Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
»O Gott!« flüsterte er, auf einem Bein kniend. Die Leiche hob sich ein wenig und sank dann wieder wie ein sich ausruhender Schwimmer auf den sich kräuselnden Wellen. »Was, zum Teufel, ist passiert? Maud, alles in Ordnung mit dir?«
    Sie hielt das Buch und das Kleid fest an sich gepreßt und sagte: »Wo sind die Bullen, wenn man sie mal braucht? Er war’s, von Anfang an. Wade hat sie alle umgebracht.«
    »Mein Gott«, flüsterte Sam. Dann legte er die Hände auf ihre Schultern. »Ich muß mein Funkgerät holen. Maud?«
    Sie nickte bloß, stand einfach da und schaute weg, zu den Booten hinüber und zu den Partygästen, die jetzt auf das Dock zuschlenderten. Schläfriges Gelächter driftete über den See.
    Sam war wieder da und zog seine Lederjacke aus. »Was, zum Teufel, ist passiert?«
    »Du bist der Boß; find’s selber raus. Was tust du eigentlich?« Sie schüttelte die Jacke von ihren Schultern. »Warum, zum Teufel, schmeißen Männer den Frauen immer ihre Mäntel hin? Du siehst zu viele Filme.«
    »Erzählst du es mir jetzt? Was ist passiert?«
    »Ich mußte ihn ja reinschubsen, oder? War ja sonst keiner da, um ihn reinzuschubsen. Hier - hier ist ihr Kleid.« Bevor Sam reagieren konnte, sagte Maud streng: »Erzähl mir nichts davon; ich will’s nicht hören.« Dann starrte sie auf die alten Bretter zu ihren Füßen. »Was ist mit ihm - was ist mit ihrem Sohn? Es ist nicht fair, wenn er es von seinem Vater erfährt.« Mauds Schultern begannen zu zittern, und sie spürte, wie ihr Gesicht brannte und anschwoll, so als kündige sich eine Flut von Tränen an. »Es ist nicht fair, wenn er es von seinem Vater erfährt. Es ist mir egal, daß sie meinte, gehen zu müssen; sie war eine gute Mutter.« Gleich würde sie anfangen zu wimmern, zu heulen.
    »Ich hab mir gedacht, ich fahr vielleicht hoch«, sagte Sam ruhig, «um’s ihm vielleicht selber zu sagen.«
    Beide schwiegen. Gereizt sagte sie:» Du wirst’s nicht richtig machen. Du bringst es fertig und legst ihm den Autopsiebericht vor.« Sie wandte sich ab und schaute hinüber zu den kleinen Booten, die inzwischen weniger geworden waren.
    »Ich hab mir gedacht, du könntest vielleicht mitkommen.«
    Maud sog die Nachtluft ein, blies die Backen auf, ließ sie wieder entweichen. »Tja...« Einen sehr langen Augenblick lang schaute Maud über den See. Die Lampions glühten noch immer schwach. »Heißen sie wirklich Raoul und Evita? Ich wette, du hast gelogen.«
    Sam zuckte zusammen. »Um Himmels willen, Maud. Wade Hayden ist grade - du warst hier gerade hautnah mit einem Killer zusammen, Maud. Wen interessieren denn Raoul und Evita? Komm jetzt. Gehen wir rauf zum Haus.«
    »Danke, danke.« Sie schüttelte seinen Arm ab, wie sie die Jacke abgeschüttelt hatte.
    »Mein Gott, bist du mies gelaunt. Du bist sauer, weil ich nicht zurückgekommen bin.«
    Maud ignorierte das. »Ich nehm an, du kriegst Urlaub. Zu guter Letzt hast du den Fall doch noch gelöst. Wenn’s auch in Wirklichkeit ich war.« Sie seufzte und begann aufs Haus zuzugehen. »Kommt mein Bild in die Zeitung?« fragte sie über die Schulter zurück.
    Sam holte sie wieder ein. »Ich denke schon.«
    »Wenn wir Frau Dr. Hoopers Sohn besucht haben, will ich zur Universität fahren und Chad besuchen. Damit er sieht, daß ich noch lebe.« Sie klang ziemlich stolz.
    Chad. Sam hatte Chad ganz vergessen. Er hielt inne und schaute zum Nachthimmel hinauf, der sich am Horizont nun allmählich purpurn färbte. War es schon so spät? Dämmerte es schon?
    »Hör zu, Maud. Ich hab mit Chad gesprochen. Er hat angerufen, um zu sagen, daß er heute nach La Porte zurückfährt.«
    »Was? Was soll das heißen ›fährt zurück‹? Er hat kein Auto. Und warum sollte er überhaupt? Er ist in Belle- «
    »Belle Harbor, ich weiß. Tja, er hat aus Meridian angerufen. Er hat sich den Wagen seines Freundes ausgeliehen.«
    Ungeduldig sagte sie: »Meridian? Was hat er in Meridian verloren?«
    »Hab ich doch eben gesagt, oder? Er hat von dort angerufen.«
    »Das erklärt immer noch nicht, warum er nach Hause kommt.«
    Sam dachte einen Moment lang nach, während er ihr seine Jacke um die Schultern zu legen versuchte und sie herumzappelte wie diese blinde schwarze Katze, die verstohlen am Pierende herumschlich. »Er hat seine Bücher vergessen.«
    Maud schüttelte die Jacke ab. »Oh, verdammt noch mal. Deswegen würd er nicht die ganze Strecke zurückfahren; er würde sie sich schicken lassen. Und er kann sowieso nicht lesen. Es ist nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher