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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Autoren: Theodor Fontane
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Unterscheidung, entweder die Namen der Besitzer oder noch häufiger ihre Wappenzeichen: Kreuze, stehend und liegend, Sterne, Kreise und Sonnen, eingegraben und eingebrannt. Man kann hier von einer völligen Heraldik sprechen. Die alten »Geschlechter« aber, die diese Wappen tragen und pflegen, sind die Lendels, die Mays, die Kühls, die Schnetters und unmittelbar nach ihnen die Rietz , die Kuhlmeys, die Dehnickes. Als altwendisch gelten die Lendels und die Rietz', vielleicht auch die Kuhlmeys.
    Ist nun aber das Landen der leeren Tienen, wie wir es eben geschildert haben, eine heitere und malerische Szene, so kann diese doch nicht bestehen neben dem konkurrierenden Schauspiel des Einladens , des An-Bord-Schaffens, das schon beginnt, bevor das Ausladen zur Hälfte beendet ist.
    Etwa von fünfeinhalb Uhr ab, und nun rapide wachsend bis zum Moment der Abfahrt, kommen die Obstwagen der Werderaner heran, kleine, grüngestrichene Fuhrwerke, mit Tienen hoch bepackt und mit zwei Zughunden am Deichsel, während die Besitzer, durch Stoß von hinten, die Lokomotion unterstützen. Ein Wettfahren beginnt, alle Kräfte konzentrieren sich, von links her rollt es und donnert es über die Brückenbohlen, von rechts her, auf der chaussierten Vorstadtstraße, wirbelt der Staub, und im Näherkommen an das ersehnte Ziel heulen die Hunde immer toller in die Luft hinein, wie verstimmte Posthörner beim Einfahren in die Stadt. Immer mächtiger wird die Wagenburg, immer lauter das Gebläff, immer quicker der Laufschritt derer, die die Tienen über das Brett hin in den am Landungsdamm liegenden Kahn hineintragen. Jetzt setzt der Zeiger ein, von der werderschen Kirche herüber tönen langsam die sechs Schläge, deren letzter in einem Signalschuß verklingt. Weithin an den hohen Ufern des Schwielow weckt er das Echo. Im selben Augenblick folgt Stille der allgemeinen Bewegung, und nur noch das Schaufeln des Raddampfers wird vernommen, der, eine Kurve beschreibend, das lange Schlepptau dem Havelkahne zuwirft und, rasch flußaufwärts seinen Cours nehmend, das eigentliche Frachtboot vom Ufer löst, um es geräuschlos in das eigene Fahrwasser hineinzuzwingen.
    Von der Brücke aus gibt dies ein reizendes Bild. Auf dem großen Havelkahn, wie die wilden Männer im Wappen, stehen zwei Bootsleute mit ihren mächtigen Rudern im Arm, während auf dem Dampfer in langer Reihe die »Werderschen« sitzen, ein Nähzeug oder Strickzeug in den Händen und nichts vor sich als den Schornstein und seinen Eisenkasten, auf dessen heißer Platte einige dreißig Bunzlauer Kaffeekannen stehen. Denn die Nächte sind kühl, und der Weg ist weit.
    Eine Viertelstunde noch, und Dampfer und Havelkahn verschwinden in dem Défilé bei Baumgartenbrück; der Schwielow nimmt sie auf, und durch das »Gemünde« hin, an dem schönen und langgestreckten Caputh vorbei, geht die Fahrt auf Potsdam zu, an den Schwänen vorüber, die schon die Köpfe eingezogen hatten und nun unmutig hinblicken auf den Schnaufer, der ihren Wasserschlaf gestört.
    Bei Dunkelwerden Potsdam, um Mitternacht Spandau, bei Dämmerung Berlin.
    Und eh der erste Sonnenschein um den Marienkirchturm blitzt, lachen in langer Reihe, zwischen den Brücken hin, die roten Knupper der Werderschen.
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Glindow
    Hier nährten früh und spat den Brand
Die Knechte mit geschäft'ger Hand;
Der Funke sprüht, die Bälge blasen,
Als gält es, Felsen zu verglasen.
    Schiller

     
    Was Werder für den Obst konsum der Hauptstadt ist, das ist Glindow für den Ziegel konsum. In Werder wird gegraben, gepflanzt, gepflückt – in Glindow wird gegraben, geformt gebrannt; an dem einen Ort eine wachsende Kultur, am andern eine wachsende Industrie, an beiden (in Glindow freilich auch mit dem Revers der Medaille) ein wachsender Wohlstand. Dazu steht das eine wie das andere nicht bloß für sich selber da, sondern ist seinerseits wiederum eine »Metropole«, ein Mittelpunkt gleichgearteter und zugleich widerstrebender Distrikte , die es fast geboten erscheinen lassen, nach Analogie einiger Schweizer Kantone, von Werder-Stadt und Werder-Land oder von Glindow-Dorf und Glindow-Bezirk zu sprechen.
    Bei Werder haben wir diesen Unterschied übergangen; bei Glindow wird es dann und wann unvermeidlich sein, auf ihn Bezug zu nehmen. Deshalb an dieser Stelle schon folgendes: Distrikt Glindow ist etwa zwei Quadratmeilen groß (vier Meilen lang und eine halbe Meile breit) und zerfällt in ein Innen- und Außenrevier, in einen Bezirk diesseit
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