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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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verklagen. So stellten sie denn einen Klageantrag und beschuldigten den genannten König des Landes. Und der Tyrann fällte das Urteil und verdammte ihn zur Folter, wenn er ihnen nicht das goldene Haus beschaffte.
    Sie folterten ihn, hängten ihn an den Wippgalgen. Sie schütteten ihm brennenden Talg auf den Unterleib. An jedem befestigten sie eine Kette, deren anderes Ende an einem Pfahl befestigt war, und der Hals war an einem weiteren Pfahl angekettet, und zwei Männer hielten ihm die Hände fest, und so zündeten sie nun ein Feuer unter seinen Füßen an. Und von Zeit zu Zeit ließ sich der Tyrann sehen und sagte, mit diesem Foltern müsse er ihn nach und nach töten, wenn jener ihm nicht das Gold gebe. Und so führte er es auch aus und peinigte den genannten Herrscher zu Tode.
    Die in Mexiko perfektionierte Eroberungsstrategie und ihre Institutionen wurden in anderen spanischen Kolonien begierig übernommen. Nirgendwo wurden sie wirkungsvoller eingesetzt als bei Pizarros Eroberung von Peru. Dazu de las Casas am Anfang seines Berichts:
    Im Jahre 1531 zog ein anderer großer Tyrann mit einigen Männern in die Königreiche von Peru, und dorthin kam er mit dem gleichen Rechtsanspruch, der gleichen Absicht und den gleichen Grundsätzen wie alle seine Vorgänger.
    Pizarro marschierte von der Küste unweit des peruanischen Ortes Tumbes nach Süden. Am 15. November 1532 erreichte er die Gebirgsstadt Cajamarca, wo der Inkaherrscher Atahualpa mit seinem Heer lagerte. Am folgenden Tag näherte sich Atahualpa, der gerade seinen Bruder Huáscar im Kampf um die Nachfolge ihres verstorbenen Vaters Huyana Cápac besiegt hatte, mit seinem Gefolge dem spanischen Lager. Atahualpa war wütend, da ihm gerade mitgeteilt worden war, welche Gräueltaten, zum Beispiel die Schändung eines Tempels für den Sonnengott Inti, die Spanier bereits begangen hatten. Was dann geschah, ist gut bekannt: Die Spanier stellten Atahualpa eine Falle, töteten seine Wächter und Gefolgsleute, nicht weniger als rund zweitausend, und nahmen den König gefangen. Um freigelassen zu werden, musste Atahualpa versprechen, einen Raum mit Gold und zwei weitere von denselben Ausmaßen mit Silber zu füllen. Dies tat er, doch die Spanier brachen ihr eigenes Versprechen und erwürgten ihn im Juli 1533.
    Im November eroberten sie die Inkahauptstadt Cusco, wo der Aristokratie Ähnliches widerfuhr wie Atahualpa: Die Männer wurden inhaftiert, damit sie Gold und Silber herbeischaffen ließen. Als sie die Forderungen nicht erfüllen konnten, wurden sie bei lebendigem Leibe verbrannt. Die Spanier entfernten das Gold an den großen Kunstschätzen von Cusco, etwa dem Tempel des Sonnengottes, und schmolzen es zu Barren. Danach konzentrierten sie sich auf die Bevölkerung des Inkareiches. Wie in Mexiko wurden die Bürger encomiendas zugeteilt, wobei den Konquistadoren, die Pizarro begleitet hatten, jeweils eine zufiel.
    Die encomienda war die Hauptinstitution, mit der man die Arbeit in der frühen Kolonialzeit kontrollierte und organisierte, doch bald entwickelte sich ein dynamisches Konkurrenzsystem. 1545 suchte ein Ortsansässiger namens Diego Gualpa hoch oben in den Anden (im heutigen Bolivien) einen Eingeborenenschrein. Er wurde von einer Windbö zu Boden geworfen und sah eine Silberader vor sich. Sie war Teil eines mächtigen Silberbergs, den die Spanier El Cerro Rico (»Reicher Hügel«) tauften. Um ihn herum entstand die Stadt Potosí, die auf ihrem Höhepunkt im Jahr 1650 rund 160000 Bewohner hatte und damit größer war als das damalige Lissabon oder Venedig.
    Um das Silber abzubauen, benötigten die Spanier Bergleute – eine Menge Bergleute. Sie entsandten einen neuen Vizekönig, ihren Hauptkolonialbeamten Francisco de Toledo, der die vorrangige Aufgabe hatte, das Arbeitsproblem zu lösen. De Toledo, der 1569 in Peru eintraf, verbrachte zunächst fünf Jahre damit, herumzureisen und sein neues Gebiet zu erforschen. Außerdem ließ er die gesamte Erwachsenenbevölkerung erfassen. Um die erforderlichen Arbeitskräfte zu finden, ließ de Toledo fast alle Einheimischen in reducciones (»Zurückführungen«) umsiedeln, was die Ausbeutung der Arbeiter durch die spanische Krone erleichtern sollte. Dann führte er ein Arbeitssystem der Inka wieder ein, das als mita bekannt war (dies bedeutet in der Inkasprache Quechua »Arbeitstribut«). Unter dem mita -System hatten die Inka Zwangsarbeiter zum Betreiben von Plantagen eingesetzt, die Lebensmittel für die Tempel, die
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