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Wandel

Wandel

Titel: Wandel
Autoren: Jim Butcher
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müssen, wie sie daraufhin wild aus dem Ruder gelaufen war. Wenn normale Leute die Kontrolle über ihre Wut verloren, kam jemand zu Schaden, vielleicht starb sogar jemand. Wenn dasselbe einem Magier passierte, gingen Versicherungskonzerne pleite, und dann wurde fleißig wieder aufgebaut.
    Was sich da gerade in mir rührte, war der reinste Hurrikan. Dagegen glichen meine früheren Anfälle von Kampfrausch schwindsüchtigen kleinen Kätzchen.
    „Ich muss mit jemandem reden“, hörte ich mich leise sagen. „Ich brauche jemanden, der objektiv ist, jemanden mit Durchblick. Ich muss meinen Kopf klar kriegen, ehe alles den Bach runtergeht.“
    Mac stützte sich auf den Tresen und sah mich fragend an.
    Ich legte schützend beide Hände um das kleine Schnapsglas. „Erinnerst du dich an Susan Rodriguez?“, fragte ich leise.
    Er nickte.
    „Sie sagt, jemand hätte unsere Tochter entführt. Sie sagt, sie kommt später her.“
    Mac atmete langsam durch. Er nahm die Flasche mit der hellen, goldenen Flüssigkeit, schenkte sich selbst ein Glas ein, nippte daran.
    „Ich habe sie geliebt“, sagte ich. „Liebe sie vielleicht immer noch, und sie hat es mir nie gesagt.“
    Er nickte.
    „Könnte ja auch sein, dass sie lügt.“
    Mac brummte etwas Unverständliches.
    „Wäre schließlich nicht das erste Mal, dass ich vorgeführt werde. Ich habe nun mal eine Schwäche für Mädchen.“
    „Stimmt“, sagte er.
    Ich warf ihm einen strengen Blick zu, woraufhin er schwach grinste.
    „Sie wäre jetzt … sechs? Sieben?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann ja noch nicht mal das richtig ausrechnen.“
    Mac schürzte die Lippen. „Harte Nummer, das.“
    Ich trank mein zweites Glas aus. Alles wirkte inzwischen ein bisschen weicher, der Alkohol hatte die härtesten Ecken und Kanten abgeschliffen. Mac berührte die Flasche und sah mich an, aber ich schüttelte den Kopf.
    „Klar, sie könnte lügen“, fuhr ich leise fort. „Aber wenn nicht … dann …“
    Mac schloss kurz die Augen und nickte.
    „Dann gibt es irgendwo ein kleines Mädchen, das in Gefahr ist“, sagte ich. Ich spürte, wie ich die Zähne zusammenbiss und der Sturm in mir heftiger brodelte, an die Oberfläche zu dringen drohte. Ich schob ihn wieder zurück. „Mein kleines Mädchen.“
    Wieder nickte Mac nur.
    „Ich weiß nicht, ob ich dir das je erzählt habe. Ich bin als Waisenkind aufgewachsen.“
    Mein Gegenüber beobachtete mich schweigend.
    „Es gab Zeiten, da … da war es schlimm. Jemand hätte kommen und mich retten müssen. Das habe ich mir so sehr gewünscht. Ich habe davon geträumt, nicht … nicht allein zu sein, und als dann endlich, endlich wirklich jemand kam, war es das größte Monster von allen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Das wird meinem Kind nicht widerfahren, das erlaube ich nicht.“
    Mac verschränkte die Arme auf dem Tresen und musterte mich eine ganze Weile lang prüfend. Als er den Mund aufmachte, ertönte ein tiefer, klangvoller Bariton: „Du musst vorsichtig sein, Harry.“
    Zutiefst schockiert starrte ich ihn an. Mac hatte einen ganzen Satz gebildet, einen grammatikalisch vollständigen, korrekten Satz.
    „So eine Sache stellt einen auf die Probe wie nichts anderes im Leben“, fuhr Mac fort. „Du wirst herausfinden, wer du wirklich bist. Welchen Grundsätzen du bis in den Tod hinein treu bleibst und welche Grenzen du dann doch überschreitest, wenn es hart auf hart kommt.“ Er nahm mir das Glas weg und sagte: „Du bist auf dem Weg ins Ödland. Da verirrt man sich leicht.“
    Wortlos sah ich total verblüfft zu, wie Mac sein Schnapsglas leerte. Dabei verzog er das Gesicht, als brenne auch ihm das Getränk in der Kehle, den ganzen Weg den Hals hinunter. Vielleicht hatte das viele Sprechen einfach nur seine Stimmbänder überstrapaziert.
    Ich betrachtete einen Augenblick lang stumm meine Hände. „Steaksandwich und irgendwas für das Hundchen.“
    Mac brummte zustimmend und machte sich umgehend an die Arbeit, ohne sich jedoch zu beeilen. Seine Barkeeper-Instinkte hatten ihm verraten, worum es mir ging: Nach Essen war mir eigentlich nicht zumute, ich wollte nur ein bisschen Zeit totschlagen und die Wirkung des Alkohols abklingen lassen.
    Als das Sandwich vor mir auf dem Tresen stand, füllte Mac eine Schüssel mit Knochen und Fleisch und trug sie zusammen mit einem Wassernapf hinüber zu Mouse. Ich biss in mein Sandwich und dachte beiläufig, dass Mac nie jemandem das Essen an den Tisch brachte. Er war also auch ein
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