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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
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flüsterte: »Wir sind auf der Flucht, Ihr Herren.«
    Jonas näselte: »Auf der Flucht, Ihr Herren.«
    Mansfeld setzte sich neben die andern, weiter flüsternd: »Vielleicht geht’s nur nach Wolkersdorf. Vielleicht auch nach Steiermark.«
    »Oder geradewegs zum Bassa von Ofen, oder zum Großherrn in der Türkei«, grinste Jonas.
    Mansfeld langte herüber, packte ihn, ohne das Gesicht zu verziehen, am Hals, kippte ihn in der Luft um, preßte ihn auf den Bauch, zischelnd: »Nicht quaken, Frosch. Nicht quaken, Frosch.«
    Der plärrte, kroch losgelassen aus der Runde. Graf Paar zog die Beine an, umschlang die Knie: »Der Herr Oberststallmeister beliebten etwas zu meinen.«
    Seufzte Mansfeld, dessen Augen unruhig gingen: »Es wird etwas geschehen müssen.«
    Kalt Paar: »Vermeine, wir sind keine Hunde, die die Sau zu verbellen haben.«
    Der Kinnbärtige streichelte seine rosa Hutfeder sehr langsam. Da lag lang auf dem Rücken ein junger Baron, warf sich nicht einmal herum in seinem kostbaren Scharlachkleid; mit seinen schrägstehenden Augen, die aus einem bronzefarbenen glatten Gesicht blickten, verfolgte er weiße schwimmende Wolkenberge: man möge tun, wie man denke; jedoch denke er nicht wie der Graf Paar.
    »Also wir verbellen das Wild?«
    Der Baron ruckte kleiderscharrend hoch, saß dicht neben Paar, fixierte ihn, zog die Beine in den Scharlachhosen ein, umschlang die Knie: der Herr sei Liebling des Kaisers und liebe den Kaiser, möchte keiner ihm verwehren, nach Belieben zu tun.
    Leise erklärte der Oberststallmeister, er müsse des Erzherzogs Leopold Hoheit benachrichtigen, wenn sie etwas Sonderliches befürchten würden; er könne sich dem nicht entziehen, auch die Exzellenz Eggenberg, den Abt Anton und den Beichtvater müsse er rechtzeitig aufklären; es müsse um des Heilands willen etwas geschehen.
    Eine Herde weißer Gänse schnarrte und schrie getrieben an ihnen vorbei. Paar stand nach einer Pause auf; meinte finster, es brenne nicht, die Herren seien ängstlich. Im übrigen seien in jedem Dorf Pferde da, um Nachrichten zu überbringen, auch Burschen, die reiten könnten. Er sei kein Herr vom Rat, sei nur der Person der Kaiserlichen Majestät Dienst schuldig. Als sich der bronzene Kopf des prächtigen Barons, des Peter Molart, gegen ihn hob, lachte Paar heftig, überfuhr dann plötzlich maßlos den Staunenden; der Kaiser brauche Hilfe, das sähe man. Ob man sich als Schmarotzer am Kaiser bewähren wollte, was diese Reden von Benachrichtigungen des Hofes besagen sollten, er werde den Kaiser wecken, ihn aufklären, ihn ihnen entreißen. Der Baron wich mit seinen glitzernden Augen dem Grafen aus, bat, mit Mansfeld Blicke tauschend, sich nicht stören zu lassen, jedoch auch nicht den Schlaf des Herrn durch überlautes Schelten zu stören. Er sog an einem Halm. Mansfeld pfiff durch die Zähne.
    »Was bin ich mehr als ein Hundsfott«, grollte Paar, »wenn ich nicht zum Bassa von Ofen mit ihm rennen wollte, wofern es ihm in den Sinn kommt. Wäre sonst nichts als ein Fleck Speichel an seinem Rock.«
    Molart streckte sich golden und scharlachrot im Grün aus. Klar und kalt beobachtete der rüstige Mansfeld den Kaiser, scharf verfolgt von dem glühenden Grafen, der sich seitlich von ihm die zornzitternde Unterlippe biß.
    Freundlich lächelte am Galgen lehnend der Herr mit dem gelben kindlichen Gesicht im Schlaf; die Peitsche war ihm aus der Hand gesunken. Mit leichtem Satz sprang der Hund über seinen Körper auf die andere Seite.

    IM SCHWARZEN Jesuiterkleid, den viereckigen Flachhut in der Linken, führte der Pater den zögernden Fürsten in die Kirche. Die Tür fiel hinter ihnen zu. Auf dem kleinen Altar vorn brannten zwei hohe weiße Kerzen, unsicher leuchtend, ein Kruzifix aus Metall zwischen ihnen. Durch den finstern Gang wurde der Fürst geführt. Seinen kleinen grünen Hut legte er vor sich auf den Teppich der Stufe, der Pater kniete neben ihm. Ohne den Kopf zu beugen, kniete der grauhaarige Fürst. Als wenn er aus der Wand etwas auf sich zukommen sähe, hielt er den Hals steif. Er wartete wie auf einen feindlichen Angriff, vor einer fürchterlichen unsichtbaren Front. Sein Mund war gepreßt, in seinen geballten Händen sammelte sich der Schweiß. Er kniete, aber er saß auf einem gepanzerten Roß im Harnisch, eine schwere Lanze unter dem Arm, rührte sich nicht.
    Als der Pater das Zeichen zum Aufbruch gab, konnte sich der erstarrte Mann nicht erheben; er fiel auf die Hände, vergaß dann seinen Hut auf der
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