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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Autoren: Theodor Fontane
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und jenseit der Havel. Das Innenrevier »diesseit der Havel« ist alles Lehm- und Tonland und umfaßt die gesamten Territorien am Schwielow-, am Glindow- und Plessow-See; das Außenrevier oder das Revier »jenseit der Havel« ist neuentdecktes Land und dehnt sich vorzugsweise auf der Strecke zwischen Ketzin und Tremmen aus. Dies Außenland, abweichend und eigenartig, behauptet zugleich eine gewisse Selbständigkeit und zeigt eine unverkennbare Tendenz, sich loszureißen und Ketzin zu einer eigenen Hauptstadt zu machen. Vielleicht, daß es glückt. Vorläufig aber ist die Einheit noch da, und ob der Tag siegreicher Sezession näher oder ferner sein möge, noch ist Glindow 1) Metropole und herrscht über Innen- und Außenrevier.
    Die Bodenbeschaffenheit, das Auftreten des Lehms ist diesseit und jenseit der Havel grundverschieden. Im Innenrevier tritt der Lehm in Bergen auf, als Berglehm, und wenn wir uns speziell auf die wichtige Feldmark Glindow beschränken, so unterscheiden wir hier folgende Lehmberge: den cöllnischen, zwei brandenburgische (Altstadt, Neustadt), den caputhschen, den schönebeckschen, den Invalidenberg, den Schloßbauberg, zwei Kurfürstenberge (den großen und den kleinen), den plaueschen, den mösenschen, den potsdamschen. Die drei letztgenannten liegen wüst, sind tot. Die andern sind noch in Betrieb. Ihre Namen deuten auf ihre früheren Besitzer. Berlin-Cölln, Brandenburg, Potsdam, Caputh, Schönebeck hatten ihre Lehmberge, der Invalidenberg gehörte dem Invalidenhause etc. Diese Besitzverhältnisse existieren nicht mehr. Jene Ortschaften haben sich längst ihres Eigentums entäußert, das inzwischen in die Hände einiger Ziegellords übergegangen ist. Die meisten sind in Händen der Familie Fritze.
    Der Lehm in diesen Bergen ist sehr mächtig. Nach Wegräumung einer Oberschicht, »Abraum« genannt, von etwa dreißig Fuß Höhe, stößt man auf das Lehmlager, das oft eine Tiefe von achtzig bis hundert Fuß hat. Der Lehm ist schön und liefert einen guten Stein, aber doch keinen Stein ersten Ranges. Die Hauptbedeutung dieser Lager ist ihre Mächtigkeit, annähernd ihre Unerschöpflichkeit. Dabei mag als etwas Absonderliches hervorgehoben werden, daß sich in diesen Lehmlagern Bernstein findet, und zwar in erheblicher Menge. Die meisten Stücke sind haselnußgroß und somit ohne besonderen Wert, es finden sich aber auch Stücke von der Größe einer Faust, dabei sehr schön, die bis zu fünfundzwanzig Talern verkauft werden. Wer solch Stück findet, hat einen Festtag.
    Soviel über die Lehmberge des Innen reviers. Ganz anders ist das Auftreten der Lager im Außen revier jenseit der Havel. Der dort vorkommende Lehm ist sogenannter Wiesenlehm, der nur sechs Fuß unter der Rasenoberfläche liegt, aber auch selber nur in einer Schicht von sechs bis acht Fuß auftritt. Er ist wegen des geringen »Abraums«, der fortzuschaffen ist, leichter zugänglich; all diese Lager sind aber verhältnismäßig leicht erschöpft, auch ist das Material nicht voll so gut.
    Dieser Unterschied im Material – wie mir alte Ziegelbrenner versicherten – ist übrigens viel bedeutungsloser, als gewöhnlich angenommen wird. Wie bei so vielem in Kunst und Leben kommt es darauf an, was Fleiß und Geschick aus dem Rohmaterial machen. Das Beste kann unvollkommen entwickelt, das Schwächste zu einer Art Vollkommenheit gehoben werden. So auch beim Ziegelbrennen. Die berühmtesten Steine, die hierzulande gebrannt werden, sind die »roten Rathenower« und die »gelben Birkenwerderschen«. Aber was ihnen ihre Vorzüglichkeit leiht, ist nicht das Material, sondern die Sorglichkeit, die Kunst, mit der sie hergestellt werden. Jedem einzelnen Stein wird eine gewisse Liebe zugewandt. Das macht's. Der birkenwerdersche Ton beispielsweise ist unscheinbar; aber geschlemmt, gesäubert, gemahlen wird er zu einem allerdings feinen Materiale entwickelt, und die Art des Streichens und Brennens macht ihn schließlich zu etwas in seiner Art Vollendetem. Man geht dabei so weit, daß die Messer beim Formen des Steines jedesmal geölt werden, um dem Ziegel dadurch die Glätte, Ebenheit und Schärfe zu geben, die ihn auszeichnet.
    Auch in Glindow und seinen Dependenzien wird ein vorzüglicher Stein gebrannt, aber dennoch nicht ein Stein, der den Rathenowern und Birkenwerderschen gleichkäme. Die Herstellung im Dorfe Glindow selbst erfolgt durch etwa 500 Arbeiter aller Art. Wir unterscheiden dabei: fremde Ziegelstreicher, einheimische Ziegelstreicher
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