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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
Autoren: Richard David Precht
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dachten die Engländer gleich an ihre Lieblingsprinzessin Diana. Die Engländer liebten sie so sehr, dass sie sie die » Königin der Herzen« nannten. Nun ja, und ein Affe, der so hieß wie ihre Lieblingsprinzessin, erschien den englischen Zoobesuchern auf einmal überhaupt nicht mehr hässlich, sondern ganz, ganz edel. Dabei war der Affe gar nicht nach der Prinzessin Diana benannt worden, sondern hieß schon seit über hundert Jahren so. Aber daran dachten die Zoobesucher gar nicht. Stattdessen dachten sie: Eine » Diana-Meerkatze« – was für ein tolles und sympathisches Tier …
Kannst du dir das vorstellen, Oskar, dass es eine ganz große Rolle spielt, wie die Tiere heißen?
Ja, zum Beispiel, ob man » Gaul« sagt oder » Ross«, das hört sich ganz anders an. Beim Gaul denkt man an ein hässliches Pferd und beim Ross an ein edles.
Stimmt. » Der König sitzt auf einem Ross« hört sich anders an als: » Der König sitzt auf einem Gaul.«
Salamander klingt auch schöner als Molch!
Ja, obwohl beides fast das Gleiche ist. Salamander klingt wie ein persischer Prinz, und Molch klingt nach Matsch.
    So überlegten wir eine Weile vor uns hin und schlenderten dabei durch den Zoo. Mit der Zeit fingen wir an zu blödeln und zu reimen. Und am Ende fertigten wir daraus sogar ein kleines Gedicht:
    Der Reiher steht an einem Weiher
    Die Kröte legt Laich in den Teich
    Lebte die Kröte im Weiher
    Legte sie nicht Laich, sondern Eier
    Stünde der Reiher am Teich
    Wär er nicht edel, sondern bleich
    Natürlich gilt das, was für Tiernamen gilt, auch für Dinge und für Menschen. Wenn wir ein Wort hören, machen wir uns ganz schnell eine Vorstellung davon. Jemanden, der Siegfried heißt, stellen wir uns wahrscheinlich blond vor und Mohammed dunkel. Besonders in Büchern und Filmen gibt man sich große Mühe, damit die Bösen auch wirklich böse klingen und die Guten gut. Man stelle sich nur einmal vor, Darth Vader aus » Star Wars« hieße stattdessen Lori oder Johnny. Oder Sauron aus » Der Herr der Ringe« hieße Heinz oder Benjamin. Oder Harry Potter hieße Voldemort und Voldemort hieße Lord Harry.
    Namen, so könnte man sagen, » sprechen« zu uns. Deswegen bemühen sich Eltern auch immer darum, ihren Kindern » schöne« Namen zu geben. Das klappt mal gut und mal weniger gut, denn wer weiß schon, welche Namen wir in zwanzig Jahren noch schön finden und welche nicht? Unsere vierte philosophische Einsicht lautet:
    Wie wir die Dinge nennen, beeinflusst, wie wir sie finden und welche Gefühle sie in uns auslösen. Denn aus dem Klang der Worte formen wir Bedeutungen und Sinn.
    Aber sind wir Menschen die Einzigen, die das tun? Machen Tiere das nicht auch? Auch in der Welt der Tiere gibt es Bedeutungen. Und vielleicht gibt es ja auch eine Tiersprache?
    = Wie ist es, ein Flughund zu sein?

Im Tierpark

    Wie ist es, ein Flughund zu sein?
    Das Schönste an Berlin aus Oskars Sicht ist es, dass es hier gleich zwei Zoos gibt: den Stadtzoo im Westen und einen großen Landschaftstiergarten im Osten. Der Grund für die beiden Zoos ist, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg geteilt wurde. Der Westen Berlins gehörte zur Bundesrepublik, und der Osten gehörte zur DDR . Weil der Berliner Zoo in der Bundesrepublik lag, beschloss die Regierung der DDR , einen zweiten Zoo im Ostteil der Stadt zu errichten. Und das Ergebnis war spektakulär. Der Tierpark im Osten Berlins ist der größte Stadtzoo der Welt und ohne Zweifel auch einer der schönsten. Besonders beeindruckend ist das gewaltige Alfred-Brehm-Haus für Raubtiere. Aber nicht nur Großkatzen leben hier, sondern es gibt auch eine große Tropenhalle mit bunten Vögeln und – Flughunden. Tagsüber hängen diese merkwürdigen Gesellen meistens an den Blättern der Palmen, die Füße festgekrallt und den Kopf nach unten, eingerollt in ihre Hautflügel. Doch wenn die Abenddämmerung einbricht, fliegen sie mit langsamem schwerem Flügelschlag wie kleine Draculas in der Halle umher.
Oskar, erinnerst du dich noch, wie ich dir erzählt habe, dass ich Flughunde gefangen habe?
Ja, auf den Philippinen mit der Mama.
Auf einer Forschungsstation auf der Insel Panay. Die Forscher haben ein Netz gespannt in der Abenddämmerung auf einer Waldlichtung. Und nachts haben wir die Flughunde aus dem Netz befreit. Und die Forscher haben sie dann untersucht.
Waren die lieb, die Flughunde?
Manche schon, die sahen aus wie kleine Stofftiere. Aber andere waren wirklich richtige Draculas. Besonders die kleinen
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