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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Autoren: Florencia Bonelli
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ging ins Haus, ohne auf sie zu warten.
    In seinem Zimmer fand Aldo keinen Schlaf. Die Hitze, die Stechmücken und die zu weiche Matratze trieben ihn schließlich wieder aus dem Bett. Er war unruhig, seine Gedanken sprangen von einem Thema zum nächsten. Er steckte sich eine Zigarette an und trat ans Fenster, um zu rauchen. Wie hatte die Verbindung mit Dolores nur plötzlich so beengend werden können? Geblendet von ihrer Schönheit, hatte sie ihn auch mit ihrer guten Erziehung und ihrem feinen Auftreten für sich eingenommen. Nun, da der erste Rausch verflogen war, war ihm ihre Nähe zutiefst unangenehm.
    Ein Rascheln im Park, das Knacken trockener Zweige überlagerte die gewohnten Geräusche. Aldo sah aus dem Fenster. In der Dunkelheit war eine weiße Gestalt zu erkennen, die dem Mirador entgegenzuschweben schien. Ihm kamen die Geschichten von verlorenen Seelen und Gespenstern in den Sinn, die Don Cívico ihm erzählt hatte, als er ein Kind war. Die unheimliche Erscheinung blieb an der Balustrade des Aussichtspunktes stehen und verschwand dann zwischen den Büschen, hinter denen das Schwimmbecken lag. Er löschte die Zigarette, warf den Morgenmantel über und verließ das Schlafzimmer.
    Schnellen Schrittes durchquerte er den Park. An der Treppe zum Schwimmbad nahm er immer zwei Stufen auf einmal. Das Gespenst hatte sich in eine schöne Frau verwandelt, die prüfend den Fuß ins Wasser tauchte und leise eine Melodie summte. Er kauerte sich hinter die Büsche und beobachtete sie bei ihrem Bad im Mondschein. Dieses übernatürliche und doch irdische Geschöpf, das dort anmutig seine Bahnen zog, verzauberte ihn und ließ ihn all seine Sorgen vergessen. Ihm stockte der Atem, als die Unbekannte den Badeanzug abstreifte und sich in den weißen Morgenmantel hüllte. Als sie die Kapuze hochschlug, verwandelte sie sich wieder in den Geist, der ihn hergelockt hatte und der nun in dem dunklen Laubengang verschwand.

2. Kapitel
    In der nächsten Nacht ging Francesca trotz der Einwände ihrer Mutter erneut zum Schwimmbecken. Es war ein Nervenkitzel, den sie seit Kindertagen Jahr für Jahr wiederholte. Anfangs hatte sie es getan, um sich gegen Señora Celias Autorität aufzulehnen. Mittlerweile lockten sie der Zauber der Nacht und die Ruhe, die sie dabei fand. Bevor sie schwimmen ging, verbrachte sie einige Minuten damit, das silbern spiegelnde Mondlicht auf dem Wasser zu betrachten. Myriaden von Glühwürmchen schwebten in den Büschen, ein Schauspiel, das sie gut kannte und das sie stets aufs Neue faszinierte. Das ferne Quaken der Frösche vermischte sich mit den Schreien der Käuzchen. Auch die Kröten waren unterwegs und wagten sich bis in die Nähe des Schwimmbeckens vor. Francesca ekelte sich zwar vor ihnen, störte sie aber nicht, denn Don Cívico hatte ihr erklärt, wie nützlich sie bei der Schädlingsbekämpfung waren.
    Das Wasser hatte sich im Laufe des heißen Tages angenehm erwärmt. Sie ging vom Flachen aus immer tiefer, um schließlich ganz unterzutauchen und sich mit geschlossenen Augen treiben zu lassen. Als sie wieder auftauchte, rauschte es in ihrem Kopf, und es dauerte ein paar Sekunden, bis sie die nächtlichen Geräusche wieder wahrnahm. Dann zog sie ihre Bahnen, wobei sie sich immer wieder auf den Rücken drehte, um den Himmel zu betrachten, der ihr wie eine riesige dunkle Kuppel erschien. Sie tauchte erneut quer durch den Pool, und als sie in der Nähe der Leiter wieder an die Oberfläche kam, entdeckte sie dort zwei Füße, die auf sie warteten. Sie sah an der Gestalt hoch, die dort stand, und blickte in die Augen von Señor Aldo. Außer Atem von der Anstrengung und mit rasendem Herzen brachte sie kein Wort heraus.
    »Hallo«, sagte Aldo. Francesca konnte nicht erkennen, ob es sarkastisch oder freundlich gemeint war.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte sie. Die Frage klang unverschämter, als sie es beabsichtigt hatte.
    »Das sollte ich dich fragen, findest du nicht?«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Francesca und stieg aus dem Pool.
    Aldo sah ihr hinterher, als sie an ihm vorbeiging, um ihren Bademantel zu holen. Aus der Nähe sah sie noch schöner aus. Francesca zog sich an, schlüpfte in die Pantoffeln und wollte zum Park gehen. Aldo stellte sich ihr in den Weg, bevor sie die Treppe erreichte.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte er.
    »Wissen Sie, Señor«, antwortete Francesca, »vielleicht entlässt Ihre Mutter ja jetzt meine Mutter und ich kann sie endlich mit zu mir nehmen.«
    »Was redest du
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