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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Autoren: Theodor Fontane
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schritt man
    sofort zur Ausführung.
    Bei dem großen Interesse, das der Gegenstand da-
    mals erregte, mag es gestattet sein, bei dieser Lalla-

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    Rookh-Feier rückblickend einen Augenblick zu ver-
    weilen.
    Was zunächst die Dichtung selber angeht, die bereits
    wieder vom Schauplatz abgetreten ist (jede Zeit hat
    ihre Lieblinge), so ist der Rahmen derselben der fol-
    gende:
    Abdallah, König der Kleinen Bucharei, kommt auf
    einer Pilgerreise, die er nach dem Grabe des Prophe-
    ten unternimmt, auch nach Delhi in Indien. Hier
    nimmt ihn Aurengzeb, Beherrscher von Delhi, mit
    großer Gastfreundschaft auf. Die Vermählung ihrer
    ältesten Kinder: des bucharischen Prinzen Aliris und
    der indischen Prinzessin Lalla Rookh, wird beschlos-
    sen und soll demnächst in Kaschmir, wo Prinz Aliris
    zurückgeblieben ist, vollzogen werden. Lalla Rookh
    verläßt deshalb Delhi und begibt sich mit großem
    Gefolge nach Kaschmir. Unterwegs wird sie durch die
    poetischen Erzählungen eines jungen Dichters na-
    mens Feramors unterhalten, der sich unter den Per-
    sonen befindet, die Prinz Aliris, von Kaschmir aus, zu
    ihrem Empfang ihr entgegengesandt hat. Vier Erzäh-
    lungen sind es nun, die ganz besonders die Teilnah-
    me der Prinzessin wecken: »Der verschleierte Pro-
    phet von Khorasan«, »Paradies und Peri«, die Ge-
    schichte »von den Ghebern« und »Nurmahal und
    Dschehangir«. Zuletzt fällt die Maske, und Feramors
    erweist sich als Prinz Aliris selbst.
    So der Rahmen. Es ist bekannt, daß die vier poeti-
    schen Erzählungen, die wir eben nannten, den ei-
    gentlichen Inhalt der Dichtung bilden. Es wurde nun

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    beschlossen, die Aufführung dahin zu regeln, daß das
    Erscheinen Abdallahs am Hofe Aurengzebs durch
    einen großen, aus Bucharen und Indern bestehenden
    Festzug , der Inhalt der vier Erzählungen aber durch lebende Bilder , unter Vortrag eines angepaßten musikalischen Textes, dargestellt werden solle. Und so
    geschah es.
    Unter den Klängen eines eigens für diese Feier kom-
    ponierten Marsches setzte sich der aus 168 Personen
    bestehende Festzug in Bewegung, durchschritt die
    bekannten Paradekammern des Schlosses, trat in
    den Weißen Saal ein und nahm hier vor der errichte-
    ten Bühne Platz. Nun ging der Vorhang auf, und in
    rascher Reihenfolge folgte Bild auf Bild, im ganzen
    zwölf. Der Erfolg war der glänzendsten wie bei den
    Kräften, die mitgewirkt hatten, nicht anders zu er-
    warten stand. Die Dekorationen waren das Werk
    Schinkels, die Musikstücke waren von Spontini kom-
    poniert; bei Feststellung der Kostüme waren die gro-
    ßen Werke von Forbes und Elphinstone benutzt wor-
    den. Alles, was Berlin an glänzenden Namen und
    bekannten Persönlichkeiten aufzuweisen hatte, war
    geladen. 4000 Gäste nahmen am Feste teil.2)
    Wir kehren nun zu unserem W. Hensel zurück. Ihm
    war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu stellen, und das Geschick, das er dabei an den Tag
    legte, die Virtuosität vor allem, mit der er jeden
    Hauptmoment, über die Dauer des Festes hinaus, in
    Aquarellbildern festzuhalten wußte, verschafften ihm
    so viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem
    Lalla-Rookh-Feste an, einen Wendepunkt in seinem

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    äußern Leben datieren muß. Der König, in Betäti-
    gung seines Dankes, gab ihm die Möglichkeit, eine
    mehrjährige Reise nach Italien unternehmen zu kön-
    nen; was aber mehr als alles andere bedeutsam und
    entscheidend für ihn wurde, war, daß Fanny Men-
    delssohn im Kreise der Ihrigen der Aufführung des
    Festes beigewohnt und dadurch unserem Hensel Ge-
    legenheit zu näherer Bekanntschaft mit dem Men-
    delssohnschen Hause geboten hatte. Hensel, alsbald
    eingeführt und mit dem Bruder (Felix) befreundet,
    glaubte schon im Sommer 1822 um die Hand Fan-
    ny M.s anhalten zu dürfen; die Familie jedoch, mit
    Rücksicht auf die bereits feststehende Reise Hensels
    nach Italien, hielt es für besser, beide Teile vorläufig nicht zu binden, und vertagte die Entscheidung. Die Neigung des Paares überdauerte die Trennung.
    1828 kehrte Hensel nach fünfjähriger Abwesenheit
    zurück, und das Jahr darauf vermählte er sich mit
    seiner von ihm gefeierten Fanny.
    Die nun folgenden achtzehn Jahre seiner Ehe, ein-
    schließlich der ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in
    Rom, wie es die Tage seines Glückes waren, so auch
    die seiner künstlerischen Produktion. Alles Vorherge-
    hende war Vorbereitung, alles Folgende Nachklang,
    halb virtuoses, halb geselliges Spiel. Alle seine
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