen, um durchzukommen – meine Hüfte hatte seine Schulter gestreift. Er hatte sich nicht zur Seite gelehnt, um mir Platz zu machen, sondern vollkommen stillgehalten. Und ich hatte mich gegen ihn gedrückt, langsam, mit voller Absicht. Mein Körper hatte seinen Körper etwas gefragt. David. Er hatte meine Telefonnummer, ich seine nicht. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
    Er rief nie an, und ich sollte ihn gut zwei Jahre lang nicht wiedersehen. Ab und zu hörte ich etwas von ihm, und immer wenn ich seinen Namen aufschnappte, fühlte es sich ein wenig so an, als flatterte etwas in meinem Magen, und ich musste an mich halten, um keine Fragen zu stellen und mir nichts anmerken zu lassen. David hatte sich mit Carole versöhnt. David und Carole hatten sich getrennt. Eine Gruppe Ingenieurstudenten, darunter er, war fast von der Hochschule geflogen wegen eines Streichs mit einem Betonmischer. Einer von ihnen hatte den Laster kurzgeschlossen, und sie waren damit losgefahren, hatten ihn dann aber nicht bremsen können, als er aufs Flussufer zusteuerte, und rausspringen müssen, um sich in Sicherheit zu bringen. Zwei Ortspolizisten standen gerade auf der Brücke und hatten zugeschaut, wie die Studenten an Land wateten.
    In meinem letzten Studienjahr hatte ich zwei Freunde, war aber nie mit dem Herzen dabei. Keiner von beiden konnte es mit dem Blick des einen aufnehmen – besser gesagt, mit meinen Tagträumen von dem einen.
    Nach meinem Abschluss blieb ich am Krankenhaus, um mein praktisches Jahr zu absolvieren. Die meisten meiner Kommilitoninnen zog es in spannendere Städte, aber ich musste Mum besuchen können. Sie war in einem Pflegeheim am Rande unserer Heimatstadt untergebracht, knapp fünfzig Kilometer entfernt – weiter weg von ihr konnte ich mir nicht leisten. Sie konnte noch mit einem Delta-Gehrad gehen, gerade noch, und ihr Physiotherapeut hielt sie dazu an, zweimal täglich vierhundert Meter zurückzulegen. Ihr Kehlkopf versagte allerdings allmählich, und ich versuchte, sie zur Benutzung von auditorischem Feedback zu überreden. Ich besuchte sie zweimal die Woche, auch dreimal, wenn es sich einrichten ließ. Das Pflegeheim war gut. »Passen Sie gut auf sich auf«, sagte die Empfangsdame immer zu mir, wenn ich mit breitem Lächeln, fröhlichem Winken und strahlendem Blick ging.
    Es war auf einer Party zum fünfundzwanzigsten Geburtstag der Freundin einer Freundin. Ich ging nur hin, weil ich mich wegen Mutter elend fühlte und mich zu Sachen zwang, die ich gar nicht machen wollte: das Prinzip des TENS -Geräts zur Schmerzbehandlung. Bei Geburten geben wir in Großbritannien Frauen ein kleines Gerät mit zwei selbsthaftenden Elektrodenpads und schlagen ihnen vor, sich während jeder Wehe in der Steißbeingegend selbst Stromschläge zu versetzen, in der Annahme, das werde sie von ihren schlimmen Unterleibsschmerzen ablenken. Mit Betty habe ich es probiert. Bei mir hat es nicht gewirkt. David sagte, ebenso gut hätte ich ihn dazu anfeuern können, mich gegen das Schienbein zu treten. Während es mit meiner Mutter immer weiter bergab ging, überwand ich mich, zu geselligen Zusammenkünften der Art zu gehen, wie sie mir zunehmend widerstrebten.
    Ich war früh dran. Erst ein halbes Dutzend Leute waren beisammen, die ich alle nicht kannte. Eine halbe Stunde, dachte ich, und ich bin hier weg. Dann sah ich ihn. Ja, das konnte nur er sein.
    Das Wohnzimmer war zu hell beleuchtet. Es gab kein Versteck, während ich ihn beobachtete. Ich bemühte mich geflissentlich, einem dieser Tetrapaks mit Plastiktülle und einem Knopf, der einen sinnigerweise auffordert: Bitte drücken , ein Glas Wein zu entlocken, und unterhielt mich angeregt mit den anderen mir unbekannten Leuten, in der Hoffnung, dass er mich erkannte, wenn ich nur lange und augenfällig genug da stehen blieb. Verstohlen gelang mir die Beobachtung, dass er mit einer kleinen, blonden Frau da war. Er musste sich zu ihr hinabbeugen, um zu hören, was sie sagte.
    Wären genügend andere Leute da gewesen, hätte ich ihn den ganzen Abend über observieren können, aber es schien keine gut besuchte Party werden zu wollen, und weil ich wusste, dass
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