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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten
Autoren: Colin Dann
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hat.«
     

 
    Bald mußten sich nun auch die Wege des Kühnen und des Friedfertigen trennen. Der Friedfertige hatte viel über die Worte seiner Mutter nachgedacht und betrachtete die Suche nach einer Gefährtin fast als eine Pflicht. Aber dem Kühnen stand der Sinn nach anderen Dingen.
    »Wie wäre es, wenn wir uns das frühere Revier des Narbigen einmal näher anschauten?« schlug der Friedfertige vor. Der Kühne wußte schon, warum. Er lächelte. »Wir haben doch noch soviel Zeit«, sagte er. »Die jungen Füchsinnen finden schon nicht alle von heute auf morgen einen Gefährten. Ich möchte mich zuerst ein bißchen in der Welt Umsehen.«
    »Du meinst, im Naturschutzgebiet?« fragte der Friedfertige. »Ja, du hast recht, es gibt noch viele Ecken, die wir noch nicht erkunden konnten.«
    »Nicht nur das Naturschutzgebiet«, sagte der Kühne ungeduldig. »Außerhalb des Parks wartet die ganze Welt auf uns. Warum sollten wir immer drinnen bleiben?«
    Verblüfft und etwas ängstlich starrte der Friedfertige den Bruder an. »Du willst den Park verlassen?« flüsterte er. »Und warum nicht?«
    »Aber die vielen Gefahren! Das ist feindliches Gebiet. Warum wohl sind unsere Eltern hierhergekommen?«
    »Feindlich!« Der Kühne lachte verächtlich. »In der letzten Zeit ist es auch hier drinnen nicht sehr friedlich zugegangen! Und außerdem, wenn ich den Park verlassen kann, kann ich ihn auch jederzeit wieder betreten.«
    »Wenn du dann noch lebst«, sagte der Friedfertige.
    »Ach, übertreib nicht«, sagte der Kühne. »Ich glaube einfach nicht, daß man sein Leben schon aufs Spiel setzt, wenn man nur durch den Zaun schlüpft.«
    Lange blickten sich die beiden jungen Füchse an, denn beide wußten, daß sich hier ihre Wege trennten. »Also...« begann der Kühne.
    »Wir sehen uns doch wieder?« fragte der Friedfertige. »Natürlich, alter Knabe«, sagte der Kühne. »Ich verschwinde ja nicht einfach vom Erdboden.«
    Der Friedfertige nickte. »Paß auf dich auf«, flüsterte er.
    »Du auch.«
    So standen sie noch einen Augenblick und gingen dann ohne ein weiteres Wort ihrer Wege. Der Friedfertige machte sich halbherzig zum Bach auf, der Kühne aber rannte zielstrebig und kräftig in die andere Richtung. Er schnupperte und fiel dann in leichten Trab. Seine Augen suchten nach der Parkgrenze vor ihm.
    Der Friedfertige wurde von der Abenddämmerung überrascht, bevor er noch weit gekommen war, und so entschloß er sich, erst einmal etwas für sein Abendessen zu tun. In einem Punkt hatte der Kühne recht: sie hatten wirklich viel Zeit, ehe sie sich nach einer Gefährtin umsehen mußten. Als er gefressen hatte, suchte er sich einen Schlafplatz. Lustlos war er und einsam dazu, aber jetzt gab es keinen Weg zurück in den Bau seiner Eltern. Nicht einmal mehr die Schöne war da. Sie und Stromer suchten nach einem Platz für ihr eigenes Zuhause. Er gähnte einmal, zweimal und rollte sich dann zusammen, legte den Kopf auf den Schwanz und lauschte den Geräuschen der Nacht. In ein paar Minuten war er eingeschlafen.
    Der Kühne lief immer weiter, war fast trunken vor Freude über seine Unabhängigkeit und durchlief den Park, durch das grasende Rudel der Weißen Hirsche hindurch und zum Zaun, der die Grenze zur Freiheit war. Dann suchte er entlang des Zaunes nach einem Loch. Endlich hatte er eines gefunden und zwängte sich durch. Jetzt stand er still und beroch die Luft auf der Schwelle zu einer neuen Welt. Seine Ohren waren gespitzt, damit er auch das leiseste Geräusch erfassen konnte. Aber noch nahm er keine fremden Gerüche wahr, hörte keine unbekannten Geräusche. So lief er weiter durch die Nacht.
    Früh am nächsten Morgen erwachte der Friedfertige und fand die Schöne und Stromer über ihn gebeugt. Er kam hoch, wedelte zur Begrüßung mit dem Schwanz und schüttelte sich kräftig.
    »Stromer und ich suchen nach einer Stelle für unseren Bau«, erklärte die Schöne. »Wir wollen über den Bach und dort weitersuchen, kommst du mit?«
    »Vielleicht findest du dort auch etwas«, fügte Stromer lächelnd hinzu.
    »Ja, gern«, sagte der Friedfertige. »Das ist für mich eine ganz neue Gegend.«
    »Hast du den Kühnen gesehen?« fragte die Schöne.
    »Ja. Eine Zeitlang war er noch bei mir, dann wollte er noch weiter die Gegend erforschen.«
    Aus irgendeinem Grund — vielleicht aus brüderlicher Treue —  erwähnte er nichts von des Kühnen Absicht, das Naturschutzgebiet zu verlassen.
    Die Schöne nickte. »Er ist sich selbst
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